Schmuddelfaktor statt Frühsommer: Was ist dieses Jahr nur mit dem Frühling los? Auf die Eisheiligen folgt offenbar der Übergang zur Schafskälte – schon vor dem Vatertag.
Tristesse statt Biergarten-Wetter.
Von Michael Maier
Mai oder November? Wer morgens in der Region Stuttgart aus dem Haus geht, könnte sich das in diesen Tagen fragen. Statt lauer Frühsommerabende und T-Shirts dominieren vor dem Vatertag warme Jacken, Wolken und ein paar Regentropfen. Erwischt uns nach den Eisheiligen nun die Schafskälte?
Die Temperaturen pendeln sich tagsüber gerade einmal im einstelligen bis unteren zweistelligen Bereich ein – für Ende Mai spürbar zu kalt. Nach einem kurzen sommerlichen Intermezzo mit fast 28 Grad Anfang des Monats hat sich die Wetterlage komplett gedreht: Warme Jacken sind wieder gefragt, und auch der Regenschirm sollte griffbereit sein. Der aktuelle Kälteeinbruch ist aber kein lokales Phänomen, sondern betrifft ganz Deutschland – und sorgt zum Monatsende für frostige Stimmung mit Schmuddelfaktor.
Die Frage, wann die Schafskälte beginnt, beschäftigt viele Wetterinteressierte und Landwirte jedes Jahr aufs Neue. Es handelt sich um ein meteorologisch gut dokumentiertes Phänomen, das in Mitteleuropa regelmäßig für einen markanten Kälteeinbruch sorgt.
Was ist die Schafskälte?
Die Schafskälte bezeichnet eine typische, meist zwischen dem 4. und 20. Juni auftretende Wetterlage, bei der kalte Polarluft aus dem Norden auf wärmere Luftmassen trifft. Das Resultat ist ein abrupter Temperatursturz, der oft von Regen und unbeständigem Wetter begleitet wird. Besonders betroffen sind Regionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, wobei sich die Auswirkungen in den Alpen und Hochlagen am deutlichsten zeigen – dort kann es sogar Neuschnee geben.
Der Name stammt aus der Landwirtschaft: Traditionell wurden Schafe bis Anfang Juni geschoren, um sie vor der Sommerhitze zu schützen. Ein plötzlicher Kälteeinbruch nach der Schur konnte für die Tiere lebensbedrohlich werden, da ihnen der schützende Wollmantel fehlte.
Wann ist die Schafskälte?
Statistisch gesehen liegt die Wahrscheinlichkeit für einen markanten Temperaturabfall im Zeitraum vom 10. bis 12. Juni bei etwa 80 Prozent. Die Phase der Schafskälte kann aber auch schon ab dem 4. Juni beginnen und bis zum 20. Juni andauern. Typisch ist ein Temperatursturz von fünf bis zehn Grad, begleitet von wechselhaftem Wetter und häufigem Regen. Die Schafskälte endet meist mit dem kalendarischen Sommeranfang.
Ist das schon die Schafskälte?
Im Jahr 2025 zeigen die Wetterprognosen einen klassischen Verlauf: Nach einer warmen Phase Mitte Mai mit Höchstwerten um die 27 bis 28 Grad, kündigen sich für die letzte Dekade im Mai und womöglich auch für das erste Junidrittel erneut durchwachsene Bedingungen an. Besonders im Westen und Süden Deutschlands ist nach ersten Hitzeperioden mit einer Rückkehr deutlich kühlerer Luft zu rechnen. Vor allem in den Nächten wird es empfindlich kühl. Auch Gewitter und Regen sind in dieser Zeit keine Seltenheit.
Eisheilige und Schafskälte
Schafskälte – was ist die Ursache?
Meteorologisch betrachtet handelt es sich bei der Schafskälte um eine sogenannte Singularität – eine Wetterlage, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer bestimmten Zeit im Jahr auftritt. Ursache ist das Zusammentreffen von kalter, feuchter Polarluft mit wärmeren Luftmassen aus dem Süden. Die Windrichtung dreht in dieser Zeit häufig von Südwest auf Nordwest, was den Zustrom kühler Luft begünstigt.
Schafskälte als Garten-Killer
Für die Landwirtschaft, insbesondere für frisch geschorene Schafe, kann die Schafskälte zur Herausforderung werden. Schäfer verschieben die Schur daher manchmal auf einen späteren Zeitpunkt oder sorgen für zusätzlichen Schutz der Tiere.
Auch im Garten ist Vorsicht geboten: Späte Fröste oder Kälteeinbrüche können empfindlichen Pflanzen wie Sommerblumen oder Gemüsesetzlingen schaden. Es empfiehlt sich, diese erst nach der Schafskälte ins Freie zu setzen oder bei Bedarf mit Vlies oder Folie zu schützen.
Ist jetzt Schafskälte?
Die aktuellen Wetterdaten und Prognosen deuten unter dem Strich darauf hin, dass wir uns am Übergang zur klassischen Schafskälte befinden. Nach den Eisheiligen im Mai folgt im Juni häufig noch eine kühle Phase – und auch 2025 stehen die Zeichen wieder auf einen markanten Kälterückfall. Wer also in diesen Tagen einen plötzlichen Temperatursturz bemerkt, erlebt sehr wahrscheinlich die Schafskälte oder zumindest deren Vorboten.