„Krisenzeiten sind Bildungszeiten“

Die Volkshochschule Murrhardt hat wie viele andere Institutionen in der Coronakrise digitale Alternativen getestet, nun werden auch wieder Präsenzkurse angeboten. Im kommenden Semester muss das Team flexibel bleiben und hat einen Mix in der Hinterhand.

„Krisenzeiten sind Bildungszeiten“

David Burkhardt, hier bei seinen Limpurger Kühen – die Aufnahme stammt aus dem Mai 2018 –, berichtet im Rahmen des Volkshochschulschwerpunkts „Nahrung“ über die Tierhaltung auf dem Wacholderhof bei Murrhardt-Steinberg. Archivfoto: Jörg Fiedler

Von Christine Schick

MURRHARDT. Birgit Wolf, Leiterin der Volkshochschule (VHS), beschreibt die Lage im neuen Programmheft folgendermaßen: „Vieles hat sich seit Mitte März 2020 grundlegend verändert. Die oft täglich aktualisierten und sehr kurzfristig zu beachtenden Coronaverordnungen machen uns bewusst, dass die Zukunft ungewiss und unvorhersehbar ist und einem ständigen Wandel unterliegt. Wir beschreiben diese Situation der Veränderungen als ,Coronakrise‘ – Krisenzeiten sind bekanntlich Zeiten der Entscheidung. Sie sind aber auch Zeiten des Lernens, des umfänglichen und raschen Umlernens. Insofern gilt: Krisenzeiten sind Bildungszeiten.“ Für das VHS-Team hieß es, die Möglichkeiten von digitalen Angeboten auszuloten, die Infrastruktur dazu bereitzustellen – mit der VHS-Cloud des Verbands sowie einem eigenen Server – und Dozenten sowie Lernende mit ins Boot zu holen. Gleichsam hat es wahrgenommen, dass den Menschen die Einrichtung als Ort der physischen Begegnung und des sozialen Lernens wichtig ist. Damit verbunden ist die Aufgabe, die VHS als diesen weiterzuentwickeln – unter den veränderten Bedingungen.

Konkret und auch für das kommende Semester bedeutet das für Birgit Wolf und ihr Team, die Unterstützung von Partnern und Dozenten zu suchen und einen Mix aus digitalem und Präsenzangebot bereitzuhalten. Die Palette reicht von Anfragen zu größeren Räumen beispielsweise für die Sport- und Gesundheitskurse über Seminare mit einer reduzierten Teilnehmerzahl beziehungsweise Online-Alternativen bis hin zu Mischformen aus Vorort- und digitalen Angeboten, bei denen der Unterricht gefilmt und so auch weiteren Teilnehmern zugänglich gemacht werden kann. Im Haus sind die Kosten für die Hygienemaßnahmen – höhere Reinigungsintervalle, Desinfektionsmittel, Handseife und Handtücher – gestiegen, zudem bedeutet die teils reduzierte Teilnehmerzahl geringere Einnahmen. Insofern muss die Volkshochschule mit einer Erhöhung der Gebühr von sechs Prozent reagieren.

Mit den bisherigen Erfahrungen – das Programmangebot orientiert sich an der Praxis seit Anfang Juli – geht es ins kommende Semester. Schwerpunktthema ist Nahrung. Ein essenzielles, stellt Birgit Wolf fest. „Die Menschen werden sich dessen immer bewusster, gleichzeitig gibt es auch eine zunehmende Verunsicherung“, sagt sie. Um die Hintergründe und Möglichkeiten auszuleuchten, bietet die VHS Vorträge, eine Exkursion und zudem einen praktischen Kurs an, bei dem die Teilnehmer lernen, ihr eigenes Brot zu backen (23. Januar, 15 Uhr). Die Reihe stellt die Initiative der „Solidarischen Landwirtschaft“ vor – einem Zusammenschluss von landwirtschaftlichem Betrieb mit einer Gruppe privater Haushalte. Die Idee: sich gegenseitig unterstützen, zum einen, um den in der Landwirtschaft Arbeitenden die Existenz zu sichern, zum anderen, um eine verantwortungsvolle Landwirtschaft zu ermöglichen und frische Produkte produzieren zu können plus Vermittlung von Wissen rund um Anbau und Herstellung (8. Oktober, 19 Uhr). Einblicke in die landwirtschaftliche Produktion gibt es bei einem Besuch auf dem Wacholderhof bei Murrhardt-Steinberg. Betriebsleiter David Burkhardt erläutert die Besonderheiten der artgerechten Tierhaltung, die in Biobetrieben schon seit Jahrzehnten verpflichtend sind (12. Oktober, 15 Uhr).

