Die Karlstraße ist in einem schlechten Zustand, aber auch manchen Gebäuden würde eine Sanierung gut tun. Nun hat der Gemeinderat beschlossen, den Bereich in das Sanierungsgebiet „Bahnhof/östlich Klosterhof“ aufzunehmen. Somit erhalten Privatleute, aber auch die Stadt Murrhardt Unterstützung, wenn sie Instandsetzungen angehen. Archivfoto: J. Fiedler
Von Elisabeth Klaper
MURRHARDT. Schon lange ist die Karlstraße in schlechtem Zustand, auch zeigen etliche Häuser dort bauliche Mängel, kurzum: der Sanierungsbedarf ist groß. Deshalb wird das bestehende Sanierungsgebiet „Bahnhof/östlich Klosterhof“ um die Karlstraße erweitert, um Zuschüsse der Städtebauförderung für die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen zu erhalten. Dazu präsentierten Projektleiterin Marion Bürkle und ihre Mitarbeiterin Ulrike Datan von der Steg Stadtentwicklung GmbH Stuttgart dem Gemeinderat die Ergebnisse der vorbereitenden Untersuchungen. Dabei ermittelte das Team mithilfe von Informationen der Stadtverwaltung, Begehungen und Befragungen der Betroffenen, dass im Bereich Karlstraße etliche städte- und gebäudebauliche Mängel und Missstände vorliegen, also die Notwendigkeit für Sanierungsmaßnahmen besteht.
Alte Gebäude, zwei davon denkmalgeschützt, die zwischen 1919 und 1948 errichtet wurden, manche sogar noch früher, prägen die Baustruktur. Über die Hälfte der Hauptgebäude weisen erhebliche Mängel auf, der Großteil ist in energetisch mangelhaftem Zustand, ein Drittel zeigt nur geringe Mängel. Das Team hat Vorschläge für die Sanierungsziele sowie ein Neuordnungs- und Maßnahmenkonzept erarbeitet. Priorität hat der Neuausbau der Karlstraße mit Einmündungsbereichen der Seitenstraßen und Herstellung von Parkflächen. Zudem sollte das Gebiet, dessen Großteil unter archäologischem Denkmalschutz steht, gestalterisch aufgewertet werden für eine höhere Qualität des Wohnumfelds durch bessere Beleuchtung und Begrünung, den barrierefreien Ausbau der Gehwegbereiche und eine stärkere Berücksichtigung des Rad- und Fußgängerverkehrs.
Für gewerbliche Nutzungen und den kleinen Gewerbepark Karlstraße ist eine weitere städtebauliche Untersuchung erforderlich. Zu prüfen ist, ob das Flächenpotenzial optimal für Wohnen und wohnverträgliches Gewerbe nutzbar ist, verbunden mit eventuellen Umnutzungen, Verlagerungen und Neuordnungen bestehender Betriebe und Flächen. Auf dem Areal der Burgermühle muss der Fußgängersteg über die Murr neu gebaut werden. Einige Flurstücke sind für eine mögliche Wohnbebauung zu prüfen, erhaltenswerte Grünflächen mit historischem Baumbestand sind als ortsbildprägende Elemente im Umfeld des Kulturdenkmals Burgermühle zu sichern.
Die betroffenen Eigentümer, Mieter und Pächter bekamen schriftliche Informationen über das Projekt und die vorbereitenden Untersuchungen. Die Eigentümer von 43 Gebäuden wurden schriftlich zu ihrer Einstellung zur Sanierung, ihren Absichten und ihrer Mitwirkungsbereitschaft befragt. Rückmeldungen gab es indes nur zu 27 Gebäuden, woraus das Team 63 Wohnungen erhob, davon vier leer stehende, sowie bauliche und energetische Mängel. Bedarf für energetische Sanierung, Wärmedämmung und Modernisierung besteht bei Dächern, Fassaden, Fenstern, Sanitär und Heizung. 45 Prozent der Eigentümer haben Interesse an erneuerbarer Energie. Allerdings nur 30 Prozent der ermittelten Eigentümer signalisierten Mitwirkungsbereitschaft an der Sanierung, 41 Prozent haben keinen Bedarf, unschlüssig sind 26 Prozent. Von sechs Betrieben kamen Rückmeldungen, drei im Bereich Dienstleistungen, einer im Bereich Handel, zwei ohne Angaben.
Die Frist für die Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen läuft bis zum 30. April 2032. Mit der Aufnahme des Bereichs Karlstraße ins Sanierungsgebiet können private und kommunale Baumaßnahmen mit Mitteln der Städtebauförderung bei einem Fördersatz von 60 Prozent bezuschusst werden. Die maximale Förderhöhe für die Sanierung von privaten Hauptgebäuden beträgt 30000 Euro, für Restmodernisierung und Nebengebäude 15000 Euro.
