Seit 2015 wird darüber gestritten, ob Asylsuchende, die aus einem anderen EU-Staat nach Deutschland kommen, an der Grenze abgewiesen werden können. Der neue Bundesinnenminister beantwortet sie mit Ja.
Der neue Bundesinnenminister Alexander Dobrindt
Von red/dpa
Mit mehr Polizisten an den deutschen Landgrenzen und strengeren Regeln will der neue Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) für einen Rückgang der irregulären Migration sorgen. Wenige Stunden nach seinem Amtsantritt kündigte er an, künftig sollten auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können. Eine mündliche Weisung aus dem Jahr 2015, dies nicht zu tun, werde er nun schriftlich zurücknehmen.
Es gehe nicht darum, ab morgen alle zurückzuweisen, sondern darum, „dass wir die Zahlen reduzieren“, erklärte er. Schwangere, Kinder und andere Angehörige vulnerabler Gruppen würden nicht zurückgewiesen, sagte Dobrindt. Ihm gehe es um ein „Signal in die Welt und nach Europa“, dass sich „die Politik in Deutschland geändert hat“.
Koalitionsvertrag sieht Abstimmung mit Nachbarn vor
Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD war vereinbart worden: „Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen.“
Dobrindt sagte nun: „Wir halten unsere Nachbarn in enger Abstimmung.“ Er selbst und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hätten dazu bereits in den vergangenen Tagen Gespräche geführt. Bei seiner ersten Pressekonferenz als Bundesinnenminister wurde Dobrindt vom Präsidenten der Bundespolizei, Dieter Romann, begleitet.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte nach Dobrindts Ankündigung zu Zurückweisungen Rechtsklarheit. „Bis jetzt haben wir keine klaren Weisungen, wie wir anders verfahren sollten. Deswegen wird im Moment noch so verfahren wie bisher“, sagte Andreas Roßkopf, Vorsitzender für den Bereich Bundespolizei, der „Welt“. „Für alles andere brauchen wir klare, schriftliche Weisungen, damit die Kollegen auch rechtssicher, handlungssicher arbeiten können.“
Stationäre Kontrollen an allen Grenzen seit September
In der Ampel-Koalition gab es anfangs kaum Befürworter fester Grenzkontrollen, die im sogenannten Schengen-Raum eigentlich nicht vorgesehen sind. Dennoch hatte die ehemalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nicht nur die 2015 begonnenen Kontrollen an der Landgrenze zu Österreich mehrfach verlängert.
Sie hatte solche temporären Kontrollen Mitte Oktober 2023 auch für die Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz angeordnet und bei der EU-Kommission notifiziert. Im vergangenen September entschied sie dann, dass es feste Kontrollen – die eine Voraussetzung für Zurückweisungen sind – auch an den restlichen Grenzabschnitten geben solle.
Im vergangenen Jahr stellten 229.751 Menschen erstmals in Deutschland einen Asylantrag. Das waren rund 100.000 Asyl-Erstanträge weniger als im Jahr zuvor. Zu den Hauptherkunftsländern gehören derzeit Syrien, Afghanistan und die Türkei. Eine Hauptursache für den Rückgang ist nach Einschätzung des Chefs des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Hans-Eckhard Sommer, dass Serbien im November 2023 die Flüchtlingsroute nach Ungarn faktisch gesperrt habe. Ob dies dauerhaft so bleiben werde, sei offen, sagte Sommer in einer Rede Ende März.
Grüne warnen vor negativen Folgen
Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Marcel Emmerich, kritisierte Dobrindts Entscheidung. Er sagte: „Diese Politik ist falsch, denn sie schadet den Menschen und der Wirtschaft.“ Diese Zurückweisungen widersprächen EU-Recht. „Solche Alleingänge zerschlagen, was Europa zusammenhält.“
Zufrieden zeigte sich Sachsens Innenminister Armin Schuster. Der CDU-Politiker sagte, die Intensivierung der Grenzkontrollen sei eine gute Nachricht für Sachsen und ein „längst überfälliger Schritt, den wir und andere unionsgeführte Länder lange eingefordert haben“.