Am Arbeitsplatz in Stuttgart konzipiert Robert Steiner vor allem Schul- und Sportstätten.
Von Steffen Grün
In Diensten von Sport Concept in Stuttgart die Sanierung oder den Neubau von Sportstätten zu konzipieren, „passt perfekt. Es ist die Verbindung meiner beiden größten Leidenschaften: Sport und Architektur.“ Wer Robert Steiner eine Weile zuhört, muss sich um seine Jobzufriedenheit keine Sorgen machen. Der 28-Jährige ist rundum glücklich damit, wie der Einstieg ins Berufsleben verlaufen ist. Zu behaupten, dieser Weg wäre seit seiner Kindheit vorgezeichnet gewesen, wäre zwar etwas übertrieben, komplett falsch wäre es aber nicht. Das Turnen besaß für ihn immer einen hohen Stellenwert, „aber ich hatte auch noch andere Hobbys – zum Beispiel malen und zeichnen“. Nicht die schlechteste Basis für das, was er heute tut.
Für die üblichen Verhältnisse in seinem Sport gehörte Robert Steiner eher zu den Spätzündern. Der in Waiblingen geborene und in Weinstadt aufgewachsene Bub begann zwar bereits früh beim VfL Endersbach, doch selbst das nur einmalige Training pro Woche absolvierte er unregelmäßig. Aktiver war er im heimischen Garten, in dem im Sommer eine Turnmatte ausgelegt wurde, die der Verein ausrangiert hatte. Das Üben mit dem Papa und dem älteren seiner beiden Brüder mündete vor allem in einem tollen Flickflack, sonst sei es mit den Turnkünsten noch nicht weit her gewesen. Die „Inselbegabung“, wie Steiner das früh perfektionierte Element lachend nennt, reichte allerdings, um Klaus Nigel auf sich aufmerksam zu machen. Der Vater einer Schulfreundin war Trainer am Kunstturnforum und nahm den Neunjährigen mal mit, „weil er wohl dachte, ich könnte alles so gut wie Flickflacks“. Tatsächlich war das Bodenturnen seine Stärke, in den anderen Disziplinen herrschte Nachholbedarf gegenüber anderen Kindern, die oft schon mit fünf Jahren an den Stützpunkt nach Stuttgart wechseln. Etwas zu viel, wie sich nach eineinhalb Jahren zeigte: „Ich habe viel gelernt, aber der Rest war einfach ein paar Schritte weiter.“
Guter Kompromiss zwischen Leistungssport und Spaßfaktor.
Trainer Robert Mai drückte ihm eine Liste mit fünf, sechs Vereinen in die Hand, die für ihn geeignet seien. „In Backnang hat es mir und meinen Eltern auf Anhieb am besten gefallen.“ Im Frühling 2004 war das und die lange Treue zum Verein zeigt schon, dass sich der erste Eindruck bestätigt hat. Für Robert Steiner war und ist die TSG „ein guter Kompromiss zwischen Leistungssport und Spaß an der Sache“. Das passt zu einem wie ihm, der sich stets weiterentwickelte, irgendwann sogar Vereinsmeister wurde und mit Backnang im Jahre 2016 den Aufstieg in die Dritte Bundesliga schaffte – für den das Turnen aber auch immer ein Hobby blieb, wenn auch ein ziemlich zeitaufwendiges. Er verzichtete darauf, ein Sportgymnasium zu besuchen, baute sein Abi 2012 in der Heimatstadt und bog nach einer Auszeit, in der er sich als Postbote eine sechswöchige USA- Reise finanzierte, auf den jetzigen Berufsweg ab. „Architekt zu werden, hatte ich immer Hinterkopf“, erzählt Robert Steiner, zum Wintersemester 2013 begann er an der Universität in Stuttgart mit einem Architektur- und Stadtplanungsstudium, schloss es mit der Bachelorarbeit ab und ist nun seit gut zwei Jahren als Architekt im Praktikum tätig. In Kürze darf er sich wohl auch offiziell Architekt nennen, weil die Voraussetzungen für den Antrag bei der Kammer mittlerweile erfüllt sind.