Die maximale Förderung bei Gebäuden beträgt 30000 Euro.
Die Fraktionssprecher begrüßten die Erweiterung des Sanierungsgebiets, bedauerten aber die zurückhaltende Bereitschaft der Bewohner und Gewerbetreibenden für Sanierungsmaßnahmen. „Da muss man noch mal nachhaken und Überzeugungsarbeit leisten“, forderte Martin Stierand (MDAL/Die Grünen), auch fand er es wichtig, gleich die Verkehrsführung und das Parken zu regeln. „Das muss man jetzt noch nicht entscheiden und festlegen“, konterte Bürgermeister Armin Mößner, das sei Gegenstand weiterer Fachplanungen, ergänzte Ulrike Datan. „Sollte auf der Bahnhofstraße eine Sperrung nötig sein, wird die Karlstraße Umleitungsstrecke, deshalb darf sie nicht schmaler als jetzt werden“, unterstrich der Rathauschef.
„Jetzt werden sämtliche Betroffenen nochmals von der Stadtverwaltung und der Steg angeschrieben und informiert“, versicherte Marion Bürkle auf den Hinweis von Klaus-Peter Dörrscheidt (UL), dass jemand nicht angeschrieben worden sei. Die Projektleiterin stellte klar, das Neuordnungskonzept sei nur „eine Vision“ und alles nur bei freiwilliger Mitwirkung der Eigentümer umsetzbar. Das Hauptaugenmerk liege auf den Sanierungsmaßnahmen an der Karlstraße selbst, da bestehe bekanntermaßen großer Handlungsbedarf, und mit den Eigentümern versuche man sozial verträgliche Lösungen hinzubekommen, sagte Mößner auf eine Nachfrage von Elisabeth Zenker (SPD) zu.
Aufgrund der „zurückhaltenden Resonanz werden wir gezielt auf die Eigentümer zugehen und das Gespräch suchen“, betonte die Projektleiterin. Sie gab zu, dass dies bei Gebäuden mit starken Mängeln und hohem Investitionsaufwand von mehreren Hunderttausend Euro knifflig sei. „Erschließungsbeiträge gibt’s im Sanierungsrecht nicht, aber wahrscheinlich müssen deutlich niedrigere Ausgleichsbeiträge erhoben werden, wenn das Umfeld attraktiver wird. Darüber werden die Eigentümer rechtzeitig informiert“, stellte der Bürgermeister auf Nachfrage von Hartmann Widmaier (MDAL/Die Grünen) klar. Schließlich stimmte der Gemeinderat geschlossen der Erweiterung, den Sanierungszielen und dem Neuordnungs- und Maßnahmenkonzept zu und beschloss die erforderliche Satzung.
Der Bereich umfasst 3,13 Hektar, die Neugestaltung der Karlstraße steht mit 1,7 Millionen Euro in der städtischen Finanzplanung. Davon sind rund 1,3 Millionen Euro förderfähig, und es ist ein Zuschuss von 780000 Euro zu erwarten.
Die Erneuerung des Fußgängerstegs über die Murr kostet geschätzt 280000 Euro, wozu mit einem Zuschuss von 168000 Euro gerechnet wird.
Einbezogen in die Kosten- und Finanzierungsübersicht für die im Herbst 2020 beantragte Aufstockung der Städtebaufördermittel sind Sanierungskosten für die notwendige denkmalgerechte Erneuerung des Gebäudes Postgasse 5. Von 530000 Euro Gesamtkosten sind 450000 Euro förderfähig, die Planungskosten betragen 225000 Euro. Auch am Rathaus sind einige (energetische) Sanierungsmaßnahmen erforderlich, deshalb wird es mit in die Erweiterungssatzung aufgenommen.
Der geschätzte Gesamtfinanzierungsbedarf beträgt laut Marion Bürkle 3,16 Millionen Euro, wovon 2,7 Millionen Euro zuwendungsfähig sind und ein Zuschuss von 1,6 Millionen Euro zu erwarten ist. Die Stadt müsste also noch 40 Prozent, das entspricht rund 1,09 Millionen Euro, selbst tragen.
Alle Vorhaben stehen unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit, der Gemeinderat definiert die Sanierungsziele und wird über die Umsetzung jeder Einzelmaßnahme separat beraten und entscheiden.
Die Projektleiterin wies auf die zurzeit noch zur Verfügung stehenden rund 1,8 Millionen Euro Fördermittel hin, von denen die Stadt mindestens zwei Drittel abrufen muss, bevor die Aufstockung bewilligt wird.