„Ich spüre im Team einen großen Willen“

Das Interview: Julian Leist weiß um die Bedeutung des heutigen Heimspiels der SG-Fußballer gegen Gießen und der weiteren Kellerduelle. Der 33-Jährige, der unter dem neuen Trainer als Abwehrchef wieder gesetzt ist, glaubt aber fest an den Ligaverbleib.

„Ich spüre im Team einen großen Willen“

Abwehrchef Julian Leist will mit seiner Routine und seiner Kopfballstärke dazu beitragen, dass Großaspach den Ligaverbleib schafft. Foto: A. Becher

Von Steffen Grün

Solange offen ist, wie mit Auf- oder Nichtaufstieg in den Oberligen verfahren wird, ist in der Regionalliga Südwest von sechs Absteigern auszugehen. Die SG ist Viertletzter – und heute kommt der FC Gießen, der mit fünf Zählern mehr den ersten Nichtabstiegsplatz belegt. Ein klassisches Sechs-Punkte-Spiel?

Es geht im Endeffekt auch nur um drei Punkte, aber dass dieses Spiel für uns eine enorme Wichtigkeit hat, steht außer Frage. Mit dem Heimvorteil im Rücken ist es an der Zeit, den ersten Dreier unter dem neuen Trainer einzufahren und einen Schritt in die richtige Richtung zu machen. Das klare Ziel ist deshalb natürlich ein Heimsieg.

Nächsten Samstag das Spiel beim VfB II, danach warten vier weitere Duelle mit Konkurrenten im Keller. Alzenau, Schott Mainz und Kassel kommen, dazu geht es zum abgeschlagenen Letzten Stadtallendorf. Müssen spätestens diese Spiele die Trendwende bringen?

In unserer Situation ist jedes Spiel wichtig, aber vor allem in den Duellen mit direkten Konkurrenten wären die Punkte natürlich Gold wert. Wir haben den Anspruch, diese Spiele für uns zu entscheiden. Der gesamte Verein zieht an einem Strang, es sind entscheidende Wochen für die SG und wir müssen an unseren maximalen Leistungsstand herankommen, um dann auch erfolgreich zu bestehen.

Seit Walter Thomae das Sagen am Spielfeldrand hat, gab’s aus vier Partien nur zwei Punkte, in der Tabelle ging es weiter runter. Ist der erhoffte Trainerwechseleffekt ausgeblieben?

Man muss auch sehen, gegen wen wir gespielt haben. Steinbach, Ulm, Freiburg – das sind die drei Topteams der Liga. Die Punkteausbeute stimmt noch nicht, aber wir nehmen die Ideen des Trainers gut an und ich bin überzeugt, dass sich auch die Ergebnisse einstellen, wenn wir weiterhin so an uns arbeiten. Es ist Feuer im Training, die Spieler kämpfen um ihre Plätze, jeder will in die Startelf – das ist ein gutes Zeichen.

Unter Walter Thomaes Vorgänger Hans-Jürgen Boysen waren Sie zeitweise Bankdrücker, nun sind Sie wieder Stammkraft. Sehen Sie sich als Gewinner des Trainerwechsels?

Nein, so sehe ich es nicht. Was war, darüber will ich gar nicht groß reden, ich will nur nach vorne schauen. Beim neuen Trainer habe ich einen ganz ordentlichen Stand. Dieses Vertrauen will und muss ich mit guten Leistungen zurückzahlen.

Viele Jahre galt die Defensive mit Ihnen als Abwehrchef als Aspachs Prunkstück. Warum ist es mittlerweile ein so wackliges Gebilde?

Es ist immer von Vorteil, wenn man eine eingespielte Abwehr hat, die mal 10, 15 Spiele zusammenspielt. Wir haben dagegen gerade in der Abwehr oft rotiert, was aber natürlich auch immer seine Gründe hatte. Daher hat es einfach nicht so funktioniert, wie es in der Vergangenheit vielleicht funktioniert hat.

Vorne hängt viel, vielleicht zu viel, an Marvin Cuni, der 15 von 32 SG-Toren erzielt hat. Was muss passieren, dass die Mannschaft insgesamt mehr Durchschlagskraft entwickelt?

