Holzernte ist in Zeiten von Trockenjahren und Käferbefall keine Selbstverständlichkeit mehr, auch wenn die aktuellen Niederschläge und milden bis kühlen Temperaturen für den Wald dieses Jahr eine Verschnaufpause bedeuten. Archivfoto. J. Fiedler
Von Christine Schick
Murrhardt. An den Plänen und ihrer Überprüfung lässt sich ablesen, dass der Wald immer noch ein Wirtschaftsfaktor ist. Allerdings wurde spätestens mit den Hitze- und Trockenjahren 2018/2019 und den massiven Schäden klar, dass dieser durch die klimatischen Veränderungen infrage steht beziehungsweise gefährdet ist. Für den Stadtwald gilt aktuell ein Zehnjahresplan (2015 bis 2024). Um beurteilen zu können, ob die gesteckten Ziele noch richtig sind, hat die Forstdirektion Freiburg ihn im vergangenen Herbst einer Zwischenprüfung unterzogen. Die Ergebnisse hat Kreisforstamtsleiterin Dagmar Wulfes dem Gemeinderat gemeinsam mit den Revierförstern Dieter Seitz und Andreas Schlär bei einem gemeinsamen Rundgang erläutert.
Die konkreten Änderungen und Ziele standen bei der jüngsten Gemeinderatssitzung nun noch mal zum Beschluss auf der Tagesordnung. Bürgermeister Armin Mößner rief die wichtigen Punkte in Erinnerung. Wenn wegen Trockenheit, Käferbefall oder Unwettern ein hoher Einschlag notwendig wird, stehen Forst und Stadt vor dem Problem, eigentlich nur noch Schadholz aufarbeiten zu können. Um aber den Einschlag nicht komplett einstellen zu müssen, laute die Empfehlung, den Hiebsatz von 6000 auf 7000 Festmeter pro Jahr bis 2024 zu erhöhen. Dies entspricht einer Gesamtmenge von 80000 Festmetern für die zehn Jahre – ursprünglich waren 69000 Festmeter geplant. Mößner unterstrich, dass dabei keine großflächigen Kahlschläge gemeint seien, man bei Engständen sehr gezielt und differenziert vorgehen müsse und eine Durchforstung unter schonenden, ökologischen Gesichtspunkten vorgenommen werden solle. Ein weiteres Argument für einen erhöhten Hiebsatz ist, bei gefährdeten Altbeständen schon im Vorfeld reagieren und ernten zu können.
Zwar haben die niedrigeren Temperaturen und der Niederschlag dem Wald dieses Jahr gutgetan, aber die Experten gehen davon aus, dass die Klimaveränderungen rasch voranschreiten werden. Für die Forstleute bedeutet dies, dass das Risiko für die Bäume, sei es durch Trockenheit, Käfer oder Unwetter, auch in den Altbeständen steigt. Deshalb empfiehlt der Prüfbericht, die Nadelholzbestände schneller abzuernten und durch neue Bäume zu ersetzen, als ursprünglich geplant war. Eine Rolle spielt dabei auch der drohende Wertverlust. Als weiteres Argument gelten die wieder sehr guten Holzmarktpreise.
Was die kommenden Baumarten anbelangt, die dann ihren Platz auf den Standorten der geernteten beziehungsweise herausgenommenen Bäume finden sollen, so kommt für die Fachleute als weitere Nadelbaumart die Douglasie infrage, die sich einem heißeren und trockeneren Klima gegenüber robuster zeigt und vergleichsweise schnell wächst. Ebenso denkbar ist, die Laubbaumarten Spitzahorn, Roteiche und Eiche zu berücksichtigen.
Die Fraktionssprecher signalisierten Zustimmung zum geplanten Vorgehen. Susanne Barreuther (CDU/FWV) unterstrich wie alle anderen, dass der gemeinsame Gang durch den Forst mit den Erläuterungen der Fachleute spannend gewesen sei. Auch wenn es angesichts des vielen Regens ein gutes Jahr für den Wald gewesen sei, könne man die Klimaveränderung nicht beschönigen. Insofern hält Barreuther die Eingriffe für notwendig und unterstrich, dass sie schonend und keine großflächigen Abholzungen erfolgen sollten. Ähnlich sieht das Brigitte Kübler (UL). Sie hält es für richtig, steuernd einzugreifen, gewährleistet bleiben müsse aber immer die generelle Nachhaltigkeit der Maßnahmen. Laut Armin Mößner ist dies auch gegeben, der Holzvorrat habe sich seit dem Jahr 1980 nicht grundsätzlich verändert. Elisabeth Zenker (SPD) ergänzte, dass die Bevölkerung durchaus sensibel auf großflächigere Abholzungen reagiere. Sie erinnere sich noch gut an solch einen Eingriff in den 1980er-Jahren, nach dem ein großer Aufschrei durch Murrhardt gegangen sei. Martin Stierand (MDAL/Die Grünen) machte deutlich, dass er hinter den Planungen steht. Er vertraue darauf, dass das Team – Kreisforstamt und die beiden Revierförster – bei der Umsetzung entsprechend behutsam vorgeht.
Mit einstimmigem Beschluss segnete der Gemeinderat ab, den jährlichen Hiebsatz auf 7000 Festmeter zu erhöhen.
Im Rahmen der Zwischenprüfung wurde eine Erhöhung des Einschlags auf 83500 Festmeter für möglich erachtet. Das Kreisforstamt möchte in Abstimmung mit der Verwaltung – wie auch beim Waldbegang thematisiert – dieses Kontingent aber nicht vollständig ausschöpfen.
Auf Basis des aktuellen Holzpreises von 75 Euro pro Festmeter als gemittelter Betrag über alle Sortimente rechnet man mit einer Verbesserung des Ergebnisses um 40000 bis 50000 Euro pro Jahr.
Im Bericht zur Zwischenprüfung heißt es: Ein Blick auf die Klimaprognose 2.0 der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) zeigt, dass die Fichte in der nächsten Generation sehr ausfallgefährdet ist. Die Tanne ist in manchen Beständen (Winterhänge) noch möglich, sollte aber in anderen Bereichen künftig nur noch geringe Anteile im Folgebestand ausweisen. Auch die Buche ist nicht mehr großflächig geeignet. Um großflächigen, nicht kalkulierbaren Ausfällen vorzubeugen, sollte daher in der Folgegeneration eine breite Baumartenmischung angestrebt werden.
In der Prüfung wird ebenfalls deutlich, dass auf wärmetolerantere Bäume wie Douglasie, Eiche und Roteiche gesetzt wird. Da Fichte, Tanne und Buche von Trockenheit und Käferbefall besonders betroffen sind, sollte laut der Fachleute auch der Produktionszeitraum und Zieldurchmesser gesenkt, sprich Bäume früher beziehungsweise jünger geerntet werden, um größeren Ausfällen zur Unzeit – also in Phasen schlechter Holzpreise – vorzubeugen.