Delikates Jazz-Boogie-Woogie-Blues-Menü

Das deutsch-niederländische Trio Boogielicious sorgt mit einer Mischung aus bekannten Titeln und Eigenkompositionen, virtuosen Interpretationen und Improvisationen bei der Konzertreihe der Stadt Murrhardt „Jazz im Foyer“ für Hörgenuss vom Feinsten.

Delikates Jazz-Boogie-Woogie-Blues-Menü

Harmonieren miteinander, aber inspirieren sich auch gegenseitig (von links): David Herzel am Schlagzeug, Bertram Becher mit der Mundharmonika und Eeco Rijken Rapp am Klavier. Foto: Elisabeth Klaper

Von Elisabeth Klaper

Murrhardt. Bei der Konzertreihe „Jazz im Foyer“ mit „der kleinsten Bigband der Welt“, dem seit fast 15 Jahren bestehenden Trio Boogielicious, kamen Fans von Jazz, Blues, Boogie-Woogie sowie Rock’n’Roll älteren Datums voll auf ihre Kosten. Voller Power und Enthusiasmus legten sie los – der niederländische Jazzpianist und Sänger Eeco Rijken Rapp sowie die deutschen Musiker David Herzel am Schlagzeug und Bertram Becher mit der Mundharmonika oder Blues harp. Da sprang der Funke der Begeisterung sofort auf die zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer im Festhallen-Foyer über. Der Bandname ist zusammengesetzt aus dem Stilbegriff Boogie-Woogie und dem englischen Wort „delicious“ für „lecker“, deutsch also „Lecker Boogie“, so Herzel, der kurzweilig moderiert. Das Repertoire umfasst neben Boogies auch viele weltbekannte Klassiker des Jazz, Blues und weiteren Stilspielarten aus den 1920er-, 1930er- und 1940er-Jahren. Hinzu kommen ein paar Stücke mit Rock- und Pop-Rhythmen sowie Eigenkompositionen, inspiriert von den goldenen Evergreens und bereichert durch kreative und fantasievolle eigene Ideen.

Jeder Musiker ist ein grandioser Virtuose und Improvisateur auf seinem Instrument. Eeco Rijken Rapp fasziniert mit tastenartistischen Kunststücken, oft in enorm hohem Tempo. So in seiner Solointerpretation des Boogie-Klassikers „Swanee River“ von Albert Ammons. Mit seiner wohlklingenden Tenorstimme vermittelt er charmant die Songtexte und das Flair der Ära des Jazz, wie im Blues „Oui, Oui, Baby“. David Herzel ist ein Spitzenperkussionist, Rhythmuskünstler und sprüht vor Schlag-und Spielfreude, vor allem bei seinen fulminanten Soli.

„Um 1900 gab es einen Mundharmonikaboom“: Ursprünglich als Begleitinstrument zum Kinder- und Volksliedersingen gedacht, entwickelte sich die Mundharmonika weltweit zum Folkloreinstrument, erzählt Bertram Becher. Er hat diverse winzige Exemplare im Gepäck, denen er eine Vielzahl von Klängen und Effekten entlockt, wie den sogenannten Chicago-Sound, einen Mix aus Saxofon, Trompete und E-Gitarre. Dann hört sich sein Spiel wie ein Saxofon oder eine Klarinette an, manchmal auch wie eine Trompete oder Posaune. Viel Spaß machen seine richtig schrägen, schleifenden „dirty notes“, also bewusst unklar oder unsauber intonierten Töne, vor allem bei Bluestiteln.

Das Trio wandert auch mal

musizierend die Sitzreihen entlang

Eigentlich ist jede Darbietung ein Höhepunkt. Besonders gut an kommen schnelle, rhythmisch betonte Stücke wie Lionel Hamptons „Munson Street Breakdown“ oder das selbst kreierte „Swingy Thingy“, etwa „das swingende Ding“, ein raffinierter Stilmix aus Ragtime, Swing, Jive und Stride. „Wir haben alles reingepackt, was wir an dieser Musik so lieben“, erklärt David Herzel. Da ziehen die „fantastischen Drei“ alle Register ihres Könnens, improvisieren voller Hingabe und erfreuen die Gäste mit einer kleinen Tour um die Sitzreihen. Dabei trommelt der Schlagzeuger rhythmisch auf Stuhllehnen, der Pianist spielt auf der Melodica und der Mundharmonikakünstler auf einem seiner kleinen Lieblinge.

Hörgenüsse sind aber auch Bluestitel, wie „Georgia“ von Hoagy Carmichael oder George Gershwins „Summertime“, mit viel Gefühl klangnuancenreich und stimmungsvoll interpretiert und improvisiert. Großes Vergnügen bereitet „Route 88“, benannt nach den 88 Tasten des Klaviers. Es ist ein kleiner akustischer USA-Trip mit atmosphärisch stimmigen Western- und Countrysounds sowie Pfeifen der Dampfloks, untermalt mit immer schnelleren Eisenbahngeräuschen. Vom Start weg hört und spürt das Publikum: Für die drei Vollblutprofi-musiker ist Jazz ein Lebensgefühl.

Sie sind auch gute Freunde, was sie in der melodiösen Eigenkreation „Friends“ klangfarbenreich zum Ausdruck bringen, und harmonieren optimal dank ihres kongenialen, minutiös aufeinander abgestimmten Zusammenspiels. Überdies inspirieren sie einander gegenseitig beim Improvisieren und experimentieren auch gerne mit den Möglichkeiten und Effekten ihrer Instrumente. „Boogie-Woogie zu spielen macht unheimlich Spaß, auch kann man dazu prima tanzen, das wärmt Füße und Herz“, findet David Herzel.

Ins Publikum kommt Bewegung, auch wenn es sich nicht in ein tanzendes verwandelt. Durch jubelnden Beifall und „Bravo“-Rufe motiviert das Publikum Boogielicious noch zu einer Zugabe. Eeco Rijken Rapp und Bertram Becher spielen vierhändig Klavier, tauschen später auch mal ihre Instrumente und zeigen so ihre Vielseitigkeit. Und David Herzel entpuppt sich als Beatboxer, wobei er seine Backen als Schlaginstrument einsetzt und mit der Zunge allerlei Schnalzgeräusche erzeugt.