Wir haben gute Stürmer, und wir hatten auch in jedem Spiel unsere Torchancen. Es scheint in dieser Runde aber ein höheres Gesetz zu sein, dass die Dinger zu oft nicht reingehen. Wir müssen positiv bleiben, damit der Knoten platzt und die Tore sich auf mehrere Spieler verteilen, dann wären wir schwerer auszurechnen. Ich schließe mich mit ein, ich habe auch noch keines gemacht. Es hat auch etwas mit Selbstvertrauen zu tun und ist Kopfsache, denn Stürmer, die schon ein paar Tore gemacht haben, stehen in bestimmten Situationen halt auch einfach richtig.

Sind auch die fehlenden Emotionen durch die Spiele ohne Zuschauer ein Problem?

Das geht jetzt zwar schon länger so, aber natürlich fehlt uns das. Der Fußball lebt von den Zuschauern. Sie pushen einen, deshalb sehe ich darin auch einen Faktor. Und auch ich würde mich natürlich riesig freuen, wenn unsere Fans uns endlich wieder live im Stadion anfeuern könnten.

14 Spiele in knapp zweieinhalb Monaten sind es noch, das Saisonfinale ist für den 12. Juni terminiert. Ist das Team in der Verfassung, dieses stressige Programm zu bewältigen?

Ja. Unsere verletzten Spieler kehren nun nach und nach zurück, wir haben einen breiten Kader. Die 14 Spiele gehen jetzt ruck, zuck vorbei, das sind entscheidende Wochen. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass wir das bewältigen können.

Sie kamen 2014 nach Aspach und machten bis zum Abstieg letzten Sommer sechs Drittliga-Runden mit. Wie groß ist Ihre Angst, mit der SG in die Oberliga durchgereicht zu werden?

Angst ist ein schlechter Ratgeber. Ich bin grundsätzlich ein positiv denkender Typ und spüre im Team einen großen Willen. Deshalb schaue ich nach vorne und bin überzeugt, dass wir das meistern werden.

Im März wurden Sie 33 Jahre alt. Beenden Sie ihre Karriere in Großaspach oder liebäugeln Sie noch mit einer neuen Herausforderung?

Ich habe hier einen Vertrag für eine weitere Saison. Fußball ist schnelllebig, aber ich fühle mich noch fit genug und hoffe, dass ich auch verletzungsfrei bleibe. Der Rest steht erst einmal in den Sternen. Ich habe mir noch keinen Zeitpunkt für das Karriereende in den Kopf gesetzt.

Würden Sie im Fall der Fälle, dem Worst Case, den Weg in die Oberliga mitgehen?

So weit denke ich erst einmal gar nicht. Wir schaffen das, dann muss ich mich damit überhaupt nicht beschäftigen.

SG will ans Ulm-Spiel anknüpfen

Das Regionalliga-Heimspiel der SG Sonnenhof Großaspach gegen den FC Gießen wird heute um 14 Uhr im Stadion im Fautenhau angepfiffen. Der Tabellen-19. und damit der Viertletzte um Trainer Walter Thomae erwartet den 16. um Coach Daniyel Cimen – viel mehr Abstiegskampf geht kaum.

Beim Tabellendritten und Aufstiegsanwärter SSV Ulm wäre für Großaspach zuletzt sogar mehr als ein 1:1 drin gewesen. Dass sein Team dem Favoriten so beherzt Paroli bot, stimmte Thomae zufrieden. „Vor allem in der ersten Halbzeit haben wir das wirklich gut umgesetzt.“ Nun gelte es, auch daheim alles zu investieren, denn dann „bin ich mir sicher, dass wir Gießen schlagen können“. Bei der SG Sonnenhof fallen nur Keeper Oliver Schnitzler (Achillessehnenriss) und Mohamed Diakite (Muskelfaserriss) aus.

Wie seit Monaten dürfen auch heute keine Zuschauer ins Stadion. Erneut gibt es mit einem Tagespass für fünf Euro aber einen kommentierten Livestream, zu dem man auch über die Internetseite unserer Zeitung (www.bkz.de/sport/ sg-sonnenhof) gelangt. Hier ist auch ein Liveticker zu finden.