Zum Tod von Rob Reiner

Man kam stets glücklicher aus dem Kino, als man hineingegangen war

Rob Reiner schuf mit der Deli-Szene aus „Harry und Sally“ nicht nur einen Kinomoment für die Ewigkeit, seine Filme machten die Welt auch ein bisschen freundlicher. Sein Tod erschüttert.

Man kam stets glücklicher aus dem Kino, als man hineingegangen war

Rob Reiner schuf Komödienklassiker wie „Harry und Sally“ (oben) oder „This Is Spinal Tap“.

Von Theresa Schäfer

Es ist eine ungeschriebene Kinoregel: Wer einen Rob-Reiner-Film sieht, kommt meistens glücklicher aus dem Vorführsaal, als er hineingegangen ist. Dass der 78-jährige Regisseur und seine Frau Michele offenbar Opfer eines Gewaltverbrechens geworden sind, darauf weist gerade vieles hin, ist noch erschütternder, unvorstellbarer, wenn man daran denkt, wie viel Freude Rob Reiner dem Publikum mit seinem filmischen Schaffen über Jahrzehnte bereitet hat.

Schon als Zwölfjähriger stand der Sohn von zwei Schauspielern aus der Bronx vor der Kamera, hatte Gastauftritte in der „Andy Griffith Show“ und bei der „Partridge Family“, gehörte zum Cast von „All in the Family“. Jüngere dürften ihn vor allem als Jess’ (Zooey Deschanel) Vater aus „New Girl“ kennen. Aber es war seine Arbeit hinter der Kamera, die Rob Reiner weltbekannt machte. Er blieb stets ein Schauspieler-Regisseur, und die liebten ihn, weil er ihnen sehr genau sagen konnte, was er sich von einer Szene erhoffte.

1984: This Is Spinal Tap

Er war 37, als er 1984 mit der Mockumentary „This Is Spinal Tap“ eine herrliche Satire auf das Rockmusik-Business schuf: Michael McKean, Harry Shearer und Christopher Guest spielten die Mitglieder einer fiktiven Heavy-Metal-Band mit fransigen Headbanger-Frisuren und pompösen Rockstar-Allüren. Der Film ist längst Kult. Dieses Jahr brachte Reiner nach über 40 Jahren Wartezeit Teil zwei heraus – es ist sein letzter Film geworden.

1986: Stand By Me – Das Geheimnis eines Sommers

Zwei Jahre später: Rob Reiner adaptierte Stephen Kings Novelle „Die Leiche“ mit „Stand By Me – Das Geheimnis eines Sommers“ als anrührende Coming-of-Age-Geschichte: Vier zwölfjährige Jungs, die auf der Suche nach der Leiche eines Gleichaltrigen das Leben debattieren.

1987: The Princess Bride – Die Braut des Prinzen

„The Princess Bride“ mit einer noch unbekannten Robin Wright, Cary Elwes, Peter Falk und Billy Crystal war kein Hit, als er 1987 in die Kinos kam. Es brauchte Jahrzehnte, bis die witzig-verspulte Märchenerzählung zu dem Kultfilm wurde, die sie heute – zumindest in der englischsprachigen Welt – ist. Viele Zitate aus dem Film („Prepare to die“ oder „Life is pain, Highness“) sind dort in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen, wurden seither in unzähligen Serien und Filmen repliziert. Darüber kann man beinahe vergessen, wie herzerwärmend lustig und originell der Streifen eigentlich ist.

1989: Harry und Sally

Und dann, 1989, kreierte Rob Reiner mit „Harry und Sally“ einen Film für die Ewigkeit – Freunde (eine zum Verlieben zauberhafte Meg Ryan und ein hinreißend sarkastischer Billy Crystal), die so lange stur die Augen davor verschließen, dass sie füreinander bestimmt sind, bis es beinahe zu spät ist. Jeder kennt die Szene, in der die beiden an einem Diner-Tisch in „Katz’s Delicatessen“ sitzen, und Sally mal eben zeigt, wie einfach sich ein Orgasmus vortäuschen lässt. Die ältere Dame, die anschließend sagt, „I’ll have what she’s having“ („Ich will genau das, was sie hatte“) war – ein privater Witz des Regisseurs – Rob Reiners Mutter Estelle. Die spritzigen, wahnwitzig schnellen Dialoge schrieb Nora Ephron, die 2012 viel zu früh verstorbene Meisterin der romantischen Screwball-Komödie.

1992: Eine Frage der Ehre

1990 führte er noch einmal bei einer Stephen-King-Adaption Regie: „Misery“ mit einer Kathy Bates, die Kinogänger das Fürchten lehrte. Nach dem Militärdrama „Eine Frage der Ehre“ (1992) mit einem Hochkaräter-Cast – Tom Cruise, Jack Nicholson, Demi Moore, Kevin Bacon und Kiefer Sutherland –, das für einen Oscar nominiert war, kehrte Reiner zu den leichten Stoffen zurück, aber seine späteren Filme, „Wo die Liebe hinfällt …“ (2005) zum Beispiel oder „Das grenzt an Liebe“ (2014) fanden nie zu der besonderen Spritzigkeit und charmanten Schrulligkeit seiner frühen Werke zurück.

Es gab wahrscheinlich bessere Regisseure, künstlerisch anspruchsvollere bestimmt. Aber Rob Reiner hat die Welt mit seinen Filmen ein bisschen freundlicher gemacht. Das – und eine kleine, unsterbliche Filmszene an einem Tisch bei „Katz’s Delicatessen“ – ist sein Vermächtnis.