Seit einem Jahr beherrschen immer weitere Vorwürfe gegen Marius Borg Høiby in Norwegen die Schlagzeilen. Jetzt wurde gegen den Sohn von Kronprinzessin Mette-Marit Anklage erhoben.
Marius Borg Høiby (zweiter von links) im Kreis seiner Familie. Im gelben Kleid: Seite Mutter, Kronprinzessin Mette-Marit.
Von Theresa Schäfer
Ein strahlendes Paar steht am 25. August 2001 auf dem Balkon des Schlosses in Oslo – Kronprinz Haakon hat soeben im Dom der Hauptstadt Mette-Marit Tjessem Høiby geheiratet. Auf dem Arm trägt die Braut ihren vierjährigen Sohn. 24 Jahre später muss sich dieser semmelblonde Bub – Marius Borg Høiby – vor Gericht verantworten. Angeklagt ist er in 32 Punkten, der schwerste Vorwurf: Vergewaltigung.
Das seine Mutter Norwegens Kronprinzessin ist, soll im anstehenden Verfahren keine Rolle spielen: „Mit wem er verwandt ist, hat natürlich Einfluss auf das mediale Interesse an dem Fall, soll aber keinerlei Bedeutung für die Frage der Anklage oder das Strafmaß haben, das ihn erwartet, falls er schuldig gesprochen wird“, sagte der zuständige Staatsanwalt Sturla Henriksbø am Montag vor der Presse, als er mitteilte, dass gegen Borg Høiby Anklage erhoben wird. Bis zu zehn Jahre Haft könnten dem 28-Jährigen drohen, sollte er schuldig gesprochen werden. Eine ganze Reihe von Straftaten wird ihm von der Anklage zur Last gelegt – darunter neben dem Vorwurf der Vergewaltigung auch Misshandlung in engen Beziehungen, Körperverletzung und Sachbeschädigung. Der öffentliche Gerichtsprozess wird wahrscheinlich Mitte Januar 2026 beginnen.
Borg Høiby hat den Großteil der Anschuldigungen stets abgestritten. Vor allem die Vorwürfe zu den Sexualdelikten bestreite er entschieden, sagte sein Verteidiger.
Für den norwegischen Palast ist die Sache heikel. Denn Marius gehört als Mette-Marits Sohn aus einer früheren Beziehung natürlich zur Familie, aber nicht zum Königshaus: Er trägt keinen Prinzentitel, taucht in keiner Thronfolge auf. Seit vor einem Jahr die Vorwürfe gegen Borg Høiby öffentlich wurden und er festgenommen wurde, befindet sich der Palast in einem kommunikativen Dilemma. Auch jetzt äußerte sich die Hofsprecherin Guri Varpe nur vorsichtig: „Es ist Sache der Gerichte, diesen Fall zu behandeln und zu einer Entscheidung zu kommen. Wir haben darüber hinaus nichts hinzuzufügen.“
Borg Høiby gehört zur Familie, aber nicht zum Königshaus
Haakon und Mette-Marit haben das Konzept Patchworkfamilie in der Öffentlichkeit stets mit Selbstverständlichkeit gelebt. König Harald V. und Königin Sonja integrierten Mette-Marits Sohn aus einer früheren Beziehung mit dem Osloer Geschäftsmann Morten Borg. Marius bekam zwei Halbgeschwister: Ingrid Alexandra (heute 21) und Sverre Magnus (19). Zwei Labradoodle machten die Patchwork-Idylle in der Residenz Skaugum, dem Wohnsitz der Kronprinzenfamilie, komplett.
Schon seit einigen Jahren ist Marius nicht mehr dabei, wenn sich die Königsfamilie am Nationalfeiertag den Bürgern zeigt. Er fehlt auch auf den offiziellen Familienfotos zu Weihnachten. Einfach dürfte seine Rolle für einen Heranwachsenden nicht gewesen sein. Immer dabei, Sohn, Bruder, Stiefsohn – aber nicht Teil der offiziellen Königsfamilie. Die Medien bat er, seine Privatsphäre als ganz normalen Norweger zu respektieren.
Seit einem Jahr steht Marius Borg Høiby nun in einem medialen Sturm: Die norwegischen Zeitungen berichten über Frauen, die schwere Vorwürfe gegen ihn erheben. Schließlich räumte er ein, unter Alkohol- und Kokain-Einfluss gegenüber seiner damaligen Freundin gewalttätig geworden zu sein und Dinge in ihrer Wohnung zerstört zu haben. In einer schriftlichen Stellungnahme erklärte der 28-Jährige, er habe psychische Probleme und kämpfe mit Drogensucht. Zwischenzeitlich saß er in U-Haft, danach suchte er sich ärztliche Hilfe.
Für das Image des Königshauses ist das eine Belastungsprobe. So skandalfrei war die norwegische Monarchie lange, dass Mette-Marits Vergangenheit als Osloer Partygirl vor ihrer Hochzeit mit Kronprinz Haakon schon als Problem gesehen wurde. In einem Fernsehinterview zu Weihnachten sagte die 52-Jährige, die Ermittlungen gegen ihren Erstgeborenen hätten die ganze Familie belastet: „Es war hart. Anders kann man das nicht nennen.“ Ein Wort zu den mutmaßlichen Opfern blieb aus. Auch König Harald (88) äußerte sich in dem Beitrag: „Natürlich ist es hart, dass jemand, den wir lieben, so etwas erlebt hat. Aber jetzt müssen wir das Rechtssystem seine Arbeit machen lassen.“