1440 offene Lehrerstellen im Land

„Immer mehr orientieren sich um“ – Heftige Kritik von Referendaren und Verband

Nachdem das Kultusministerium im Land 1440 offene Lehrerstellen gefunden hat, melden sich gymnasiale Referendare und junge Lehrkräfte zu Wort. Sie üben heftige Kritik.

„Immer mehr orientieren sich um“ – Heftige Kritik von Referendaren und Verband

An der Perspektivlosigkeit der frisch ausgebildeten Gymnasiallehrer ändern die gefundenen 1440 unbesetzten Stellen nichts, schrieben sie an Kultusministerin Theresa Schopper.

Von Julika Wolf

Als Reaktion auf die am Mittwoch offengelegte Panne im baden-württembergischen Kultusministerium haben sich junge Lehrkräfte und Referendare mit einem offenen Brief zu Wort gemeldet. An der Perspektivlosigkeit der frisch ausgebildeten Gymnasiallehrer ändern die gefundenen 1440 unbesetzten Stellen nichts, schrieben sie an Kultusministerin Theresa Schopper. Die sollten hauptsächlich Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) zugute kommen. Das hatte das Ministerium bestätigt.

„So entsteht der Eindruck, dass ausgebildete Gymnasiallehrkräfte nur noch intensiver auf andere Schularten verlagert werden sollen, für die sie nicht ausgebildet worden sind“, heißt es in dem Schreiben. Dadurch bestünde laut dem offenen Brief die Gefahr, dass immer mehr ausgebildete Lehrkräfte sich umorientieren, etwa an Privatschulen oder in gänzlich andere Berufsfelder gehen würden.

Perspektive für Gymnasiallehrer ist sowieso schlecht

Das verschlimmere die sowieso schon steigende Perspektivlosigkeit von ausgebildeten Gymnasiallehrkräften: Rund 1500 von ihnen stehen laut den Verfassern in Baden-Württemberg ohne feste Stelle da. „Trotz der vielfach angespannten Lage im Bildungsbereich wurden auch in diesem Jahr nur wenige hundert neue Stellen im gymnasialen Bereich besetzt“, so die Unterzeichner.

Hinzu kämen befristete Verträge, schlechter bezahlte Jobs und der Einsatz in Schulformen, in denen die Lehrkräfte nicht ausgebildet wurden. Auch Anstellungen als Krankheitsvertretung kritisieren die Verfasser als unsicher und perspektivlos.

Im Brief fordern die Lehrkräfte und Referendare mehr Verbeamtungen, bessere Bedingungen bei der Bewerbung und ein Ende der „Umleitungen an andere Schularten“. Anstatt junge, motivierte Lehrkräfte in Unsicherheit zu lassen, solle man sie integrieren. „Wir sind da. Zahlreich, ausgebildet, engagiert – aber zunehmend desillusioniert“, heißt es.

Auch die Jungen Philologen (JuPhis) Baden-Württemberg stellten sich hinter die Forderungen des offenen Briefs zur allgemeinen Perspektivlosigkeit der Gymnasiallehrer. „Unsere Nachwuchslehrkräfte haben jahrelang alles gegeben und stehen jetzt vor einer ungewissen Zukunft, obwohl an allen Ecken und Enden Lehrkräfte gebraucht werden“, sagte Stefanie Schrutz, Landesvorsitzende der JuPhis im Land.

Der Philologenverband (PhV) Baden-Württemberg zeigte sich von den gefundenen Stellen nicht überrascht. Man habe schon seit Jahren die knappe Lehrerversorgung angemahnt, sei aber ignoriert worden. „Wir haben uns schon immer über den Gegensatz zwischen gefühlter Unterversorgung in der Realität auf der einen und der angeblichen Überversorgung auf dem Papier auf der anderen Seite gewundert“, so die PhV-Landesvorsitzende Martina Scherer.