Fröhliches Gruseln in der Innenstadt

55 Gruppen gestalten den Murrhardter Nachtumzug  –  Durch die vielen feiernden Zuschauer ist kein Durchkommen mehr

Die hässlichsten Hexen, die schaurigsten Dämonen, die hübschesten Gardemädchen und die stattlichsten Musikanten weit und breit hatten sich am Samstag in Murrhardts beschaulicher Altstadt zum 12. Narrenumzug zusammengefunden. Sie verwandelten den Bereich zwischen Klosterhof und Nägelestraße in eine Partymeile.

Fröhliches Gruseln in der Innenstadt

Nicht nur auf der Strecke war etwas los, die Zuschauer machten ordentlich Stimmung.

Von Wolfgang Gleich

MURRHARDT. Bereits lange bevor sich die närrische Marschkolonne von der Seegasse aus in Bewegung setzte, kochte rund um den Marktplatz die Stimmung über. Während sich die am Umzug beteiligten Gruppen im Klosterhof zusammenfanden, ballten sich die Murrhardter und ihre Gäste entlang der Umzugsstrecke. Unter die Zuschauer mischten sich verwegene Piraten und Matrosen, neckische Teufelchen, Hexen, Trude, Perchte, Cowboys und –girls, kleine mexikanische Charros, Prinzessinnen, Elfen, Eisbären, Clowns, selbst Superman und Wonder Woman hatten den Weg in die Walterichstadt gefunden. Sie alle ließen es sich miteinander bei Essen und Trinken gut gehen, genossen die Stimmungsmusik, die vom Marktplatz her durch die Gassen schallte und ließen sich ihre gute Laune auch nicht durch den einsetzenden Nieselregen vergällen.

Schlag 19.11 Uhr, als aus den Lautsprecherboxen auf dem Marktplatz Neil Diamonds „Sweet Caroline“ dröhnte, setzte sich der Narrenzug in die Nacht hinein in Bewegung. Angeführt wurde er von einem Einsatzfahrzeug des Roten Kreuzes, das im Schritttempo und mit Blaulicht für freie Bahn sorgte. Bereits an der Kreuzung Hauptstraße, Stern- und Rosengasse war schier kein Durchkommen, so gut wie die ganze Straßenbreite war von den Zuschauern verstellt.

Von den Fildern und der Achalm reisten Gruppen an

Den Narren voran marschierten die Gastgeber: die Narreneltern der Murreder Henderwäldler in ihrem bodenständigen Häs wurden umrahmt vom Feuerbarthl, Wasserfratz, Tannenzapfenhurgler, Nachtkrabb, Hotz, Hexenturmweible, Trachtenträgern sowie Tröpfle und Flämmle, kurzum, ein schaurig-schöner Fasnetspotpourrie. Ihnen auf dem Fuße folgten die Gässlesfetzer aus Murr, die mit ihren gekonnt schrägen Tönen sowohl den Narren, wie auch dem Publikum musikalisch einheizten. Der Sulzbacher Carnevalsverein trug nicht nur einen Hauch rheinisches Flair in den ansonsten alemannisch geprägten Umzug, sondern wusste auch mit seiner Lightshow und dem Charme seiner Tänzerinnen zu begeistern.

Die Rechaspitzer der Narrenzunft Althütte statteten nicht einfach nur einen Gegenbesuch dafür ab, dass die Henderwäldler vor sieben Tagen deren Narrenwochenende gehörig aufgemischt hatten, sondern genossen ganz offensichtlich ihr Bad in der Menge, auch wenn dem einen oder anderen Hästräger anzumerken war, dass die Strapazen der heuer doch sehr langen Fasnetskampagne nicht spurlos an ihm vorübergegangen waren. Für wohliges Gruseln sorgten die nächsten drei Gruppen: die Sai-Soicher aus Bonlanden, die Körschtaler Höllenwächter und die Schwobahexa aus Bad Cannstatt. Da allgemein bekannt ist, dass Hexen und Teufel nicht nur den Zuschauern die Gesichter anmalen und Schuhbändel, sondern auch Kinder und hübsche Mädchen stehlen, war so mancher kleine Zuschauer am Streckenrand dankbar dafür, dass er sich an der Hand der Mutter oder des Vaters sicher fühlen oder an eine starke Schulter anlehnen konnte. Nicht nur musikalisch, sondern auch mit ihren Masken, einen Kontrapunkt setzten die Musiker von XS-Excess aus Backnang. Aus den begeisterten Zuschauerreihen heraus donnerte ihnen ein Sonderapplaus entgegen, als sie unter ihrem Vereinslogo, einem pinkfarbenen Hasenschädel, aufmarschierten. Eigenwillige Wege beschritten auch die Guggenmusiker der Esslinger Burgfäger in ihren bunten Combat Dresses und einem Totenschädel als Embleme.

Ein Heimspiel gaben an diesem Abend die Hästräger der Narrenzunft Auenwald aus der Nachbarschaft und – sowieso – die Löschkids der Murrhardter Feuerwehr, die Murrhardter Stadtkapelle sowie der VFR Murrhardt, der bei diesem Treiben selbstverständlich auch nicht fehlen durfte. Als alte Bekannte entpuppten sich auch die Sumpfgoischder, die aus den Schwaikheimer Zipfelbach-Auen den Weg nach Murrhardt gefunden hatten, sowie die, alle Blicke auf sich ziehende, Tanzgarde des Unterweissacher Carnevals Clubs. Insgesamt 55 Gruppen mit an die 1200 Teilnehmern reihten sich an diesem Abend zu einem närrischen Defilee aneinander, darunter Gäste, die wie die Häbles-Wetzer aus der Achalmgemeinde Eningen und die Kraichgauhexen aus Eppingen auch eine weite Anreise nicht gescheut hatten, um in Murrhardt mit dabei zu sein. Die Zuschauer wussten gar nicht, wo überall hinschauen bei all der bunten Vielfalt an Marken und Larven. Und nachdem das Munero Rallye Team als letzte Gruppe mit einem Feuerwehr-Oldtimer, mit Blaulicht und Martinshorn den Narrenaufmarsch beschlossen hatte, war der Abend noch lange nicht vorbei. Im Gegenteil: Zuschauer und Hästräger mischten sich fröhlich untereinander; in der Festhalle sowie in einem großen Barzelt nebenan war Party bis zum Abwinken angesagt…

Fröhliches Gruseln in der Innenstadt

Gruselige Gestalten aller Art machten den Murrhardter Nachtumzug nicht nur für Kinder zu einem schaurig-schönen Erlebnis.Fotos: J. Fiedler