Sie sind wesentlich größer als die hier bekannten Zecken, sie können Menschen wittern und Dutzende Meter weit verfolgen: Hyalomma-Zecken aus Afrika und Südeuropa. Neben den uns hier bekannten ungeliebten Tierchen ist nunauch diese Art gefürchtet.
Kein Kuscheltier: Eine Zecke in Lauerstellung. Foto: Archiv/zecken.de
Von Yvonne Weirauch
MURRHARDT/SCHWÄBISCH HALL. Wer im Grünen spazieren geht oder als Jogger durch den Wald läuft, kann oft unbemerkt kleine Blutsauger mit nach Hause bringen. Die Gefahr, durch einen Zeckenbiss an Borreliose zu erkranken, ist zwischen Rems und Murr wie in ganz Baden-Württemberg besonders hoch. Jüngst berichteten die Medien über die tropische Hyalomma-Zecke, die laut der Universität Hohenheim und dem Münchner Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr erstmals in Deutschland überwintert hat. Die spinnenartige Riesenzecke ist eigentlich in Asien, Afrika und Südeuropa heimisch.
Fast jeder zweite Deutsche (43 Prozent) fürchtet sich vor der Übertragung gefährlicher Krankheiten durch solche exotischen Arten, wie eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) ergeben hat. „Der Parasit, der dreimal so groß ist wie hiesige Zecken, wurde in Deutschland aber bislang nur vereinzelt nachgewiesen“, sagt Sven Seißelberg, Apotheker bei der KKH. Jeder dritte Umfrageteilnehmer, der in den vergangenen zwei Jahren von einer Zecke gebissen wurde, hat das Gefühl, häufiger unter den Plagegeistern zu leiden. Hierzulande sind vor allem Borreliose- und FSME-Infektionen durch die heimische Zecke, der gemeine Holzbock, verbreitet.
Ixodes ricinus – wie sich das Spinnentier in der Fachsprache nennt – lauert draußen im Grünen. Das heißt, normalerweise hockt die Zecke faul auf Halmen oder Ähnlichem und wartet ab. Kommt ein geeigneter Wirt vorbei – zum Beispiel ein Mensch, ein Hund oder ein Reh –, erwacht die Zecke, lässt sich abstreifen und klammert sich am Wirt fest. Zecken sitzen also nicht auf Bäumen und lassen sich herunterfallen. Sie treiben sich auf Gräsern, Farnen oder losem Laub im Wald herum. Wittern die Tierchen ein potenzielles Opfer, krallen sie sich an Schuhen, Hosen oder direkt an der Haut fest. Dort krabbelt die Zecke so lange umher, bis sie eine gut durchblutete Stelle ausfindig macht – beispielsweise die Kniebeuge. Dann sticht die Zecke zu und saugt Blut. Die Minivampire beißen also nicht, sie stechen. Die Zahl der Infektionen ist laut KKH gestiegen. Demnach erkrankten im ersten Halbjahr 2018 bundesweit rund 7000 Versicherte nach einem Zeckenstich an Borreliose oder Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Das entspricht bereits rund zwei Drittel der Fälle vom gesamten Jahr 2017 (da lag die Zahl bei insgesamt rund 11000). Im ersten Halbjahr 2018 kamen damit vier Krankheitsfälle auf 1000 Versicherte. „Wenn alle Zahlen ausgewertet sind, rechnen wir 2018 und auch 2019 mit deutlich mehr Infektionen durch Zecken als in den Jahren zuvor“, sagt Sven Seißelberg. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat im Auftrag der KKH 1006 Personen im Alter von 18 bis 70 Jahren im Mai 2019 repräsentativ befragt.
Gegen die Frühsommer-Meningoenzephalitis, also die von Zecken übertragene Hirnhautentzündung, kann der Arzt impfen. Die ersten beiden Impfungen erfolgen im Abstand von ein bis drei Monaten. Eine dritte Impfung nach neun bis zwölf Monaten schließt die Immunisierung ab. Nach drei bis fünf Jahren ist eine Auffrischung ratsam.
Zecken können Borreliose übertragen. Das ist eine bakterielle Infektionskrankheit, gegen die nicht geimpft werden kann. Borreliose beginnt meistens mit einer Hautrötung rund um die Stichstelle, die wandert. Es folgen grippeähnliche Symptome mit Kopf-, Gliederschmerzen und Fieber.
Mögliche Spätfolgen sind Missempfindungen, Lähmungen, Nervenschmerzen und Gelenkentzündungen. Borreliose muss mit Antibiotika behandelt werden. Ein Arztbesuch ist notwendig.