Wie der Landesbauernverband die Situation in Baden-Württemberg einschätzt, erläutert Ariane Amstutz gemeinsam mit Volker Escher aus Hegnach, der als Landwirt auch die praktische Seite schildern kann (4. Februar, 19 Uhr).

Lebensmittel effizient und ökologisch anzubauen, ist auch in den Städten ein Thema.

Die Frage „Wie können wir Lebensmittel mit verfügbaren Ressourcen möglichst effizient und ökologisch produzieren?“ steht im Zentrum des Vortrags von Jedrzej Cichocki. Diese Anbaumethoden sind nicht nur auf dem Land, sondern auch in den Städten ein Thema, worauf Cichocki eingehen wird, weil er sich mit diesem Gebiet als Student der Agrarwissenschaften an der Universität Hohenheim besonders beschäftigt (8. Februar, 19 Uhr). Als kulturell-erzählerisches Extra widmet sich Petra Weller der wunderlichen Gasterei, sprich Märchen und Geschichten zu Speis und Trank (24. Januar, 15 Uhr).

In den Herbstferien können Mädchen und Jungen Seminare der Kinderhochschule besuchen. Der Schwerpunkt liegt auf dem praktischen Tun – von einem leuchtenden kleinen Technikprojekt, dem Programmieren über Seifengießen bis hin zum Arbeiten mit Naturmaterialien und Schnitzen.

Nachgeholt werden ein paar Angebote, die vergangenes Semester coronabedingt ausfallen mussten, wie beispielsweise das Stahlbildhauen und Plasmaschneiden im Atelier von Beate Binder in Beimbach (6./7. November, ab 9.30 Uhr) oder der Vortrag zu Hintergründen der Emigration aus Polen von Ortwin Köhler (28. Januar, 19 Uhr).

Förster Jörg Brucklacher setzt seine beliebte Reihe „Baumbegegnung“ fort – diesmal widmet er sich vor allem Obstbäumen. Christian Schweizer bietet anlässlich des 250. Geburtstags einen Vortrag zu Friedrich Hölderlin und seinen familiären Beziehungen nach Murrhardt an, der mit einem Rundgang verbunden wird (9. September, 16 Uhr).

Unter dem Stichwort „Gesundheitswissen“ neu im Programm sind ein Vortrag „Selbstheilungskräfte durch Ernährung aktivieren“ von Annette Freder (7. Oktober, 19 Uhr), ein Seminar „Basische Vitalisierungskur für ein starkes Immunsystem“ mit ihr ab 20. Januar sowie ein Kurs mit Elke Dederichs, der sich mit dem Thema „Intervallfasten: Schlankmacher und Jungbrunnen“ befasst (9. November, 19 Uhr).

In der Rubrik „EDV und Beruf“ informiert Wolfgang Matti darüber, was beim Fliegen mit Drohnen und Coptern zu beachten ist (3. Dezember, 19 Uhr). Zudem hat die Volkshochschule eine ganze Reihe Exkursionen und Reisen im Programm. Kulinarisch unterwegs durch Indonesien werden die Teilnehmer des Seminars mit Arrie-Kastubi Matti sein (13. Februar, ab 16 Uhr), bei dem sich die Kultur auch über das Essen erschließt. Außerdem geht es zur großen Landesausstellung „Fashion?! Was Mode zu Mode macht“ (21. Januar, 14.35 Uhr, Treff Bahnhof), auf Reise in die Bergwelt der Pyrenäen und nach Barcelona (Juni 2021), auf Kunstfahrt nach Weißenburg (1. November, ab 7 Uhr), in die Staatsgalerie anlässlich der Sonderausstellung zu französischer Malerei (22. Oktober, 14.30 Uhr) und zu einer Neckar-Exkursion (17. Oktober, 10 Uhr). Bernd Möbs bietet über die VHS ein Paket von vier Touren in Stuttgart und Tübingen an.

Programmheft und Infos

Das neue Programmheft ist Anfang der Woche in den Haushalten Murrhardts verteilt worden. Darüber hinaus liegt es in Räumen der örtlichen Banken, der Stadtbücherei, des Naturparkzentrums, im Rathaus sowie in verschiedenen Geschäften in Murrhardt und den umliegenden Gemeinden aus.

Nach einer Ferienpause ist das Team vom 24. August bis 11. September vormittags von 9 bis 12 Uhr für die Kunden da.

Aktuelle Informationen zu den Angeboten finden sich auf der Homepage der Volkshochschule unter www.vhs-murrhardt.de.