Emotionslos auf Todesnachricht reagiert

Einem Gastwirt aus Heslach wird am Landgericht vorgeworfen, seine Partnerin getötet zu haben. Bei der Polizei soll er sich in Widersprüche verstrickt haben.

Emotionslos auf Todesnachricht reagiert

Verteidiger Michael Lepp im Gespräch mit seinem Mandanten und einem Dolmetscher (von links)

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - Rund 500 Mal soll ein 47 Jahre alter Gastwirt im vergangenen Jahr von Mitte April bis Ende Juni mit seiner Freundin telefoniert haben. Quasi täglich schickte sich das Paar damals über Tiktok lustige Nachrichten. In den Morgenstunden des 7. Juli 2024 brach der Kontakt jedoch schlagartig ab. Nach einem Gespräch, das exakt 16 Sekunden gedauert hat. Es ist wohl der letzte Anruf im Leben der 48-Jährigen.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Mann seine Partnerin in den darauffolgenden Stunden im Streit getötet und im gemeinsamen Wohnhaus in Stuttgart-Heslach eingemauert hat. Die größtenteils verweste Leiche wurde erst Monate später entdeckt. Aufgrund des Zustands wird die Todesursache wohl nie geklärt werden. Ein Indiz ist ein Küchenmesser, das bei der toten Frau gefunden wurde. Der 47-Jährige muss sich seit Anfang Mai wegen Totschlags vor dem Landgericht Stuttgart verantworten. Beim Prozessauftakt beteuerte er seine Unschuld, ansonsten schwieg der Beschuldigte auf Anraten seines Verteidigers im weiteren Lauf der Verhandlung.

Die Leiche sei platziert worden, um es ihm in die Schuhe zu schieben

Geäußert hat er sich aber bereits nach seiner vorläufigen Festnahme. Bei den polizeilichen Befragungen habe er nicht nur auf rechtlichen Beistand verzichtet, sondern sich auch „immer wieder in Widersprüche verwickelt“, betonte ein Kriminaloberkommissar im Zeugenstand. Außerdem habe er auf die Todesnachricht – nach eindeutiger Identifizierung der Frau – „desinteressiert und emotionslos reagiert“, so die Einschätzung des Beamten. Zusätzlich habe er zwei Tatverdächtige genannt. Sie sollen die Leiche in dem Wohnhaus platziert haben, um ihm das Tötungsdelikt in die Schuhe zu schieben, so die Angaben des Angeklagten.

Dagegen spricht jedoch, dass der Beschuldigte in einem der ersten Verhöre behauptet haben soll, dass er seine Partnerin noch im vergangenen September gesehen habe. Als die Ermittler ihm in einer späteren Befragung vorhielten, dass die Frau zu diesem Zeitpunkt längst verstorben war, soll er das letzte Treffen zunächst in den August und schließlich in den Juli vorverlegt haben. „Wenn er gemerkt hat, dass seine Angaben nicht stimmen, hat er sie immer wieder angepasst.“

Ungereimtheiten kamen auch bei der Frage auf, warum der gemeinsame Chat auf seinem Mobiltelefon, bis auf eine Systemnachricht, leer sei. Selbstlöschende Whatsapp-Nachrichten sollen das gewesen sein, so seine Begründung. „Diese Einstellung war jedoch nicht aktiviert“, sagte der Polizeibeamte. Auch mehrere Telefonate, die der 47-Jährige mit seiner Freundin weit nach ihrem Verschwinden über die App geführt haben will, waren in der Liste der Anrufe nicht mehr zu finden.

Weitere Aufschlüsse sollte das Handy des Opfers liefern. Es war jedoch zu sehr beschädigt. Selbst die Spezialisten des Landeskriminalamts Baden-Württemberg konnten darauf keine Daten mehr auslesen.

Schon vor seiner Festnahme war das Verhalten des Angeklagten auffällig. Eine Vermisstenmeldung hat er im Gegensatz zu Freunden und Verwandten nicht aufgegeben. Als er in der Kneipe nach ihrem Aufenthaltsort gefragt wurde, soll er behauptet haben, sie sei verreist gewesen. Letztlich wurden ihr Reisepass und ihr Personalausweis jedoch in der Wirtschaft hinter der Abdeckung einer Dunstabzugshaube entdeckt.

Es gab mehrere Überweisungen mit gefälschten Unterschriften

Dass ein Handwerker vor dem Mauerwerk, hinter dem die Tote versteckt war, in seinem Auftrag eine weitere Wand eingezogen haben soll, belastet den Angeklagten ebenfalls schwer. Gründe waren offenbar Würmer und der Verwesungsgeruch. Vieles spricht auch dafür, dass der 47-Jährige nach dem Ableben seiner Partnerin ihr Konto leer geräumt hat. Noch im Juli und im August wurden mehrere Überweisungen mit gefälschten Unterschriften getätigt. Außerdem wurde an Geldautomaten Geld abgehoben. Weil die Leiche erst Mitte Oktober gefunden wurde, hatte das Kreditinstitut die Aufnahmen bereits gelöscht. Die Bankkarte der Frau konnte jedoch in der Kneipe sichergestellt werden.

Der Prozess biegt auf die Zielgerade ein. Am Mittwoch, 25. Juni, sollen die Plädoyers folgen, einen Tag darauf wird wohl das Urteil verkündet. Trotz seines regelmäßigen Alkohol- und Drogenkonsums ist der Angeklagte aus Sicht eines Sachverständigen voll schuldfähig. Wegen Totschlags droht dem Mann eine Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren. Kommt das Gericht zu dem Schluss, dass ein besonders schwerer Fall vorliegt, ist eine lebenslange Freiheitsstrafe möglich.