Der US-Plan für die Ukraine wird von der Ukraine und ihren europäischen Partnern überarbeitet. Er zielte auf ein rasches Ende der Kämpfe, nicht auf nachhaltigen Frieden.
Mal lobt US-Präsident Donald Trump (li.) den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, mal attackiert er ihn.
Von dpa
Auch in Washington sorgte Trumps Vorstoß für Verwirrung, weil er zunächst als „Wunschliste der Russen“ gelesen wurde, ehe Außenminister Marco Rubio dementierte. Selbst bei Republikanern stieß der Ukraine-Plan auf heftige Kritik. Der Abgeordnete Don Bacon aus Nebraska sprach von „haarsträubendem Unsinn“. Der Plan schade den USA, untergrabe ihre Bündnisse und ermutige die Gegner, befand auch der ehemalige Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell.
Selbst im Weißen Haus hätten viele Abteilungen gerätselt, was es mit diesem Plan auf sich habe, schrieb die Washington Post unter Berufung auf nicht genannte Beamte. Dabei folgt Trumps Initiative denselben machtpolitischen Grundmustern und taktischen Kalkülen, die er auch schon im Gaza-Konflikt anwandte. Dem Wall Street Journal sagte der Ex-Diplomat Aaron David Miller, Trumps 28-Punkte-Plan für die Ukraine funktioniere genau wie sein 20-Punkte-Plan für Gaza nach dem Motto: „Friss oder stirb“. Es gehe Trump darum, die Kämpfe schnell zu beenden, „nicht aber den Krieg“. Tatsächlich offenbart die Analyse bemerkenswerte Parallelen und Gemeinsamkeiten.
Überrumpelung statt Vorbereitung
Während Friedenspläne in der Regel erst nach langen Konsultationen vorgelegt werden, verkehrt Trump dieses diplomatische Prinzip ins Gegenteil. Sowohl in Gaza als auch in der Ukraine überrumpelte Der US-Präsident die beteiligten Parteien mit einem fertig geschnürten Paket. Die Palästinenser und die Ukrainer gerieten damit in die politische Defensive.
Ausschluss Betroffener und Verbündeter
Weder beim Gaza-Deal noch beim Vorstoß in der Ukraine wurden Betroffene und Verbündete konsultiert. Die Hamas blieb komplett außen vor, Verbündete wie Ägypten, Jordanien oder Katar wurden nicht vorab informiert. In der Ukraine wiederholt sich das Szenario: Wolodymyr Selenskyj wurde im Dunkeln gelassen, EU und Nato wurden marginalisiert. Trump setzt auf bilaterale statt auf multilaterale Prozesse. Damit will er sich den Status als ausschließlicher „Dealmaker“ sichern.
Ultimatum und Drohkulisse
Ultimaten als Druckmittel und Gesten der Einschüchterung In beiden Konflikten drohte Trump mit Ultimaten und kurzen Reaktionsfristen: Die Hamas forderte er auf, binnen 48 Stunden das grundsätzliche Einvernehmen über den Waffenstillstand zu erklären, der Ukraine verlangt er einen positiven Entscheid bis zum kommenden Donnerstag ab. Der Hamas drohte er andernfalls „mit der Hölle“, der Ukraine mit der Fortsetzung des Krieges ohne Unterstützung der USA. Trump versucht auf diese Weise, den Moment für sich zu nutzen.
Parteinahme für den Stärkeren
Beide Friedenspläne zeichnen sich durch Unausgewogenheit und einseitige Begünstigung aus. Trump versucht stets, die mächtigeren Akteure zu stärken und den schwächeren Beteiligten die entscheidenden Zugeständnisse abzuverlangen. Für Trump zählt nicht das Völkerrecht, sondern das Recht des Stärkeren. Er will Frieden nicht verhandeln, sondern diktieren.
Vage Sicherheitsversprechen
Weder für Gaza, noch für die Ukraine bot Trump eine verbindliche Sicherheitsarchitektur an, die die schwächeren Konfliktparteien schützt und einem erneuten Ausbruch der Gewalt vorbeugt. Trump misstraut internationalen Institutionen und lehnt längerfristige Verpflichtungen für die USA ab. Indem er sich klaren Sicherheitsgarantien verweigert, friert er Konflikte lediglich ein, ohne ein solides Fundament für einen Frieden zu schaffen.
Friedenspläne als Geschäftsmodell
In beiden Krisenherden sieht Trump wirtschaftliche Perspektiven und womöglich persönliche Gewinnaussichten. Trump möchte sich Mitsprache bei Wiederaufbau und Investitionen sichern. In der Ukraine möchte Trump Mittel aus dem eingefrorenen Vermögen der russischen Zentralbank zur Kompensation der politischen Schlüsselrolle der USA heranziehen. Die Europäer sollten die USA für ihr Engagement beim Wiederaufbau de facto bezahlen. Für die zentralen wirtschaftlichen Motive im Kalkül Trumps stehen auch seine Unterhändler Steve Witkoff und Jared Kushner. Beide sind keine ausgebildeten Diplomaten mit historischen und politischen Kenntnissen in den jeweiligen Krisenregionen. Beide sind enge Vertraute oder Verwandte Trumps und wie er selbst Immobilien-Milliardäre, die ihre eigenen Geschäftsinteressen verfolgen.
Schneller Erfolg
Insgesamt zielen Trumps sogenannte Friedenspläne nicht auf dauerhafte Friedenslösungen ab, die allen Beteiligten Kompromisse abfordern und ihren legitimen Interessen gerecht werden. Trumps unabgestimmtes Vorpreschen gilt dem schnellen Erfolg in seinem Namen. Er hofft nach wie vor auf den Friedensnobelpreis. Dabei muss die anhaltende Unsicherheit in Gaza für die Ukraine ein Warnsignal sein: Alle konfliktträchtigen Punkte sind dort ungelöst. Von einer dauerhaften Befriedung ist die Region so weit entfernt wie vor Trumps Initiative.