iPhone-Tagebuch

Abenteuerliche Pläne zur Rückholung der Block-Kinder

Christina Block soll die Entführung ihrer Kinder veranlasst haben. Tatsächlich gab es Ideen, bei denen ein Boot, ein Hubschrauber und eine Maskenbildnerin eine Rolle spielten.

Abenteuerliche Pläne zur Rückholung der Block-Kinder

Christina Block (52) mit ihrem Verteidiger Dr. Ingo Bott (42).

Von Michael Maier/dpa

Reiten sich Millionenerbin Christina Block und ihr Verteidiger Dr. Ingo Bott vor dem Hamburger Landgericht in Teufels Küche? Vor der Entführung der Kinder von Christina Block (52) aus der Obhut ihres Ex-Manns in Dänemark hat die Unternehmerin mit Beratern und Sicherheitsfirmen offenbar verschiedene Möglichkeiten einer Rückholung erwogen. Das geht aus der aktuellen Verhandlung hervor. Die Freude an einer von Block und Delling offenbar erworbenen Mallorca-Immobilie dürfte vor diesem Hintergrund etwas getrübt sein.

Bei den Erwägungen vor der später tatsächlich passierten Entführung sei auch besprochen worden, ihren Sohn und ihre Tochter mit einem Boot über die Flensburger Förde nach Deutschland zu holen, sagte die Hamburger Unternehmerin im Prozess um die gewaltsame Verschleppung in der Silvesternacht 2023/24, die dann aus dem Norden zu einem Bauernhof nach Mühlacker (Enzkreis) führte.

Christina Block belastet indirekt Gerhard Delling

„Wahrscheinlich hätte Gerhard da auf uns gewartet und uns nach Hause gefahren - aber noch mal, das waren hypothetische Überlegungen und noch kein Plan“, brachte Block ohne Not ihren Lebensgefährten in Bezug auf die angedachte Fahrt über die Flensburger Förde ins Spiel. Ihr Partner, der bekannte Sportmoderator Gerhard Delling (66), ist wegen Beihilfe angeklagt. Wie Block und die fünf weiteren Angeklagten weist er alle Schuld von sich.

Bei den Überlegungen mit Sicherheitsexperten und Juristen sei sie immer davon ausgegangen, dass eine Rückholung auf legalem und gewaltfreien Weg erfolgen müsse, sagte Block. Zudem habe sie damals neben dem Sorge- auch das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder gehabt. Mit angeklagt ist nun auch der Rechtsanwalt Dr. C., der Block gesagt haben soll, dass eine Rückholung womöglich rechtmäßig wäre.

Hubschrauber, Doppelgängerin und falsche Lehrerin

Sie habe auch Gedanken durchgespielt, ihre Tochter und ihren Sohn mit Hilfe eines Hubschraubers aus dem Haus ihres Ex-Manns zu befreien. Eine weitere Idee eines beauftragten Sicherheitsunternehmens sei gewesen, einer Mitarbeiterin mit Hilfe einer Maskenbildnerin das Aussehen der neuen Ehefrau des Ex-Manns zu geben. So verändert sollte die Sicherheitsmitarbeiterin die Kinder aus der Schule in Dänemark abholen. 

„Es ist im Nachhinein so verrückt, ich mag es kaum sagen“, führte Block fast entschuldigend aus. Außerdem sei vorgeschlagen worden, eine Lehrerin in die Schule der Kinder einzuschleusen, um so während eines Schulausflugs an sie heranzukommen.

Christina Block vor Gericht in Tränen

Die Tochter des Gründers der Steakhaus-Kette „Block House“, Eugen Block, betonte dabei immer wieder, dass jede Aktion legal und gewaltfrei sein sollte. „Es war immer klar, dass Gewalt niemals im Raum steht.“ Irgendwann habe sie überlegt, ob sie sich mit der Situation abfinden müsse. „Irgendwann bist du als Mutter zermürbt“, sagte Block mit tränenerstickter Stimme.

Ein halbes Jahr vor der Entführung habe sie sich erstmals mit der Frage beschäftigt, ob die Kinder noch freiwillig zu ihr zurückkehren würden. „Weil der Zeitraum so lang war, weil ich gelernt habe, was Entfremdung mit Kindern machen kann“, sagte Block unter Tränen. „Irgendwann habe ich gedacht, ich muss mich jetzt damit abfinden, dass meine Kinder dieses Bild von mir haben.“

Block-Tagebuch als Beweismittel?

Der Beginn des vierten Verhandlungstages wurde von einem Streit zwischen der Verteidigung und der Vorsitzenden Richterin überschattet. Anlass war eine Frage der Richterin zu einem Eintrag in ein elektronisch geführtes iPhone-Tagebuch der Hamburger Unternehmerin. Blocks Verteidiger Ingo Bott monierte, dass das Tagebuch noch nicht ordnungsgemäß, sondern nur vorläufig beschlagnahmt worden sei. Deshalb dürfe es noch nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden.

Geheimer Detektiv-Einsatz gegen Stephan Hensel

Auch die Verteidiger der übrigen sechs Angeklagten schlossen sich dem Widerspruch von Bott an. Es kam zu einem scharfen Wortgefecht. Der Vertreter des Nebenklägers, also von Blocks Ex-Mann Stephan Hensel, äußerte ebenfalls rechtliche Bedenken. Die Kammer unterbrach die Sitzung für eine Beratung - und verzichtete danach auf die Frage zum Tagebuch. Zuvor hatte es auf Block-Seite Informationen zu mutmaßlichen illegalen Aktivitäten von Stephan Hensel gegeben, die mutmaßlich von teuer bezahlten Detektiven erhoben wurden.

Block ist angeklagt, die Entführung ihrer beiden jüngsten Kinder aus Dänemark in Auftrag gegeben zu haben. Die 52-Jährige hatte am 25. Juli, dem dritten Verhandlungstag, die Vorwürfe der Anklage in einer mehrstündigen Erklärung zurückgewiesen.

Block-Mutter oder „Geheimdienst-Komplott“?

Der Hamburger Block-Verteidiger Otmar Kury (69) war kürzlich zu Gunsten von Dr. Ingo Bott (42) aus Düsseldorf von seinem Mandat entbunden worden. Während Kury wohl in subtiler Art auf eine mutmaßliche Täterschaft der verstorbenen Block-Mutter abheben wollte, nimmt Bott laut Beobachtern nun ein hypothetisches „Geheimdienst-Komplott“ ins Visier.

Die Entführung der Kinder aus Dänemark soll demzufolge ohne Wissen von Block und Delling durch eine Gruppe von ehemaligen Mossad-Agenten erfolgt sein, so die etwas abenteuerliche Darstellung. Der Prozessverlauf scheint dies nun eher in Frage zu stellen als zu stützen. Auch macht die vorsitzende Richterin laut Gerichtsreportern den Eindruck, die Akten im Detail besser zu kennen als Bott. Trotzdem gilt für die Angeklagten weiterhin die Unschuldsvermutung.