Mit einer Autopanne fing alles an

Als Waldemar Witte, Firmengründer der Witte+Sutor GmbH, in den 1950ern nachts mit dem Wagen liegen blieb, ließ ihn die Idee einer wiederaufladbaren Taschenlampe nicht los. Seine Erfindung ist die erste Innovation der Firma, die nun ihr 75-jähriges Bestehen feiert.

Mit einer Autopanne fing alles an

Der Unternehmenssitz in Murrhardt schräg gegenüber des Heinrich-von-Zügel-Gymnasiums. Fotos: Witte+Sutor GmbH

Von Elisabeth Klaper

MURRHARDT. Die 1954/55 erfundene wiederaufladbare Taschenlampe Acculux war ein zukunftsweisendes Pionierprodukt für Nachhaltigkeit, Energieeffizienz, Umwelt- und Klimaschutz. Damit war das schwäbische Familienunternehmen Witte+Sutor GmbH rasch weltweit erfolgreich und gehört seitdem zu den Technologie- und Innovationsführern bei der Entwicklung ladbarer Leuchten. Das Markenzeichen Acculux gilt international als Garant für Qualität, vorbildliches Design, technische Perfektion und höchste Sicherheit. Zugleich steht der Markenname Thermolux für den „Grünen Bereich“ mit Wärmematten für verschiedenste Einsatzbereiche.

Über 100 Patente ließ die Witte+Sutor GmbH mit Sitz in Murrhardt im Lauf ihrer 75-jährigen Unternehmensgeschichte eintragen. Sie zeichnet sich durch hohe Innovationskraft, Flexibilität und schlanke Strukturen aus, die schnelle Entscheidungen ermöglichen. Hinzu kommt ein ständig wachsendes Know-how durch Kooperationen mit namhaften wissenschaftlichen Instituten. Seit 75 Jahren entwickelt und fertigt die Firma im Wesentlichen im eigenen Betrieb. Ebenso wichtig wie die Produkte ist der Kundenservice auf Basis einer modernen Teamorganisation.

Die Firmenhistorie stellt ein spannendes Stück Zeitgeschichte dar: Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs erfolgte die Gründung durch Waldemar Witte senior (1914 bis 1995). Der gebürtige Saarländer und studierte Elektroingenieur war bei Bosch tätig, ein leidenschaftlicher Tüftler und genialer Erfinder. 1945 kam Witte in den Schwäbischen Wald nach Ebersberg bei Kaisersbach, wohin sich seine Familie gerettet hatte. Anfangs war er mit einem alten Damenfahrrad in der Umgebung unterwegs, um mit geliehenen Werkzeugen diverse technische Reparaturen auszuführen, vor allem von Radios.

Im Mai 1946 erfolgte die Gewerbeanmeldung: Waldemar Witte begann als selbstständiger Unternehmer mit seinem Bosch-Kollegen und Geschäftspartner Walter Sutor den Betrieb in einer mechanischen Werkstatt. Anfangs regenerierten sie „Elkos“, wie man die in Radios verwendeten Elektrolytkondensatoren zur Speicherung von elektrischer Energie nannte. Das Geschäft lief gut bis zur Währungsreform 1948, als die ersten neuen Radiogeräte auf den Markt kamen. Waldemar Witte überwand diese existenzbedrohende Krise, indem er Materialien einkaufte, um selbst neue „Elkos“ herzustellen. 1950 verlegte er die Produktion nach Murrhardt auf ein großes Grundstück an der Straße nach Steinberg, bis heute Sitz des Unternehmens. Erste Produktionsstätte war das sogenannte „Hexenhäusle“, ein kleines Gebäude, das sich heute nah an der Zufahrt befindet. 1954 führte eine nächtliche Autopanne des Unternehmers nahe Crailsheim zu dessen bahnbrechender Erfindung. Da seine eigene Taschenlampe nicht funktionierte, lieh er sich eine auf einem Bauernhof und konnte die Panne beheben. Auf der Heimfahrt hatte Waldemar Witte einen Geistesblitz: Er wollte das bisherige Trockenbatterieprinzip durch ein System ablösen, bei dem ein Akku immer wieder an der Steckdose aufgeladen werden kann. Gleich nach der Heimkehr ging der Tüftler ins Labor, und nach vielen vergeblichen Versuchen funktionierte die Versuchsschaltung: Er hatte Acculux erfunden, die erste wiederaufladbare Taschenlampe der Welt.

1955 erfolgte die Patentanmeldung, und Witte brachte die ersten Exemplare, die er mit seinem Assistenten Alois Langer zusammenbaute, selbst nach Stuttgart. Er ging von einem Elektrogeschäft zum anderen, um seine Erfindung vorzustellen: Die Händler waren begeistert, und die erste Serienproduktion startete mit sieben Mitarbeiterinnen im „Hexenhäusle“. In den folgenden Jahren entwickelte Waldemar Witte mit einem jungen Mitarbeiterteam aus kreativen Fachkräften zahlreiche weitere wiederaufladbare Lampen und Elektrogeräte, darunter auch einen schnurlosen Rasierer.

