Der Partner mit der unschlagbaren Nase

Die DRK-Rettungshundestaffel vom Ortsverein Kernen stattet Walterichschülern in Murrhardt einen Besuch ab. Drei Teams zeigen den Mädchen und Jungen der Klasse 4a, wie die Arbeit und Suche mit den Vierbeinern abläuft.

Der Partner mit der unschlagbaren Nase

Sam hat den Suchauftrag gewissenhaft erfüllt. Er zeigt seiner Hundeführerin Andrea Patrzek (rechts) an, dass er fündig geworden ist.

Von Petra Neumann

Murrhardt. Ungefähr zwölf- bis 15-mal im Jahr wird die Rettungshundestaffel des Deutschen Roten Kreuzes, Ortsverein Kernen im Remstal, von der Polizei gerufen, um eine vermisste Person zu suchen. Diese Aufgabe können nur gut trainierte Hunde bewältigen, die mit ihren Halterinnen und Haltern ein eingespieltes Team bilden.

Franzisca Scheu, Lehrerin an der Walterichschule, ging vor einiger Zeit zufällig mit ihrer Klasse über den Murrhardter Marktplatz, als die Rettungshundestaffel sich dort vorstellte. So entstand die Idee, dass die Teams doch mal an die Schule kommen und zeigen könnten, was sie draufhaben. Schnell war der Kontakt hergestellt und ein Termin vereinbart, der allerdings wegen Corona immer wieder verschoben werden musste. Nun war es endlich so weit, und die Kinder der Klasse 4a warteten gespannt auf die Profis mit der guten Nase samt Frauchen: Ausbildungsleiterin Andrea Patrzek war zusammen mit Susanne Barreuther und Ursula Schumacher sowie den Hunden Sam, Max, Don und Gunda vor Ort, um den Schülern wichtige Verhaltensregeln im Umgang mit den Vierbeinern zu erläutern und ein paar Trainingseinsätze zu zeigen.

„Hunde wollen nicht von Wildfremden gestreichelt werden. Auch muss man ihnen nicht die Hand hinhalten. Sie riechen nämlich so gut, dass sie auch so wissen, was man gegessen hat, ob man ein Mädchen ist oder ein Junge ist und auch, ob man Angst empfindet. Sie können sogar stereo riechen. Ihr Riechzentrum macht ungefähr 30 Prozent ihres Gehirns aus, während es beim Menschen nur etwa drei Prozent sind“, erzählte Susanne Barreuther den Kindern.

„Am besten steht man still, auch gibt es Gesten, die beruhigend wirken“, erklärt Andrea Patrzek den aufmerksamen Zuhörern. Obgleich Wespen und Bienen einen noch besseren Geruchssinn haben, ist der Hund für viele Aufgaben ein unersetzbarer Partner, weil er das einzige Tier ist, das den Menschen als Artgenossen akzeptiert und gelernt hat, mit ihm zusammenzuarbeiten.

Im Notfall muss es schnell gehen, ein großes Areal durchsucht werden

Ungefähr zwei Jahre dauert die Ausbildung zum Rettungshund und die Vereinsmitglieder freuen sich, wenn die vierbeinigen Anwärter schon als Welpen zu ihnen kommen. Auf die Teams wartet am Ende eine schwierige, vierteilige Prüfung, die alle zwei Jahre wiederholt werden muss. Fällt eines der Mensch-Hund-Teams durch, dann war’s das. Schließlich müssen im Notfall innerhalb von 20 Minuten bis zu zwei Personen in einem Areal von 30000 Quadratmetern gesucht und möglichst gefunden werden. „Das schafft ein Mensch alleine nie, aber die Hunde sind so gut trainiert, dass sie das managen können“, erfuhren die Kinder von Susanne Barreuther.

Je nach Charakter gibt es drei Möglichkeiten, wie die Hunde ihren Fund anzeigen können. Vierbeiner, die so lange bellen, bis ihr Herrchen oder Frauchen eintrifft, heißen Verbeller. Es gibt eine weitere Form: Ein als Bringsler trainierter Hund trägt ein besonderes Halsband, an dem ein – wie der Name schon sagt – Bringsel, eine Art Stoffwurst in Miniaturform, angebracht ist. Hat der Rettungshund eine Person gefunden, nimmt er sie ins Maul und rennt zurück. Durch das Zeichen weiß sein zweibeiniger Teampartner Bescheid. Die dritte Möglichkeit: Der Rückverweiser oder Freiverweiser wiederum kehrt nach seinem Fund schnurstracks um und macht durch Anspringen oder Zerren an der Uniform seines Besitzers auf den Erfolg seiner Suche aufmerksam.

Wichtig ist, dass die Hunde ein besonderes Geschirr mit Rotkreuzemblem tragen. Es verfügt über eine Glocke und ein Licht, sodass der vierbeinige Retter auch von der Entfernung aus gehört und des Nachts gesehen werden kann. Gleichzeitig ist die offizielle Kennzeichnung im Grunde genommen seine Lebensversicherung, da sie anzeigt, dass er kein streunender oder jagender Hund ist. Jäger dürfen auf Hunde, die allein im Wald unterwegs sind, schießen.

Auch ist die Arbeitstracht für die Hunde wie eine Art Signal, sie wissen, was sie dann tun müssen und das bereitet ihnen Freude. Und nach getaner Arbeit gibt es ganz besondere Leckerbissen.

Auf eine gute Portion Theorie folgte die Praxis. Für die Kinder war es eine ganz besondere Gaudi, dabei sein zu dürfen und gesucht zu werden. „Natürlich haben alle Anzeigemethoden Vor- und Nachteile“, wusste Andrea Patrzek zu berichten. Ihre beiden Hunde Sam (12) und Max (9) sind Verbeller und die Kids empfanden schon etwas Unbehagen. Allerdings sieht die vermisste Person – solange es ihr einigermaßen gut geht – dann auch das Geschirr mit dem Rettungszeichen.

Don, der neunjährige Münsterländer von Susanne Barreuther, wiederum ist ein Bringsler, und es war wirklich beeindruckend zu sehen, wie er nach seinem Fund die Stoffwurst aufnahm und begeistert zu Frauchen zurückrannte. Gunda, die achtmonatige Schäferhündin von Ursula Schumacher, ist noch im Training, aber sie freute sich genauso über die Leckerlis, die ihr die Schulkinder reichen durften. „Nun seid ihr Rettungshundebotschafter und wisst, dass man ruhig mit Hunden umzugehen hat und wenn man einen streicheln will, den Halter vorher fragen soll“, lauteten die Abschiedsworte von Andrea Patrzek.

Der Partner mit der unschlagbaren Nase

Auch Don und Susanne Barreuther aus Murrhardt (rechts) sind mit von der Partie. Bei den Begegnungen am Rande des Stadtgartens lernen die Kinder auch, wie sie sich gut im Umgang mit Hunden verhalten können. Fotos: J. Fiedler