Dass Robert Steiner bei Sport Concept landete, hatte indirekt auch mit seinem Sport zu tun. Ein Turnerfreund aus dem Hohenlohischen, der bei der Mutterfirma Kubus 360 ein Praktikum machte, „sagte mir, dass Mitarbeiter gesucht werden. Ich habe mich beworben, wurde noch am selben Tag zurückgerufen und zum Vorstellungsgespräch eingeladen.“ Seit der Einstellung kam nie Langeweile auf, weil die Kommunen die Fördertöpfe von Bund und Land anzapfen und deshalb derzeit in Baden-Württemberg viele Schul- und Sportstätten saniert, erweitert oder neu gebaut werden. Es sind die beiden Schwerpunkte von Steiners Arbeitgeber, der Beratung, Planung und Baubegleitung anbietet.
Positives Beispiel in Vorarlberg, das Gegenteil in Wangen im Allgäu.
Ihm selbst kommt dabei auch durch die praktische Erfahrung eine wichtige Rolle zu. Zu wissen, was sich die Sportler wünschen, „ergänzt sich auch gut mit Kollegen, die aus anderen Bereichen kommen“. Er habe sehr viele Hallen kennengelernt – es gebe sehr viele gute, aber auch schlechte. Ein leuchtendes Positivbeispiel gebe es in Vorarlberg, das österreichische Bundesland sei ohnehin bekannt für seine qualitativ hochwertige Architektur, vor allem im Holzbau. „Eine Mutter hat dort gesagt, die Halle sei wirklich schön“, erinnert sich Robert Steiner. „Ich dachte, das stimmt.“ Zu den Hallen, „über die wir geflucht haben“, gehört die in Wangen im Allgäu. „Es war saukalt, weil die Heizung kaputt war. Sie war einfach in die Jahre gekommen, der Zeitpunkt für eine Sanierung wurde verpasst.“ Der Zerfall der Karl-Euerle-Halle in Backnang, in der Steiner mit den Teamkollegen die Heimwettkämpfe austrägt, zeige sich in etlichen Aspekten wie dem schlechten Licht, den maroden sanitären Anlagen oder Mängeln bei Fluchtwegen und Brandschutz. „Ich hoffe, dass es bald losgeht“, sagt der TSG-Turner zum geplanten Abriss und Neubau des Sporttempels auf der Maubacher Höhe.
Noch nicht ganz so weit gediehen sind die Pläne fürs TSG-Vereinssportzentrum auf dem Hagenbach, die Coronakrise hat den Zeitplan durcheinandergewirbelt. Bei diesem Projekt ist Steiner mit seinem Büro an Bord. „Das ist Fluch und Segen zugleich. Es hilft mir, weil ich die handelnden Personen kenne, aber ich darf nicht nur als Turner denken, sondern muss alle Abteilungen im Blick haben.“ Kein Problem für ihn, der auf eine spezielle Konstellation noch warten muss: darauf, in einer Halle zu turnen, die er mit konzipiert hat. „Das gab’s leider noch nicht, dafür bin ich zu kurz im Beruf.“ Irgendwann dürfte es so weit sein, denn solange sein Körper mitmacht, turnt er weiter. Ziel ist, sich mit dem Team in der Dritten Liga zu etablieren, als Trainer der demnächst Elfjährigen will er zudem die Talente entwickeln. Robert Steiner wird auch weiterhin viele Hallen kennenlernen und die Erfahrungen in den Beruf einfließen lassen.
In dieser Serie stellen wir Athleten in ihrem Berufsalltag vor. Es geht um bekannte Sportler in ihrem Beruf und um solche, die einer ungewöhnlichen Arbeit nachgehen oder die in ihrem Job sehr erfolgreich sind. Weitere Sportler, auf die das zutrifft, können sich unter sportredaktion@bkz.de melden.
Wenn es um Hallenbau geht, hilft es Robert Steiner, als Turner der TSG Backnang viele davon zu kennen.Fotos: A. Becher