Die Tabelle lügt nicht: Stuttgart Surge will in der European League of Football (ELF) unbedingt in die Play-offs einziehen, weshalb sich das Team nun nichts mehr erlauben darf.
Giuseppe della Vecchia führt das Surge-Team an.
Von Jochen Klingovsky
Die Hälfte der Hauptrunde in der European League of Football (ELF) ist gespielt, weshalb Jordan Neuman diese Woche gefragt wurde, wie er die Lage seines Teams zur Halbzeit denn in drei Worten beschreiben würde. Der Chefcoach von Stuttgart Surge überlegte kurz, dann antwortete er mit einem Lächeln: „Noch nicht fertig!“ Womit er bewies, wie viel sich mit einem kurzen Satz sagen lässt.
Noch nicht fertig. Das gilt bei Stuttgart Surge gleich in mehrfacher Hinsicht: Die Saison dauert noch mindestens sechs Spiele, es bleibt folglich genügend Zeit, um die hohen Ziele – erst in die Play-offs und dann ins Finale in der MHP-Arena einziehen – erreichen zu können. Noch nicht fertig heißt aber auch: Das Team ist längst nicht am Ende seiner Entwicklung, es gibt weiterhin viele Dinge zu verbessern. Und zugleich bedeuten die drei Worte des Coachs: Vorsicht, sonst könnte es schneller zu Ende sein als erhofft. Denn bisher läuft es nicht gerade optimal für den Vizemeister von 2023 und Halbfinalisten von 2024.
Erneut saß der Frust bei Stuttgart Surge tief
Bisher hatte Stuttgart Surge zwei richtig enge Spiele – und beide gingen verloren, erst in Paris (0:6), nun in München (33:36). Der Frust saß jeweils tief. Zunächst wegen der Nullnummer bei den Musketeers und am vergangenen Sonntag, weil die erste Pleite überhaupt gegen die Ravens höchst unnötig war. „Wir haben den Münchnern den Sieg auf dem Silbertablett serviert“, meinte Co-Trainer Johannes Brenner, der auch die Einstellung seines Teams kritisierte: „Unser Gegner wollte den Sieg mehr.“ Genau das, dessen sind sich alle bei Stuttgart Surge bewusst, darf nicht noch einmal passieren.
2023, im ersten Jahr von Jordan Neuman unterm Fernsehturm, hatten die Stuttgarter am Ende der Hauptrunde eine Bilanz von 10:2, vergangene Saison standen sie bei 11:1. Das reichte jeweils, um es problemlos die Play-offs zu schaffen. In diesem Jahr geht es an der Spitze der ELF enger zu, mit ziemlicher Sicherheit wird unter den vier Division-Siegern und den beiden Teams, die es zudem in die Play-offs schaffen, keines sein, das drei Niederlagen auf dem Konto hat. Oder anders ausgedrückt: Stuttgart Surge darf sich keinen weiteren Ausrutscher erlauben. „Ich rechne grundsätzlich nicht, weil es davon ablenkt, sich auf die nächste Aufgabe zu konzentrieren“, sagt Coach Neuman, „aber klar ist, dass wir Druck haben. Wir müssen gewinnen – Spiel für Spiel.“ Einfach wird das nicht.
Surge-Boss Suni Musa glaubt an seine Mannschaft
An diesem Sonntag (13 Uhr) erwartet Stuttgart Surge die bisher sieglosen Fehervar Enthroners aus Ungarn im Gazi-Stadion, danach folgen die beiden Schlüsselspiele. Erst geht es nach Frankfurt, wo die Galaxy gegen Paris schon einmal als Favoritenschreck auftrumpfte (29:27), dann kommt es am 20. Juli zum Topduell gegen die Musketeers aus der französischen Hauptstadt, das Finalcharakter haben wird: Stand jetzt schafft es wohl nur der Sieger in die Play-offs. „Die Tabelle lügt nicht. Bei der nächsten Niederlage kann unser Traum, am 7. September das ELF-Finale in Stuttgart zu bestreiten, schon platzen, denn dann würde nur noch eine rechnerische Chance bestehen“, sagt Surge-Geschäftsführer Suni Musa, der weiterhin an sein Team glaubt: „Wir sind gut aufgestellt, haben einen starken Kader und ein Mannschaftsgefüge, das noch besser ist als 2024. Die Jungs entwickeln sich immer weiter, halten zusammen, glauben an sich – und ich glaube an die Jungs. Sie werden am Sonntag ein Feuerwerk abbrennen und sich neues Selbstvertrauen holen. Im Moment mache ich mir keinerlei Sorgen.“
Was auch damit zu tun hat, dass Stuttgart Surge nicht wirklich weit weg ist von der Spitze der Liga. „Es gibt in unserem Spiel nicht das eine große Problem“, sagt auch Jordan Neuman, „es sind viele Kleinigkeiten, die wir lediglich noch ein bisschen verbessern müssen.“ Dass dies gelingt, davon ist auch Emmanuel Häfele überzeugt. „Der gute Aspekt an einer Niederlage ist, dass wir aus ihr lernen können“, sagt der 1,95-Meter-Mann aus der Offensive Line, „in der Kabine beschäftigen wir uns nicht damit, uns nun nichts mehr erlauben zu dürfen. Wir haben keine Angst, womöglich zu verlieren – sondern nur den Fokus, das nächste Spiel unbedingt zu gewinnen.“
Oder anders ausgedrückt: Stuttgart Surge ist mit der Saison 2024 längst noch nicht fertig.