„Doch eher der Unternehmertyp“

Rolf Barreuther wird heute 65 Jahre alt – Sein beruflicher Weg führte ihn von der Verwaltungsarbeit in die Wirtschaft

Rolf Barreuther verrät, dass er zu seinem Geburtstag in überschaubarem Rahmen eingeladen hat, mit Menschen feiern möchte, die ihm wichtig sind. Dann muss er lachen, weil ein paar Gäste nachgefragt haben, als ihnen die Einladung „65 Jahre – was nun?“ ins Haus flatterte, was da wohl auf sie wartet. „Ich hab dann gesagt, klar, ich habe alle Freunde zu einem Workshop eingeladen, es wird gearbeitet“, meint er mit einem Schmunzeln.

„Doch eher der Unternehmertyp“

Rolf Barreuther gibt sein Wissen noch als Berater von Geba Consult weiter, will aber insgesamt etwas kürzertreten. Foto: J. Fiedler

Von Christine Schick

MURRHARDT. Nicht nur Freunde und Familie wissen: Rolf Barreuther blickt auf Jahrzehnte als rühriger Geschäftsmann zurück, auch wenn er mittlerweile etwas kürzertreten und der Work-Life-Balance mehr Chancen einräumen möchte.

Aufgewachsen ist Rolf Barreuther in Backnang-Steinbach. Als er schon aufs Gymnasium in Backnang ging, zog die Familie nach Murrhardt um und so drückte er dort weiter die Schulbank, erlebte auch noch den Umzug vom heutigen Amtshaus in den Neubau des Heinrich-von-Zügel-Gymnasiums. Nach dem Abitur steuerte er zunächst auf eine Karriere im gehobenen Verwaltungsdienst zu. „Verwaltung war für mich nicht uninteressant“, sagt er. „Anfangs war das Hauptamt im Fokus, später habe ich überlegt, mehr in Richtung Jura zu gehen beziehungsweise auch zu überlegen, ob die Bewerbung als Bürgermeister eine Option ist.“ Seine ersten Erfahrungen sammelte er bei der Stadtverwaltung Murrhardt und Backnang, schloss das Betriebswirtschaftsstudium mit Staatsprüfung ab und trat 1978 seine erste Stelle als Stadtinspektor bei der Stadt Waiblingen an. Das Aufgabenspektrum war breit – unter anderem war er für Personal, zentrale Verwaltung, Rechtswesen, Presseamt und den Gutachterausschuss verantwortlich. „Die Arbeit hat mir Spaß gemacht, aber ich kam auch ins Grübeln, ob ein Bürgermeisteramt wirklich das Richtige ist“, erzählt er. Zum einen wurde ihm die unglaubliche Präsenz deutlich, die gefordert ist, zum anderen, dass man im Amt „auch einfach politisch handeln muss“.

Immer noch in Murrhardt verwurzelt, sprach ihn Karl-Friedrich Kleemann, der damalige Vorstand des Erich-Schumm-Stifts, an, ob er nicht als Assistent dort anfangen wolle. „Sind Sie sicher mit der Beamtenlaufbahn? Sie sind doch eher der Unternehmertyp“, habe er damals gesagt. Rolf Barreuther ergriff die Chance, wobei seine Waiblinger Chefs – Oberbürgermeister Ulrich Gauss und Bürgermeister Hans Wössner – ihn insofern unterstützten, dass sie ihm zwei Jahre lang eine Rückkehroption offenhielten. Doch Kleemann sollte recht behalten. Barreuther übernahm Anfang der 1980er-Jahre die EDV-Umstellung, Personal- und Leitungsaufgaben im Erich-Schumm-Stift. Im privaten Umfeld tat sich zudem ein Projekt auf, das ihn weiter in unternehmerische Umlaufbahnen brachte. Im Zuge der Abwicklung einer Firma im Welzheimer Raum, die er privat begleitete, kam er mit Axel Bleich von der Unternehmensberatung Geba Consult in Kontakt. Der war beeindruckt, weil sich Barreuther so intensiv vorbereitet hatte, und bot ihm eine Mitarbeit an. „Das war die Gelegenheit, auch rechtliche Aspekte kennenzulernen sowie die Beratung mit meinem Wissen aus der Verwaltung zu kombinieren“, erzählt er.

