Reaktionen auf die Einstufung der AfD als rechtsextrem

In der EU verachtet, in den USA verehrt

In Brüssel ist man wenig überrascht, dass die ganze AfD nun als gesichert rechtsextremistisch gilt. Ganz anders reagiert Washington.

In der EU    verachtet, in  den USA  verehrt

Von Elon Musk kommt digitale Unterstützung für die AfD

Von Knut Krohn, AFP

Die AfD sitzt im Europaparlament isoliert am äußersten rechten Rand. Nicht einmal die Parteien der rechtspopulistischen Französin Marine Le Pen oder der postfaschistischen, italienischen Premierministerin Giorgia Meloni möchten mit der Alternative für Deutschland in Verbindung gebracht werden. Allein aus diesem Grund wird die Einstufung der AfD durch den deutschen Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch in Brüssel ohne größeres Erstaunen zur Kenntnis genommen. Im Europaparlament machen die Vertreter der Alternative für Deutschland schon geraume Zeit von sich reden, allerdings nicht durch konstruktive Arbeit, sondern wegen hetzerischer Äußerungen und Spionagevorwürfen.

Weil keine der bereits existierenden extremen Fraktionen mit der AfD nach der Europawahl 2024 zusammenarbeiten wollte, musste sich die deutsche Partei neue Freunde am versprengten rechten Rand des politischen Spektrums suchen. Das erwies sich als schwierige Aufgabe, denn Fraktionen im EU-Parlament müssen aus Mitgliedern aus mindestens sieben verschiedenen EU-Ländern bestehen. In letzter Minute entstand die Fraktion „Europa der souveränen Nationen“ (ESN). Die setzt sich, neben der AfD, vor allem aus Abgeordneten osteuropäischer Kleinstparteien zusammen, die sich wegen ihres nationalistischen Gedankenguts allerdings bisweilen gegenseitig nicht leiden können. Zu diesen zählt etwa die bulgarische ultranationale und rechtsextreme „Revival“. In derselben politischen Liga spielt die ungarische „Bewegung Heimat“.

Obstruktion und Schaufensterreden

Das Urteil der demokratischen Europaabgeordneten über das politische Wirken der AfD im Europaparlament ist einhellig. „Obstruktion und Schaufensterreden für die sozialen Medien sind die einzigen Wesensmerkmale ihrer politischen Arbeit“, sagt der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke. „Die AfD im Europäischen Parlament ist der beste Beweis, dass jede Stimme für solche Radikalen eine verschenkte Stimme ist,“ erklärt Radtke weiter und spielt auch die zahlreichen Querelen innerhalb der AfD an.

Stellvertretend für den heftigen Streit in der Partei steht auf europäischer Ebene Maximilian Krah. Selbst die AfD-Spitze mied im Europawahlkampf 2024 nach seinen problematischen Aussagen zur von Adolf Hitler gegründeten SS den Kontakt zu ihm. In Brüssel wurde die AfD seinetwegen auch aus der rechtspopulistischen ID-Fraktion ausgeschlossen. Krah blieb aber Spitzenkandidat bei der Europawahl und zog wieder ins Parlament ein. Dort stimmte dann allerdings die AfD-Delegation dagegen, ihn in die eigene Gruppe aufzunehmen. Zum Vorwurf gemacht wurde ihm auch seine Nähe zu Russland und China, gegen einen ehemaligen Mitarbeiter Krahs in Brüssel läuft inzwischen ein Verfahren wegen Spionage für Peking. Krah bliebt allerdings nicht lange im Europaparlament, sondern gewann bei der Bundestagswahl ein Mandat und ging nach Berlin. Dort ist er wegen seiner rechtspopulistischen Aussagen schon länger im Visier des Verfassungsschutzes. Das Amt stuft einige seiner Äußerungen als völkisch-nationalistisch, islamfeindlich, fremdenfeindlich und verfassungsfeindlich ein.

Dennis Radtke, der im Europaparlament das politische Treiben der AfD seit Jahren aus nächster Nähe erlebt, ist nach der Einschätzung des Verfassungsschutzes der Überzeugung, dass ein AfD-Verbot „beherzt angegangen werden“ sollte. Wer sich vor dem Verfahren drücke, „gesteht sich beinahe selbst das Scheitern im Kampf gegen die Feinde unserer Demokratie ein“, ist Radtke überzeugt, mahnt allerdings, das ersetze nicht die harte politische Auseinandersetzung mit den Rechtspopulisten.

Forderungen nach einem Verbotsverfahren gegen die AfD kommen vor allem aus der Fraktion der deutschen Grünen im Europaparlament. „Das Grundgesetz wurde ganz bewusst mit Instrumenten ausgestattet, um zu verhindern, dass unsere Demokratie noch einmal mal wehrlos von ihren Feinden zersetzt werden kann“, sagt der Europaabgeordnete Erik Marquardt. Derselben Meinung ist sein Parteikollegen Michael Bloss. Der zukünftige Innenminister Alexander Dobrindt müsse so schnell wie möglich „ein Verbotsverfahren gegen die AfD einleiten, sonst schützt er die Verfassung nicht“.

Demagogen gegen Demokraten

Im krassen Widerspruch dazu stehen die Äußerungen, die aus den USA zur AfD-Einstufung kommen. Außenminister Marco Rubio spricht in diesem Zusammenhang von „Tyrannei in Deutschland“. Der wahre Extremismus liege nicht bei der „beliebten AfD“, die bei der Bundestagswahl im Februar zweitstärkste Kraft geworden ist, „sondern in der tödlichen Einwanderungspolitik der offenen Grenzen des Establishments, die die AfD ablehnt“, so Rubio weiter. „Deutschland sollte seinen Kurs umkehren.“

Das Auswärtige Amt entgegnet darauf in einer Stellungnahme: „Diese Entscheidung ist das Ergebnis einer gründlichen und unabhängigen Untersuchung zum Schutz unserer Verfassung und der Rechtsstaatlichkeit.“ Das letzte Wort hätten unabhängige Gerichte: „Wir haben aus unserer Geschichte gelernt, dass Rechtsextremismus gestoppt werden muss.“

Der US-Vizepräsident JD Vance schreibt derweil auf X, dass die AfD die „beliebteste Partei“ in Deutschland sei. Aber nun versuchten „die Bürokraten, sie zu zerstören“. Und weiter: „Der Westen hat die Berliner Mauer gemeinsam niedergerissen. Aber sie wurde wieder aufgebaut – aber nicht von den Sowjets oder den Russen, sondern jetzt vom deutschen Establishment.“

Auch der US-Techmilliardär Elon Musk, der für die Regierung des US-Präsidenten Donald Trump arbeitet, äußert sich auf X. Er schreibt, ein „Verbot der AfD, Deutschlands beliebtester Partei, wäre ein extremer Angriff auf die Demokratie“. Musk hatte vor der Bundestagswahl wiederholt Werbung für die AfD gemacht, was in Deutschland auf scharfe Kritik gestoßen war.