Trumps Gaza-Plan

Alle warten auf die Hamas

International erfährt Trumps Gaza-Plan breite Unterstützung. Doch dessen Umsetzung könnte schwierig werden.

Alle warten auf die Hamas

Israels Premier Benjamin Netanjahu (vorn) am Montag beim Besuch im Weißen Haus bei Präsident Donald Trump

Von Thomas seibert

Von Benjamin Netanjahu bis zu Mahmud Abbas, von Friedrich Merz bis zu Recep Tayyip Erdogan: Noch nie gab es so viel internationale Unterstützung für einen Plan zur Beendigung des Gazakriegs. Nach der Präsentation des 20-Punkte-Plans von US-Präsident Donald Trump fehlte am Dienstag nur noch die Zustimmung der Hamas. Die Terrorgruppe prüft den Vorschlag und könnte Nachforderungen stellen.

Allerdings ist die Hamas isoliert. Der Plan sei ein „Ultimatum“ an die Terrorgruppe, sagt ein Experte. Selbst mit einer Zustimmung der Terrorgruppe könnte die Umsetzung des Plans schwierig werden. Trump hatte seinen Plan vorige Woche mit arabischen Staaten und der Türkei und am Montag auch mit Israels Premier Netanjahu beraten. Danach soll in Gaza eine Waffenruhe in Kraft treten, unter deren Schutz innerhalb von drei Tagen alle 20 lebenden Geiseln und die Leichen von rund 30 toten Hamas-Geiseln an Israel zurückgegeben werden. Israel lässt im Gegenzug rund 2000 palästinensische Häftlinge frei.

Netanjahu entschuldigt sich für Angriff in Doha

Der Vorschlag verlangt Israel einige Zugeständnisse ab. Netanjahus Truppen sollen mit der Feuerpause einen Rückzug einleiten. Das Küstengebiet soll einer palästinensischen Technokraten-Regierung unter internationaler Aufsicht unterstellt werden. Der frühere britische Premierminister Tony Blair soll im „Friedensrat“ für Gaza eine führende Funktion erhalten. Die von Trump und Netanjahu ursprünglich geforderte Zwangsumsiedlung von zwei Millionen Menschen aus Gaza wird es demnach nicht geben. Der Plan hält das Tor für die Schaffung eines Palästinenser-Staates offen – Israel lehnt dies ab.

Auf Druck von Trump entschuldigte sich Netanjahu beim Gaza-Vermittler Katar für Israels Luftangriff auf Hamas-Funktionäre in Doha am 9. September und versprach, so etwas werde nicht noch einmal passieren. Die Entschuldigung war für Trump wichtig, weil sie dazu beitrug, die in letzter Zeit zerrüttete Glaubwürdigkeit der USA im Nahen Osten wieder herzustellen.

Die Hamas, die den Krieg am 7. Oktober 2023 mit ihrem Überfall auf Israel begann, entgeht der vollständigen Zerschlagung, die Netanjahu bisher als Kriegsziel anstrebte, soll aber ihre Waffen und ihre politische Macht über Gaza abgeben. Trump und Netanjahu betonten bei der Präsentation des Plans, Israel dürfe den Kampf zur endgültigen Vernichtung der Hamas wieder aufnehmen, falls sich die Hamas dem Plan widersetzen oder die Umsetzung sabotieren sollte.

Teufel im Detail

Trumps Nahost-Berater Steve Witkoff sagte dem Sender Fox News, anders als bei vorherigen Versuchen, gebe es „breite Unterstützung“ im Nahen Osten und in Europa für den Plan. „Gibt es noch Details, die geklärt werden müssen? Ja.“ Trump werde alle Beteiligten unter Druck setzen, „damit wir über die Ziellinie kommen“.

Arabische Staaten, die Türkei und wichtige islamische Länder wie Indonesien und Pakistan stellten sich hinter Trumps Plan. Sie sind mögliche Truppensteller für eine „Internationale Stabilisierungstruppe“ für Gaza, die laut Trump für die Sicherheit in dem Gebiet zuständig sein soll. Der Wiederaufbau des verwüsteten Küstengebietes soll durch die Schaffung einer Sonderwirtschaftszone unterstützt werden.

Die Gaza-Vermittler Katar und Ägypten leiteten Trumps Plan an die Hamas weiter. Die Terrorgruppe hatte zuvor erklärt, sie sei zur Zustimmung bereit, wenn der Krieg endgültig beendet und ein israelischer Truppenabzug garantiert werde. Ob Trumps Vorschläge für die Hamas ausreichen, ist offen.

Selbstdemontage der Hamas

„Das ist eher ein Ultimatum an die Hamas“, meint Gerhard Mangott, Experte für Internationale Beziehungen an der Universität Innsbruck. „Der Plan ist nicht das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas, sondern ein Diktat“.

Trumps Vorschlag bleibt in vielen Bereichen vage. Fristen für den israelischen Truppenrückzug fehlen ebenso wie Kriterien für die Besetzung der palästinensischen Technokraten-Regierung. Das könnte selbst bei Zustimmung der Hamas zu neuen Problemen führen. Zudem liefen die Forderungen an die Hamas auf eine Selbstdemontage der Terrorgruppe hinaus, sagte Mangott. „Warum sollte die Hamas ihre Selbstentmachtung akzeptieren, wenn Israel selbst dazu militärisch nicht in der Lage ist?“

Die politische Führung der Hamas im Exil in Katar und die militärische Leitung der Terrorgruppe in Gaza haben jedoch kaum Möglichkeiten, dem Plan etwas entgegenzusetzen. Die Hamas wird von vielen Palästinensern für die Katastrophe in Gaza mit mehr als 60 000 Todesopfern, einer Hungersnot und Verwüstungen verantwortlich gemacht und würde es schwer haben, eine Fortsetzung des Krieges zu rechtfertigen.

Auch außenpolitisch würde die Hamas mit einem Nein zum Trump-Plan viele Sympathien in der Region verspielen. Katar und die Türkei, wichtige politische Unterstützer der Gruppe, hatten laut Medienberichten in den vergangenen Wochen ihren Druck auf die Hamas-Funktionäre verstärkt, einer Entwaffnung zuzustimmen.

Der Iran, der die Hamas mit Geld und Waffen versorgt, äußerte sich am Dienstag nicht. Möglicherweise will Teheran die Entscheidung der Hamas abwarten.