Merz sucht Kontakt zu Hardlinern

Dänemark drängt auf strengere EU-Migrationspolitik beim Gipfel

Dänemark drängt beim EU-Gipfel auf eine härtere Migrationspolitik. Mit strengen Vorschlägen zur Asylbearbeitung und Rückführung will es die EU-Politik prägen.

Dänemark drängt auf strengere EU-Migrationspolitik beim Gipfel

Die Migrationspolitik sei mit der Sicherheit verknüpft, sagte die dänische Europaministerin Marie Bjerre bei der Vorstellung der Prioritäten ihres Landes (Symbolbild).

Von red/AFP

Beim EU-Gipfel in Brüssel hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Donnerstag den Schulterschluss mit Hardlinern in der Migrationspolitik gesucht. Zu dem informellen Treffen hatte unter anderem Dänemark eingeladen, dessen strenge Migrationspolitik zunehmend Anhänger in Europa findet. Das Land übernimmt am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft und dürfte dabei auf strengere EU-weite Vorschriften drängen, unter anderem bei der Bearbeitung von Asylanträgen und den Klagemöglichkeiten.

Die Migrationspolitik sei mit der Sicherheit verknüpft, sagte die dänische Europaministerin Marie Bjerre bei der Vorstellung der Prioritäten für die EU-Ratspräsidentschaft ihres Landes. „Das heißt, wir brauchen ein sichereres, stabileres und robusteres Europa, und das ist nicht wirklich der Fall, wenn wir die Ströme nach Europa nicht kontrollieren.“

Neue Lösungen, um den Zustrom nach Europa zu verringern

Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hofft, einen EU-Konsens über die Auslagerung von Asylverfahren außerhalb Europas und eine Einschränkung des Geltungsbereichs von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu erzielen.

„Wir brauchen neue Lösungen, um den Zustrom nach Europa zu verringern und diejenigen, die kein Recht haben, in unseren Ländern zu bleiben, wirksam zurückzuschicken“, sagte Frederiksen kürzlich bei einem Besuch in Berlin. Bundeskanzler Merz lobte Dänemark dabei als „ein Vorbild in der Migrationspolitik“.

Einjährige Aufenthaltsgenehmigung für Flüchtlinge in Dänemark

Dänemark, wo der Anteil von Einwohnern ausländischer Herkunft von 3,3 Prozent im Jahr 1985 auf 16,3 Prozent im Jahr 2025 gestiegen ist, hält eine Begrenzung der Zahlen an Zuwanderern für notwendig, um sein Sozialsystem zu sichern. Gleichzeitig ist der Bedarf an ausländischen Arbeitskräften stark gestiegen. In weniger als einem Jahrzehnt hat sich die Zahl der Arbeitsgenehmigungen verdoppelt, auch wenn diese schnell wieder entzogen werden können.

Flüchtlinge bekommen in Dänemark eine einjährige Aufenthaltsgenehmigung, die zwar verlängerbar ist. Sie werden aber dazu angehalten, in ihre Heimat zurückzukehren, sobald die Behörden der Meinung sind, dass sie keinen sicheren Zufluchtsort mehr benötigen.

„Von Flüchtlingen wird erwartet, dass sie sich integrieren und gleichzeitig darauf vorbereitet sind, jederzeit wieder auszureisen“, sagt die Leiterin des Zentrums für fortgeschrittene Migrationsstudien an der Universität Kopenhagen, Marie Sandberg. Es handele sich um eine „widersprüchliche oder schizophrene Situation“.

„Wie aktuelle Untersuchungen zeigen, führen der verstärkte Fokus auf Rückführungen und vorübergehenden Schutz sowie die hohen Anforderungen an die Erlangung einer dauerhaften Aufenthaltserlaubnis dazu, dass es für Neuankömmlinge sehr, sehr schwierig ist, sich in die dänische Gesellschaft zu integrieren“, sagt Sandberg weiter.

Dänemark tritt für eine „Null-Flüchtlinge“-Politik ein

2020 machte Dänemark Schlagzeilen, als es 200 Syrern die Aufenthaltsgenehmigungen entzog. Zur Begründung hieß es, dass die Lage in Damaskus nicht mehr rechtfertige, ihnen eine dänische Aufenthaltserlaubnis zu gewähren.

Seit ihrer Wahl zur Vorsitzenden der Sozialdemokraten vor zehn Jahren hat Frederiksen die Migrationspolitik ihrer Partei weit nach rechts verschoben. Wiederholt bezeichnete sie die Einwanderung aus nicht-westlichen Ländern als Dänemarks „größte Herausforderung“.

„Wir sind kulturell ein geselliges und entspanntes Land, aber aus irgendeinem Grund werden Muslime als eine Art Bedrohung für diese liberale Kultur angesehen“, beklagt die Leiterin der Organisation Refugees Welcome, Michala Bendixen.

Dänemark tritt für eine „Null-Flüchtlinge“-Politik ein und will, dass die Asylverfahren in ein Land außerhalb Europas ausgelagert werden. Im vergangenen Jahr genehmigte Dänemark 860 Asylanträge - 13 Mal weniger als im Jahr 2015.

Vor zwei Jahren stoppte die Regierung ihre Pläne, Asylanträge im Ausland - möglicherweise in Ruanda - zu bearbeiten und Flüchtlinge dort unterzubringen, wenn ihre Anträge genehmigt wurden, um eine gemeinsame Lösung mit der EU zu finden.

Obwohl alle ähnlichen Bemühungen in europäischen Ländern bislang gescheitert sind, „wird es während der dänischen EU-Ratspräsidentschaft einen europäischen Versuch geben, etwas in dieser Frage zu tun“, sagt Bendixen von Refugees Welcome.

Neuinterpretation Europäischen Menschenrechtskonvention

Kürzlich schloss Dänemark sich Italien und sieben weiteren Ländern an, um eine Neuinterpretation der Europäischen Menschenrechtskonvention zu erreichen, die Änderungen der Migrationspolitik ermöglichen soll. Begründet wird dies damit, dass die Menschenrechtskonvention manchmal „die falschen Menschen“ schütze.

„Wir waren stolz darauf, eines der ersten Länder zu sein, das die UN-Flüchtlingskonvention von 1951 unterzeichnet hat“, sagt Forscherin Sandberg. Zudem sei Dänemark seit Ende der 1980er Jahre Teil des Resettlement-Programms der UNO. Dabei werden vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR ausgewählte Flüchtlinge von Drittländern aufgenommen, wenn sie keine Chance auf Rückkehr in ihr Heimatland haben und auch nicht dauerhaft im Erstaufnahmeland bleiben können. Sandberg zufolge Dänemark scheint bereit zu sein, die Grenzen dieser Übereinkommen auszutesten.