Zwei Erkrankte, einer von ihnen ist tot

In Bayern wächst die Sorge vor lebensbedrohlichem Borna-Virus

Das Borna-Virus ist selten, aber gefährlich: In Oberbayern sind zwei Männer erkrankt, einer ist bereits gestorben. Bürger haben nun viele Fragen.

In Bayern wächst die Sorge vor lebensbedrohlichem Borna-Virus

Das Borna Disease Virus 1 (BoDV-1) kommt in der Feldspitzmaus (Crocidura leucodon) vor. Wie genau das Virus auf den Menschen übergeht, ist bisher nicht geklärt.

Von Markus Brauer/dpa

Wird es bald eine Borna-Impfung geben oder einen Schnelltest? Muss ich mir Sorgen machen, wenn meine Kinder Fieber haben? Und können sie weiter draußen spielen?

Borna-Virus: Was ist geschehen?

Nach zwei Borna-Fällen im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm hat das Landratsamt im Regierungsbezirk Oberbayern jüngst in einer Informationsveranstaltung Antworten auf Fragen besorgter Anwohner gegeben. Eine Impfung und Schnelltest seien in weiter Ferne, so die Experten. Aber keinesfalls bedeute Fieber gleich eine Borna-Infektion.

In Pfaffenhofen an der Ilm war vor einigen Tagen ein Mann an den Folgen einer Infektion mit dem meist tödlichen Borna-Virus gestorben. Ein weiterer am Virus erkrankter Mann wird derzeit behandelt. Es bestehe kein Anlass zu Panik, beschwichtigt Landrat Albert Gürtner. Wichtig sei aber, dass sich die Menschen informierten und bestimmte Hygienemaßnahmen einhielten.

Borna-Virus: Kontakt mit Feldspitzmäusen meiden?

Das Borna Disease Virus 1 (BoDV-1) kommt in der Feldspitzmaus (Crocidura leucodon) vor. Wie genau das Virus auf den Menschen übertragen wird, ist bisher nicht geklärt. Die Tiere scheiden das Virus in Urin, Kot und Speichel aus. Deshalb sollte der Kontakt damit vermieden werden. Lebende oder tote Tiere sollten nicht mit bloßen Händen berührt werden.

Das solle auch Kindern unbedingt vermittelt werden, erklärt Merle Böhmer vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Erlangen.

Die Erkrankung komme selten vor, führt Böhmer weiter aus. Bisher seien 57 Erkrankungsfälle beim Menschen nachgewiesen worden. Der Schwerpunkt liege in Bayern. Die Häufung von zwei Fällen in zeitlichem Zusammenhang sei aber neu. Wo und wie genau die Betroffenen sich angesteckt hätten, sei unklar.

„Wir versuchen mit Hochdruck, das zu ermitteln“, betont Böhmer. Aber auch wegen der langen Inkubationszeit von etwa drei Monaten sei es schwierig, den genauen Ansteckungsweg zu identifizieren.

Hat das Borna-Virus Pandemie-Potenzial?

Es drohe allerdings keine neue Pandemie, konstatiert Böhmer. „Dieses Virus hat überhaupt nicht die Voraussetzungen, die es für eine Pandemie braucht. Das Virus ist sehr selten und es müssten viele Umstände erfüllt sein, damit man sich ansteckt.“ Zudem sei es nicht von Mensch zu Mensch übertragbar – ein „K.o-Kriterium“ für eine Pandemie.

Und die Expertin fügt hinzu: „Wir haben keine Hinweise, dass es eine Übertragung durch Obst oder Gemüse aus dem Garten gibt.“ Auch die heimische Katze sehen Experten nicht als Risikofaktor, selbst wenn sie Kontakt zu Mäusen hat.

Welche Schutzmaßnahmen gibt es gegen das Borna-Virus?

Es gibt die Möglichkeit einer antiviralen sowie einer immunsupprimierenden Therapie. Letztlich ist es Experten zufolge die überschießende Immunreaktion, welche die schweren und meist tödlichen Symptome auslöst. Die bleibenden Schäden bei den wenigen Überlebenden sind erheblich und oft lebenslang.

Wie ist der Stand der Forschung zum Borna-Virus?

Die Forschung steht noch ganz am Anfang. Der Erreger ist bei Tieren seit langem bekannt. Aber erst seit dem Jahr 2018 ist nachgewiesen, dass BoDV-1 auch auf den Menschen übertragbar ist und dabei meist tödliche Gehirnentzündungen verursacht.

Das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin geht davon aus, dass es jährlich zwei bis sechs Erkrankungen in Deutschland gibt. Um eine bessere Datenlage zum Vorkommen der Infektion beim Menschen zu schaffen, trat zum 1. März 2020 eine Meldepflicht in Kraft.

Wo kommt das Borna-Virus vor?

Dass sich Nutztiere wie Pferde und Schafe mit der Borna-Krankheit anstecken und daran sterben können, ist schon wesentlich länger bekannt. BoDV-1 kommt in Deutschland in Bayern, Thüringen, Sachsen-Anhalt und angrenzenden Teilen benachbarter Bundesländer vor. Fälle von Borna-Krankheit bei Pferden, Schafen und anderen Nutztieren gibt es zudem auch in Österreich, der Schweiz und Liechtenstein regelmäßig.

Warum ist die Spitzmaus ein Sackgassenwirt?

Einziges bekanntes Reservoir des Erregers ist die Feldspitzmaus (Crocidura leucodon), bei der die Infektion keine schweren Symptome verursacht. Die Mäuse scheiden das Virus in Urin, Kot und Speichel aus.

Darüber können sich dann andere Tiere und in seltenen Fällen auch der Mensch anstecken. Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch oder auch von Pferd zu Mensch ist auf natürlichem Wege ausgeschlossen. Experten sprechen auch von sogenannten Sackgassenwirten, die das Virus in sich tragen, aber nicht weiter verbreiten.

Ärzte in Borna-Gebieten sollen Patienten mit schwerer Gehirnentzündung (Enzephalitis) bei unklarer Erkrankungsursache auf das Virus testen. Eine spezielle Therapie gegen die Krankheit gibt es bisher nicht.

Was sind Symptome einer Borna-Infektion?

Bei den wenigen bislang bekannten Infektionen waren alle Altersgruppen und beide Geschlechter betroffen. Viele der bekannten Patienten litten laut RKI zu Beginn an Kopfschmerzen, Fieber und allgemeinem Krankheitsgefühl.

Es folgen neurologische Symptome wie Verwirrtheit, Verhaltensauffälligkeiten und Sprach- und Gangstörungen, im weiteren Verlauf innerhalb von Tagen oder wenigen Wochen oft Koma und Tod.

Borna: Gibt es weitere Virenarten?

Neben BoDV-1 gibt es auch das Variegated Squirrel Bornavirus 1 (VSBV-1). Auch dieser bei Bunthörnchen auftretende Erreger ist auf den Menschen übertragbar, wie man seit einigen Jahren weiß.

Es war erstmals bei drei Hobbyzüchtern aus Sachsen-Anhalt nachgewiesen worden, die in den Jahren 2011 bis 2013 mit Symptomen einer Gehirnentzündung in Kliniken behandelt und gestorben waren. Damit sei gezeigt worden, dass Vertreter aus der Familie der Bornaviren auch Menschen infizieren können, hieß es bei der Veröffentlichung der Ergebnisse im Jahr 2015.