Auf der Hauptversammlung des Nutzfahrzeugherstellers wird aus einem durchwachsenen Rückblick auf das vergangene Jahr ein hoffnungsvoller Ausblick.
Generationswechsel: Die Daimler-Truck Vorstandsvorsitzende Karin Radström (Mitte) und die Finanzchefin Eva Scherer im Gespräch mit Aufsichtsratsboss Joe Kaeser.
Von Peter Stolterfoht
Neue Gesichter, neue Zuversicht, neue Ziele – dieser Dreiklang trägt dazu bei, dass kritische Töne der Aktionäre nicht den Rhythmus der virtuellen Hauptversammlung von Daimler Truck bestimmen. Schließlich lassen sich die im Laufe des vergangenen Jahres in die Ämter beförderte Vorstandsvorsitzende Karin Radström sowie die Finanzchefin Eva Scherer (beide übrigens im Besitz eines Lkw-Führerscheins) nur bedingt mit dem Geschäftsverlauf 2024 in Verbindung bringen.
„Ein bewegtes Jahr“, sagt Aufsichtsratschef Joe Kaeser, „liegt hinter uns.“ In Zahlen heißt das: Im zurückliegenden Geschäftsjahr ist der bereinigte operative Gewinn (Ebit) des global tätigen Lkw- und Busherstellers um 15 Prozent auf 4,67 Milliarden Euro gesunken. Der Umsatz ging von 55,9 Milliarden Euro auf 54,1 Milliarden Euro zurück. 2023 betrug das Ebit noch 5,49 Milliarden Euro.
Kritik an virtueller Veranstaltung
Gleich bleibt dagegen die Dividende. Wie im Vorjahr werden pro Aktie 1,90 Euro ausgeschüttet. Das Aktiengesetzt schreibt vor, dass die Dividenden am dritten auf die Hauptversammlung folgenden Arbeitstag fällig sind. Weniger zufrieden zeigen sich die Aktionäre mit einer anderen Stabilität. Kritisch angemerkt wird, dass die Daimler-Truck-Aktie auf der Stelle tritt, selbst wenn der Dax zum Höhenflug ansetzt.
Auch das Format der Hauptversammlung gefällt nicht jedem. Seit der Abspaltung von Mercedes-Benz am 1. Dezember 2021 fanden die Hauptversammlungen von Daimler Truck immer virtuell statt. Der geäußerten Aktionärsforderung, dass es 2026 erstmals zu einer Präsenzveranstaltung kommen soll, muss der Aufsichtsratsvorsitzende Joe Kaeser ein Absage erteilen. „In Frage kommende Hallen sind schon zwei Jahre zuvor ausgebucht, sodass ich dieses Format im nächsten Jahr mit ziemlicher Sicherheit ausschließen kann.“
Positive Ausrufezeichen setzen und den zuversichtlichen Blick in die Zukunft richten, das darf dann die Vorstandsvorsitzende Karin Radström – in ihrer ersten auf Deutsch gehaltenen längeren Rede, wie sie zu Beginn ihrer Ausführungen anmerkt. Die einen Generationswechsel verkörpernde Nachfolgerin des bis September 2024 amtierenden Daimler-Truck-Chefs Martin Daum geht gleich in die Vollen, wenn sie sagt: „Wir wollen das beste Lkw- und Busunternehmen der Welt sein.“
Radström, einst als Ruderin WM-Teilnehmerin für Schweden, glaubt, die richtigen Maßnahmen für das Ziel ergriffen zu haben. Große Bedeutung schreibt sie dabei dem Sparprogramm „Cost Down Europe“ zu. Mit dieser Initiative will Daimler Truck bis 2030 eine Kostensenkung von einer Milliarde Euro erreichen. Dafür wurde gerade erst der Weg freigemacht, nachdem sich Gesamtbetriebsrat und Geschäftsführung auf einen lange Zeit nicht für möglich gehaltenen Kompromiss geeinigt haben – festgeschrieben in einem Eckpunktepapier.
Die Einigung sieht vor, dass die für alle Beschäftigten an den deutschen Standorten ursprünglich bis 2030 geltende Zukunftssicherung verlängert wird. Damit sind betriebsbedingte Kündigungen nun bis 2035 ausgeschlossen.
Es bleiben Unwägbarkeiten
Der geplante Stellenabbau, von dem besonders die Daimler-Truck-Zentrale in Leinfelden-Echterdingen betroffen sein soll, wird über Freiwilligenprogramme mit Abfindung, Alterzeilzeit, Frühpensionierung und der Vermittlung in andere Bereiche geregelt. Im Gegenzug verzichtet die Belegschaft zeit- und teilweise auf Tariferhöhungen.
Dennoch hat die Zuversicht bei Daimler Truck auch Grenzen. Es sind die Unwägbarkeiten, die Prognosen schwer machen – zum Beispiel auf dem wichtigen US-Markt unter dem Einfluss von Donald Trump. Dazu gehören genauso der russische Angriffskrieg in der Ukraine, die Handelsbeziehungen zu China oder die große Frage, welcher Antrieb die Zukunft des Lkw-Bereichs sein wird.