Glückstrainerin

Finanzbeamte lernen Wege zum Glück

Wie ein Workshop-Angebot bei der Oberfinanzdirektion Baden-Württemberg das Thema Glück ernst nimmt – und warum es Schulen im Land bei dessen Vermittlung schwerer haben.

Finanzbeamte lernen Wege zum Glück

Die Glückstrainerin Myriam Meier

Von Kai Holoch

Glück und Verwaltung – für viele klingt das nach einem Widerspruch. Nicht so für Bernd Kraft, den Präsidenten der Oberfinanzdirektion Baden-Württemberg. Er hat das Thema bewusst auf die Agenda gesetzt – und dafür die Glückstrainerin Myriam Meier engagiert: „Ich möchte, dass sich stabile, konstruktive und wertschätzende Arbeitsbeziehungen entwickeln, und dass meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zufrieden und im Idealfall glücklich zur Arbeit gehen“, erklärt Kraft. Denn: „Zufriedene Beschäftigte leisten bessere Arbeit.“

Was als Impuls begann, ist längst mehr als ein einmaliger Vortrag: Fünf Workshops hat Myriam Meier inzwischen bei der Oberfinanzdirektion gehalten – zu Themen wie psychologischem Wohlbefinden, altersgemischten Teams oder achtsame Kommunikation. Hinzu kam ein zweitägiges Intensivseminar für Lehrkräfte im Bildungszentrum, das für die Ausbildung des mittleren Dienstes zuständig ist. Auch das Finanzministerium setzt mittlerweile auf Meiers Glücks-Ansatz.

Glück auf dem Stundenplan

Ganz wichtig: es geht dabei nicht um oberflächliches Wohlfühlen, sondern um fundierte Konzepte aus der positiven Psychologie: Achtsamkeit, Resilienz, Wertearbeit. Kraft betont: „Myriam Meier kann komplexe Themen verständlich vermitteln – die Resonanz ist überwältigend.“

Während die Finanzverwaltung das Thema also mit Begeisterung aufnimmt, tut sich das Kultusministerium noch immer schwer, das Schulfach „Glück“ in den Bildungsplänen zu verankern. Zwar heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums: „Grundsätzlich halten wir die Inhalte des Fachs Glück für überaus wert- und sinnvoll.“ Doch konkrete Förderung gibt es kaum.

Kultusministerium weist auf beschränkte Stundenzahl hin

Das Ministerium argumentiert, Aspekte wie Achtsamkeit, Sinnsuche oder Resilienz seien bereits in bestehenden Fächern wie Ethik, Religion oder Biologie enthalten. Zudem sei es nicht realistisch, jedes gesellschaftlich relevante Thema als eigenes Fach einzuführen – etwa aufgrund der begrenzten Stundenzahl und bereits laufender Reformen wie der Einführung des Fachs Informatik und Medienbildung.

Außerdem stärke das Kultusministerium die Demokratiebildung in Form eines Innovationselements. Auch dafür brauche man Schulzeit. Die Ministeriumssprecherin: „Am Ende muss eine Gesamtstundenzahl stehen, die dem Wohlbefinden und der mentalen Gesundheit Rechnung trägt.“

Was ist das Schulfach Glück überhaupt?

Weiterbildungen zur Glückslehrkraft werden nicht staatlich finanziert. Die meisten Teilnehmenden müssen die Kosten, rund 2400 Euro, selber tragen. Myriam Meier bedauert das sehr: „Es kann doch nicht sein, dass Persönlichkeitsbildung vom Geldbeutel der Lehrkräfte abhängt – zudem die Weiterbildung eine Investition in die Lehrergesundheit darstellt und so auch positive Effekte angesichts des Lehrermangels hat.“

Myriam Meier, ausgebildet am Fritz-Schubert-Institut in Heidelberg, unterrichtet das Fach Glück seit Jahren – unter anderem an der Astrid-Lindgren-Schule in Erdmannhausen (Kreis Ludwigsburg). Hier lernen schon Erstklässler, mit Misserfolgen umzugehen, ihre Stärken zu entdecken und im Team zu arbeiten. Ziel ist es, das psychologische Wohlbefinden der Kinder zu stärken – ein Konzept, das sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützt.

Glück ist nicht Zufall, sondern lässt sich aktiv mitgestalten

„Es geht um Identitätsbildung, um Selbstwirksamkeit, um den Aufbau emotionaler Kompetenzen“, erklärt Meier. Die Kinder sollen erfahren, dass Glück nicht immer nur ein Zufall ist, sondern aktiv mitgestaltet werden kann. „Natürlich kann man Zufallsglück nicht lernen“, sagt Meier. „Aber man kann lernen, mit den Herausforderungen des Lebens besser umzugehen.“

Dass das Kultusministerium Glücksinhalte lieber auf viele Fächer verteilt sieht, würde sie sich anders wünschen: „Man würde doch auch nicht erwarten, dass die Vermittlung von Mathematik einfach nebenbei im Unterricht anderer Fächer stattfindet.“ Persönlichkeitsentwicklung brauche Zeit, Raum und ein strukturiertes Konzept. „Was uns in Zukunft trägt, wenn KI viel übernimmt, sind doch unsere Persönlichkeiten und sozialen Qualitäten.“

In Bayern heiß Glück Live Skills

In Bayern ist man in Sachen Glück schon ein Stück weiter: Dort setzt das Kultusministerium Live Skills oder Persönliche Entwicklung – so heißt das Glückfach dort – in ausgewählten Vollzeitklassen als reguläres Unterrichtsfach oder auch als Wahlfach um. Als Modellregion hat die Oberpfalz maßgeblich für die nun anstehende bayernweite Umsetzung beigetragen.

Life Skills wird ab dem kommenden Schuljahr an den Wirtschaftsschulen als reguläres Wahlmodul in der neunten Jahrgangsstufe eingeführt. Das Kultusministerium hat einen Lehrplan dazu entworfen und eine entsprechende Qualifizierung der unterrichtenden Lehrkräfte angestoßen und organisiert.

Der Ausbildungsweg zum „Glück“

Unterrichtsfach Prinzipiell ist das Fach „Glück“ nicht auf Grundschulen beschränkt, sondern kann für Schülerinnen und Schüler jeder Altersgruppe angeboten werden. Die Weiterbildung zur Glückslehrerin erstreckt sich über ein Jahr, aufgeteilt in zwölf Module. Mit dem Abschlusszertifikat „Glückslehrer“ des Fritz-Schubert-Instituts erwirbt man die Lehrbefähigung für das Schulfach „Glück“.

KontaktMyriam Meier, die Inhaberin von Glücksschritte, veranstaltet ihre Seminare in Stuttgart, München und Erfurt. Termine finden sich unter https://gluecks-schritte.de/weiterbildung/.