E-Scooter-Unfälle lassen nicht nach

Die Zahlen des ersten Halbjahres zeigen: Bei den Rollern mit Elektroantrieb sinkt die Gefahr nicht.

E-Scooter-Unfälle lassen nicht nach

Alkohol und E-Scooter sind in der Kombination gefährlich. (Symbolbild)

Von Christine Bilger

Stuttgart - Zu den E-Scootern, die seit 2019 in der Stadt unterwegs sind, hat niemand keine Meinung. Man liebt sie, weil man schnell eine kurze Strecke überwinden kann – oder man hasst sie, weil sie häufig im Weg stehen. Egal sind sie eigentlich niemandem. Und dann gibt es noch einen Aspekt: Immer wieder verunglücken die Nutzerinnen und Nutzer damit, viele auch unter Alkoholeinfluss. Wie hat sich die Unfallzahl entwickelt? Der FDP-Abgeordnete Friedrich Haag hat sich die aktuellen Zahlen vom Innenministerium geben lassen.

Die Kernbotschaft: Die Zahl der Unfälle mit den sogenannten Elektrokleinstfahrzeugen ist – trotz aller Aufklärungskampagnen der Sicherheitsbehörden und Hinweisen der Betreiberfirmen – zumindest bis zur Jahresmitte nicht gesunken gegenüber dem Vorjahr. Es zeichnet sich ab, dass die Zahl etwa gleich hoch sein könnte, wenn das zweite Halbjahr sich ähnlich entwickelt. Im vergangenen Jahr waren es 147 Unfälle mit E-Scootern in Stuttgart. Von Januar bis Juni sind in diesem Jahr 77 geschehen.

Alkohol und Drogen am Steuer

Von den 147 Unfällen hatten die Fahrerinnen und Fahrer der Elektrokleinstfahrzeuge in 106 Fällen den Unfall selbst verursacht. Wenn hier der Trend des ersten Halbjahres anhält, könnte der Anteil in diesem Jahr ein wenig höher ausfallen. Denn bis Ende Juni waren es schon 58 Unfälle, bei denen die Ursachen Fehler der Scooterfahrenden waren. 2024 spielten in 33 Fällen Alkohol oder Drogen am Steuer der Roller mit Elektroantrieb eine Rolle. Bis Ende Juni war das in zehn Fällen so, teilt das Haus des Innenministers Thomas Strobl (CDU) mit.

Neben den reinen Unfallzahlen ist auch interessant, wie sich die Unfälle auf das Stadtgebiet verteilen. Zwei Bezirke fallen auf: Bad Cannstatt und Mitte, dort, wo mit dem Volksfest und dem Wasen (Bad Cannstatt) sowie den Ausgehvierteln (Mitte) die Scooter als Alternative zu Auto oder öffentlichem Nahverkehr gerne nach dem Feiern genutzt werden. Besonders tragisch: In Bad Cannstatt kam im vorigen Jahr ein 24 Jahre alter Mann ums Leben, der ein Elektrokleinstfahrzeug nutzte. Dabei handelte es sich um ein Elektro-Skateboard. In der City geschahen 28 Unfälle im vergangenen Jahr, im ersten Halbjahr 2025 waren es 15.

Mehr Aufklärung betreiben

Außer Mitte haben nur die zentrumsnahen Bezirke Süd, West und Ost noch zweistellige Unfallzahlen im Jahr 2024. Der FDP-Mann kommt aufgrund der Zahlen zu folgender Schlussfolgerung: „Dass fast 90 Prozent der Unfälle mit E-Scootern von den E-Scooter-Fahrern selbst verursacht werden und es dabei häufig zu Personenschäden kommt, ist besorgniserregend. Das unterstreicht die Notwendigkeit, mehr Aufklärung zu betreiben.“ Haag kann sich vorstellen, dass freiwillige Sicherheitstrainings helfen könnten.

Nicht allein die Unfallgefahr für die Nutzenden ist ein Thema, wenn über die Kleinstfahrzeuge mit Elektroantrieb kontrovers diskutiert wird. Oft geht es auch um Unannehmlichkeiten, Behinderungen und Gefahren, die von unrechtmäßig oder zumindest ungeschickt beziehungsweise rücksichtslos abgestellten Scootern ausgehen. Die Stadt Stuttgart hat im Jahr 2024 insgesamt 36 Abstellflächen für Scooter im Stadtgebiet ausgewiesen. Die Stadt bilanziere, teilt das Innenministerium mit, dass sich das Stadtbild und die Akzeptanz der Scooter dadurch verbessert habe. Haag sieht aber auch hier noch ein Problem: „Die Verkehrsbehinderungen durch falsch abgestellte E-Scooter in den Stadtbezirken bleiben weiterhin ein Problem, vor allem für ältere oder mobilitätseingeschränkte Menschen, das noch gelöst werden muss“, sagt er.

Eine Stuttgarterin bestätigt das: die 74-jährige Doris Faiß ist seit einem Unfall vor sechs Jahren mit einem Elektro-Rollstuhl, mit dem sie nicht auf der Straße fahren darf, auf Gehwegen unterwegs. Vergangenen Samstag war sie in der oberen Reinsburgstraße auf dem Weg zum Bäcker in der Röckenwiesenstraße. Zwei E-Scooter standen so, „dass ich mich entscheiden musste, entweder den Roller umzuwerfen oder einem geparkten Mercedes eine Schramme zu verpassen“. Sie hat keines von beiden getan, sondern sich durchgewunden. Aber die Wut über die Gedankenlosigkeit der Rollerfahrer bleibt. „Jetzt sitze ich schon im Rollstuhl, jetzt nicht auch noch das“, sagt sie und hofft auf die Gelegenheit, mal einen Fahrer in flagranti zu erwischen.