Kanzler Merz und die Spitzen seines schwarz-roten Regierungsbündnisses kommen zum zweiten Mal zu einem Koalitionsausschuss zusammen. Auf dem Tisch liegt eine Reihe von Streitthemen.
Am Mittwoch findet der zweite Koalitionsausschuss unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) und der schwar-roten Regierung statt (Archivbild).
Von red/AFP
Am Mittwoch kommen Kanzler Friedrich Merz (CDU) und die Spitzen seines schwarz-roten Regierungsbündnisses zum zweiten Mal zu einem Koalitionsausschuss zusammen.
Während das erste Treffen Ende Mai ohne große Kontroversen über die Bühne ging, geht es nun vor den abschließenden Haushaltsberatungen ans Eingemachte. Auf dem Tisch liegt eine Reihe von Streitthemen:
Haushalt: Sparzwang trotz Rekordverschuldung
Der Haushaltsplan von Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) sieht bis zum Ende der Wahlperiode 2029 eine Neuverschuldung von 850 Milliarden Euro vor. Im Etat 2025 sind es bereits fast 82 Milliarden Euro. Ein beträchtlicher Teil des Geldes fließt aber in die Stärkung der Bundeswehr, in anderen Bereichen muss trotz des 500-Milliarden-Sondervermögens für Infrastruktur und Klimaschutz gespart werden. Wo genau, ist zwischen Union und SPD umstritten.
Union will Einsparungen beim Sozialen
Führende Politiker von CDU und CSU kritisierten vor dem Koalitionstreffen zu hohe Sozialausgaben: „Die Kosten für das Bürgergeld laufen mit über 50 Milliarden Euro aus dem Ruder“, sagte Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) dem „Spiegel“. Deshalb habe die in der Koalition vereinbarte Reform des Bürgergelds nun Priorität für die Union.
Ähnlich äußerte sich auch CSU-Chef Markus Söder: „Hier müssen wir Reformen angehen, um Geld entsprechend einzusparen“, schrieb er im Onlinedienst X. „Es kann nicht sein, dass wir beim Bürgergeld Rekordausgaben haben und deswegen andere wichtige Anliegen (...) aufschieben müssen.“
Grummeln in der SPD
Beim SPD-Parteitag am Wochenende hatten viele Delegierte bereits die Befürchtung geäußert, die geplante Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent der Wirtschaftsleistung werde auf Kosten von Sozialausgaben, Wohnungsbau oder Klimaschutz gehen. Letztlich stellte sich der Parteitag dann aber hinter das Ziel.
Auch die Empfehlung der Mindestlohnkommission, die Verdienstuntergrenze vorerst nicht auf 15 Euro anzuheben, sorgte bei dem SPD-Treffen für Enttäuschung. Arbeitsministerin Bärbel Bas warb aber offensiv dafür, dies zu akzeptieren und will dies in der Regierung auch umsetzen. Auf dem Parteitag wurde sie dennoch mit einem starken Ergebnis in die Doppelspitze neben Vizekanzler Lars Klingbeil gewählt. Der bekam bei seiner Wiederwahl hingegen ein historisch schwaches Ergebnis und gilt vor der Spitzenrunde im Kanzleramt nun als geschwächt.
Streit um die Stromsteuer
„Für alle“ sollte die Stromsteuer laut Koalitionsvertrag „als Sofortmaßnahme“ auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden. Doch nun beschloss die schwarz-rote Regierung dies zunächst nur für das produzierende Gewerbe sowie die Land- und Forstwirtschaft. Die Union verlangt schnell weitere Schritte, um mehr Unternehmen und Privathaushalte zu entlasten. Die SPD-Führung zeigte sich „irritiert“ darüber, dass CDU und CSU ein gemeinsam vereinbartes Vorgehen postwendend wieder infrage stellen.
Die Bundesregierung versuchte, den Streit am Montag zu entschärfen. Die geplanten Schwellenwerte für die Entlastung lägen so niedrig, „dass auch sämtliche kleinen und mittleren Unternehmen umfasst werden“, sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums. Im Klartext heißt das aber auch: Privathaushalte bekommen vorerst nichts.
Kontroverse um AfD-Verbotsverfahren
Die SPD hat sich bei ihrem Parteitag klar für die Vorbereitung eines AfD-Verbotsverfahrens ausgesprochen. Dazu soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt werden, die Belege sammelt. Bei genügend Material soll „unverzüglich“ ein Verbotsantrag gestellt werden. Die Union hält das nicht für den richtigen Weg. Sie setzt auf eine politische Auseinandersetzung mit der AfD, um abgewanderte Wählerinnen und Wähler zurückzugewinnen.
Rütteln am Klimaziel
Für Protest aus der SPD sorgte vergangene Woche CDU-Wirtschaftsministerin Katherina Reiche mit Aussagen zum Ziel der Klimaneutralität ab 2045. Sie hatte beim Tag der Industrie gesagt, sie halte „eine Harmonisierung mit internationalen Zielen“ für sinnvoll. Dies wurde als Aufruf zur Rückkehr zum im Pariser Klimaabkommen vereinbarten Zieldatum 2050 verstanden.