Vielfältige Beratungsmandate und Firmenprojekte

Das Jahr 1984 markierte den letzten Schritt in die eingeschlagene Richtung: In diesem Jahr heiratete er nicht nur seine heutige Frau Susanne, er gründete auch die eigene Firma Computec AG, mit der er einer Handvoll Mitarbeitern aus besagtem aufgelösten Unternehmen eine neue Chance geben wollte. Das Kerngeschäft: messen, regeln, steuern und Automatisierungstechnik in umfassendem Sinne. Die Arbeit bei der Geba Consult sowie im eigenen Unternehmen ging Hand in Hand: „Da ist man als Berater mit den Kunden einfach auf Augenhöhe.“

Rolf Barreuther entwickelte sich durch seine vielfältigen Mandate und Unternehmensprojekte früh zu dem, was später ganz selbstverständlich als Netzwerker betitelt wurde. Seit 19 Jahren ist er Aufsichtsratsvorsitzender der Volksbank Backnang, zuvor war er stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Volksbank Raiffeisenbank Murr-Lauter, die sich 1999 mit der Volksbank Backnang zusammenschloss, und blickt auf ein Engagement von über 25 Jahren im Genossenschaftsverband zurück. „Aus der Erfahrung in der Unternehmensberatung habe ich gelernt, dass es nicht immer von Vorteil ist, krampfhaft nur an der Entwicklung der eigenen Firma festzuhalten, sondern dass aus der Kooperation mit anderen und der Zusammenarbeit auch Wertvolles erwachsen kann.“ Eine weitere Überzeugung, die sich festigt: Nicht alles lässt sich über Verträge regeln, das Menschliche spielt eine entscheidende Rolle. Barreuther gründete einen Unternehmensverbund (1986), mit der Maueröffnung streckte er seine Fühler in die neuen Bundesländer aus, hob die Firma CEP in Dresden aus der Taufe, um mit dem Gemeinschaftsunternehmen den wirtschaftlichen Wandel zu begleiten. Wie sieht er den Vorwurf, dass westdeutsche Unternehmer damals ostdeutsche Betriebe ausgeblutet haben? „Da gehören immer zwei Seiten dazu. Ich finde es wichtig, ein Bewusstsein für die eigenen Qualitäten zu haben und sich auf Augenhöhe zu begegnen.“

Zudem tat sich bei der Computec AG einiges. Barreuther wagte sich an eine internationale Kooperation zum Aufbau eines Vertriebsstützpunkts für den asiatischen Markt (1998) in Malaysia genauso wie an den Technologietransfer mit einem japanischen Weltkonzern (2001) und trieb die Entwicklung der Bereiche Förder- und Sortiertechnik sowie Sondermaschinenbau voran. Nicht zu vergessen sein ehrenamtliches Engagement im Unternehmerforum Oberes Murrtal, dessen Vorsitzender Barreuther 20 Jahre lang war, sowie für die Erich-Schumm-Stiftung, die er seit 2009 als Vorstandsvorsitzender begleitet.

Wie viel Zeit blieb da noch fürs Private und das ebenso nicht ganz kleine Familienprojekt mit drei Kindern, seine Söhne Benjamin (30), Marcel (28) und Pascal (23)? Rolf Barreuther räumt ein, dass seine Frau Susanne den zentralen Part in der Erziehung übernommen hat, er aber immer für seine Kinder da gewesen sei, wenn sie ihn gebraucht hätten und etwas Wichtiges angestanden habe.

Sein Fazit fällt gut aus. „Ich würde eigentlich nichts anders machen“, sagt der Jubilar. In Zukunft wird Rolf Barreuther das Großprojekt Neubau Erich-Schumm-Stift weiter begleiten und für die Geba Consult noch als Berater tätig sein, sich aber allmählich stärker zurückziehen. Die Computec AG ist verkauft, und „ich habe gelernt, am Wochenende nicht zu arbeiten“. Ein bisschen mehr wandern und Ski fahren steht auf dem Wunschzettel sowie sich die Freiheit zu nehmen, statt am Sonntagabend auch mal Montag von einem Ausflug nach Hause zu kommen.