Matte frei für Katharina Menz und Co.

Backnanger Vorzeigejudoka kehrt nächste Woche bei der Europameisterschaft in Tschechien auf die Wettkampfbühne zurück. Titelkämpfe in Prag sind für deutsche Starterinnen eine Standortbestimmung auf dem Weg zu den Olympischen Spielen in Tokio.

Matte frei für Katharina Menz und Co.

Katharina Menz (oben) freut sich auf die Europameisterschaft in Prag, darf die Backnangerin dann doch endlich wieder richtig zupacken. Foto: A. Becher

Von Uwe Flegel

„Ich freue mich darauf“, sagt Katharina Menz und lässt damit keine Zweifel daran, dass sie nächste Woche ohne ein flaues Bauchgefühl nach Prag reist. Dort steht für das Backnanger Leichtgewicht die Judo-Europameisterschaft auf dem Plan. Dass die Titelkämpfe unter besonderen Vorzeichen und ohne Zuschauer stattfinden werden, ist für die sechsmalige deutsche Meisterin in der Gewichtsklasse bis 48 Kilogramm kein großes Problem. Wichtiger ist der TSG-Sportlerin, „dass ich nach zehn Monaten endlich wieder richtig kämpfen kann“.

Der Grand Slam in Ungarns Hauptstadt Budapest ging Ende Oktober noch ohne deutsche Starter über die Bühne. Der Deutsche Judo-Bund hatte keinen Kämpfer gemeldet. Zu gefährlich schien es den Verantwortlichen, ein Mitglied des Nationalkaders in den Corona-Hotspot zu schicken. Vier Wochen und einen Lehrgang im olympischen Trainingszentrum im brandenburgischen Kienbaum später kehren Katharina Menz und ihre Kolleginnen nun aber zurück auf die internationale Wettkampfmatte. Dabei zählen Tschechien und seine Hauptstadt ebenfalls zu den Hochrisikogebieten. Trotzdem hat der europäische Verband beschlossen, die Europameisterschaft dort durchzuführen. Der DJB vertraut den Zusagen der Organisatoren und des Präsidenten der Europäischen Judo-Union, erklärte der Russe Sergey Soloveychik doch: „Die EJU-Experten und das Task-Force-Team sind zusammen mit dem tschechischen Judo-Verband bereit, die Sicherheit der Teilnehmer an den Europameisterschaften zu gewährleisten.“

Dank vieler Vorsichtsmaßnahmen hält die deutsche Meisterin „das Risiko für abschätzbar“.


Auch Katharina Menz geht davon aus, „dass das Risiko für uns Sportler abschätzbar ist“. In der Tat scheinen Vorkehrungen getroffen worden zu sein, um die Kämpferinnen und Kämpfer vor einer Ansteckung zu schützen. Bevor es losgeht, muss Katharina Menz zum Beispiel zwei Coronatests machen, die beide negativ ausfallen müssen. Vor Ort gibt es in Prag dann einen erneuten Test. Zudem sind die Sportler in der Goldenen Stadt in einem Hotel untergebracht und werden dort so abgeschirmt, dass eigentlich kein Kontakt zur Außenwelt besteht. Eine Vorgehensweise, die mittlerweile bei vielen Sportgroßereignissen angewandt wird. Zum Beispiel auch hierzulande, als die Basketballer im Sommer in München ihren deutschen Meister ermittelten.

Deshalb fahren die Backnangerin und ihre Teamkolleginnen recht beruhigt in die tschechische Metropole. Menz kann und will auch gar nicht groß verhehlen, dass sie sich auf den ersten Wettkampf nach zehn Monaten Pause freut: „Ich bin gespannt, wie es sich anfühlt, wieder auf der Matte zu stehen.“ Das vielleicht auch, weil Prag für die 30-Jährige und für ihre Konkurrentinnen die erste richtige Standortbestimmung auf dem Weg zu den Olympischen Spielen im Sommer in Tokio (23. Juli bis 8. August) ist. Wobei das Leichtgewicht aus dem Murrtal als Weltranglistenvierzehnte das Ticket nach Japan eigentlich bereits in der Tasche hat und deshalb sagt: „Ich kann völlig locker an die Sache rangehen.“

Das heißt allerdings nicht, dass sie einfach nur zum Spaß die 500 Kilometer nach Prag hinter sich bringt. „Eine Medaille wäre schon schön“, nennt die Vorzeigekämpferin der TSG ein großes Ziel. Zudem würde ein gutes Abschneiden bei den Titelkämpfen ihr auch ein paar zusätzliche Punkte für die Weltrangliste und für die Olympia-Qualifikationsrangliste bringen. Das wiederum würde sie in der Setzliste für Tokio klettern lassen und könnte den Vorteil bringen, bei den Olympischen Spielen die ganz dicken Brocken nicht gleich vorgesetzt zu bekommen. Entsprechend ehrgeizig schuftet Katharina Menz derzeit am Bundesstützpunkt in Sindelfingen und hofft darauf, dass ihre Coronatests negativ sind. Schließlich freut sie sich auf die Titelkämpfe nächste Woche, denn dann geht es für sie im Judo endlich wieder los.

Sechs der neun deutschen Starterinnen kämpfen für die TSG Backnang in der Bundesliga

Die Europameisterschaften finden vom 19. bis 21. November in der tschechischen Hauptstadt Prag statt. Die Backnangerin Katharina Menz ist in der O2-Arena gleich am Donnerstag gefordert, zählt die Frauen-Gewichtsklasse bis 48 Kilogramm doch wie fast immer bei internationalen Titelkämpfen zum Auftaktprogramm. Los geht es am 19. November um 10 Uhr. Erreicht Katharina Menz den sogenannten Finalblock, dann geht es für sie um 16 Uhr weiter. Insgesamt sind 400 Kämpfer und Kämpferinnen aus 42 Nationen für die Meisterschaft gemeldet.

Katharina Menz ist in Prag bei Weitem nicht die einzige deutsche Kämpferin aus dem Bundesliga-Team der TSG. Sechs der insgesamt neun Starterinnen des Deutschen Judo-Bundes gehen für Backnang in der Punkterunde auf die Matte. In fünf der insgesamt sieben Gewichtsklassen vertritt wenigstens eine Sportlerin des deutschen Meisters der Jahre 2017 und 2018 den Deutschen Judo-Bund. In der Kategorie bis 78 Kilogramm zählen mit Anna Maria Wagner und Luise Malzahn sogar gleich zwei Backnanger Teammitglieder zu den aussichtsreichen Kandidatinnen im Kampf um eine Medaille. Beide liefern sich in Prag auch ein Duell um den deutschen Startplatz für die Olympischen Spiele im Sommer in Tokio. Die Qualifikation dafür haben beide schon geschafft. Außer Menz, Malzahn und Wagner hat der DJB zudem noch die TSG-Kämpferinnen Nathalie Rouviére (Klasse bis 52 Kilogramm), Theresa Stoll (57) und Martyna Trajdos (63) nominiert. Vor allem die zwei Letztgenannten zählen als Weltranglistenneunte und Weltranglistensiebte ebenfalls zu den Anwärterinnen auf eine Medaille.