Justizministerin Hubig will Internet-Anbieter verpflichten, IP-Adressen drei Monate zu speichern. Die Opposition hält das für rechtswidrig.
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) hat einen Gesetzentwurf zur Speicherung von IP-Daten vorgelegt.
Von Rainer Pörtner
SPD, Grüne und FDP waren in ihrer Regierungszeit zu uneins, um sich auf eine gesetzliche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung zu verständigen. Die schwarz-rote Koalition startet jetzt einen eigenen Versuch. Justizministerin Stefanie Hubig hat einen Gesetzentwurf zur Speicherung von IP-Daten vorgelegt. Er soll helfen, Kriminalität im Internet wirkungsvoll zu bekämpfen.
Was sind IP-Adressen?
Beim Einwählen ins Internet bekommt ein PC oder Smartphone von den Zugangsanbietern wie Telekom oder O2 eine IP-Adresse zugewiesen. Das macht den Anschluss identifizierbar. Allerdings ändern sich die IP-Adressen ständig und sind einem Anschluss nur eine bestimmte Zeit zugewiesen – dies erschwert bei Straftaten die Verfolgbarkeit.
Was sieht der Gesetzentwurf der Justizministerin vor?
Internetanbieter sollen verpflichtet werden, die IP-Adressen sowie eine „eindeutige Kennung des Anschlusses“, das „Datum und die sekundengenaue Uhrzeit von Beginn und Ende der Zuweisung der öffentlichen Internetprotokoll-Adressen“ sowie weitere Daten für mindestens drei Monate zu speichern. Bisher sichern die Anbieter die IP-Adressen nur freiwillig und nur maximal sieben Tage.
Was erhofft sich Hubig von dem Gesetz?
„Bei Kinderpornografie, Online-Betrug und strafbarem Hass im Netz gilt bisher: Täter kommen viel zu oft davon. Das wollen wir ändern“, sagte die SPD-Politikerin der „Bild am Sonntag“. Die IP-Adressen-Speicherung könne den Ermittlern entscheidend helfen: „Sie sorgt dafür, dass digitale Spuren auch später noch verfolgt werden können, wenn das für die Aufklärung einer Straftat erforderlich ist.“
Welche Argumente werden gegen den Gesetzentwurf vorgebracht?
An der Hubig-Vorlage gibt es breite Kritik. Im Parlament kommt sie von Grünen, FDP, Linken und AfD. Die Grünen etwa halten die Pläne für rechtswidrig. „Union und SPD planen offenkundig den Wiedereinstieg in die anlasslose Massenüberwachung im Internet“, sagte Helge Limburg, rechtspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, dem „Stern“. Alle bisherigen Versuche, eine anlasslose flächendeckende Vorratsdatenspeicherung einzuführen, seien sowohl vom Bundesverfassungsgericht als auch vom Europäischen Gerichtshof gekippt worden.
Auch der Chaos Computer Club hält es für „unangemessen, alle Menschen unter Generalverdacht zu stellen“. Zudem bleibe „fraglich, ob das Sammeln derart sensibler Informationen den erwarteten (und bislang nicht belegten) Nutzen rechtfertigt“.
Wer unterstützt den Vorschlag?
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßte den Gesetzentwurf, hält die drei Monate für die Speicherung aber für zu kurz. „Insgesamt bleibt festzustellen, dass die dreimonatige Speicherfrist ein Schritt ist, aber oftmals im Rahmen von umfangreichen Ermittlungen bei Straftaten und somit längeren Verfahren durchaus nicht ausreichend sein kann“, sagte Andreas Roßkopf von der GdP den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Kerstin Claus, die Bundesbeauftragte gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, sagte: „Gerade wenn Ermittlungsbehörden Hinweise auf neues, bisher unbekanntes Material haben, kann über IP-Adressen der genutzte Rechner identifiziert werden.“ So könnten Pädokriminelle gestoppt und gefährdete Kinder aus Missbrauchskonstellationen befreit werden.