1997 übernahm sein Sohn, der studierte Volks- und Betriebswirt Waldemar Witte junior, die Geschäftsführung. 1999 trat dessen Sohn Andreas Witte, Enkel des Firmengründers, der internationale Betriebswirtschaft studiert hat, als Vertriebsleiter ins Unternehmen ein. Die Witte+Sutor GmbH ist auf dem deutschen und europäischen Markt präsent, ebenso in den USA, Südamerika, Skandinavien und Asien. „Wir möchten den Standort erhalten und ausbauen, indem wir weiterhin ausbilden und unseren Nachwuchs und die Mitarbeiter fördern.

Firma arbeitet mit Fachleuten vom Fraunhofer-Institut zusammen.

Mitarbeiter zum kreativen Arbeiten anzuregen und ihnen Freiräume für eigene Aktivitäten zu lassen, hat bei uns Tradition. Unsere Innovationskraft ist unser Kapital, und wir setzen alles daran, sie zu erhalten“, formuliert Andreas Witte die Zukunftsziele des Unternehmens.

Bei der Entwicklung neuer Produkte und deren Praxistests werden Experten und Institutionen wie das Fraunhofer-Institut und das Kunststoffinstitut Stuttgart mit eingebunden. Zudem sind alle Produkte vom Tüv zertifiziert. Die Qualität habe höchste Priorität und werde ständig verbessert. Auch weiterhin wird die breite Palette der Hightechprodukte in der Walterichstadt produziert. „Bei uns herrscht ein starkes Wirgefühl, und der gemeinsame Wille, als motivierte Leistungsgemeinschaft im Wettbewerb zu gewinnen“, erklärt Waldemar Witte, der darin einen wichtigen Grund für den anhaltenden Unternehmenserfolg sieht. Seit 2019 wurden Geschäftsführer Waldemar Witte und Vertriebsleiter Andreas Witte zu Senatoren im „Senat der Wirtschaft“ in Berlin berufen, der die Bundesregierung berät.

Trotz der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Situation wegen der Coronapandemie ist die Nachfrage nach den Produkten von Witte+Sutor weiter ziemlich konstant, denn die Firma beliefert vor allem systemrelevante Zielgruppen und Kunden wie Feuerwehren, andere Blaulichtorganisationen und Energieversorger.

Im Betrieb selbst wird auf den rund 800 Quadratmetern Produktionsfläche ein strenges Hygienekonzept für die rund 40 Mitarbeiter umgesetzt. Sie sind verpflichtet, während der Arbeit FFP2- oder OP-Masken zu tragen sowie regelmäßig die Hände und Arbeitsflächen zu desinfizieren. In der Produktion läuft der Normalbetrieb weiter, dagegen ist ein Teil der Büromitarbeiter in Kurzarbeit, ein Teil arbeitet im Homeoffice oder Heimarbeit. Im Betrieb hat man Plexiglastrennwände eingebaut und vom Großraumbüro auf Einzelbüros umgestellt.

Mit einer Autopanne fing alles an

Zum 75-jährigen Bestehen des Murrhardter Unternehmens gibt es eine Jubiläumsedition der Acculux-Taschenlampe.

Kleine Chronik der bedeutendsten Erfindungen und Innovationen

In den 1950er-Jahren erfand Firmengründer Waldemar Witte Acculux, die erste ladbare Akkuleuchte der Welt, und entwickelte sie erfolgreich weiter. Dafür erhielt die Firma auf der Weltausstellung in Brüssel 1958 eine Goldmedaille. In den 1960er-Jahren folgte die Entwicklung einer ladbaren Leuchte mit Solarzellen. In den 1970er- und 1980er-Jahren stellte das Unternehmen unter anderem die ladbare Powerlux-Halogen-Leuchte und die „Starlet“ her, damals die kleinste ladbare Leuchte der Welt.

Aus dem Botanikhobby des Firmengründers heraus erfolgten Anfang der 1980er-Jahre die Erfindung, Entwicklung und Markteinführung der Wärmematte „Unitherm“ und der Thermolux-Wärmeunterlage, woraus sich die Firma ein weiteres Standbein aufbaute. Mit der Thermolux für den Pflanzenbereich entwickelte sie die erste flexible Ein- und Unterlegmatte der Welt. Später kamen weitere Anwendungsbereiche hinzu wie Fußwärmematten, Heizteppiche, Wärmematten für Haustiere, Terraristik, Hörgeräte und Infrarotwärmekabinen.

In den 1990er-Jahren gelang die Entwicklung und Ausführung der LED 2000, die erste ladbare LED-Leuchte von Acculux. 2000 folgte eine neue, mit Mikroprozessor gesteuerte Arbeitsleuchte mit Notlichtfunktion. Mit dem Lithium-Eisen-Phosphat-Akku kommt für Arbeitsleuchten ein Hightechakku der neusten Generation zum Einsatz. Seitdem erfolgten zahlreiche Innovationen und Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der LED-Technologie. So ladbare LED-Taschenleuchten, ein LED-Otoskop für die Medizintechnik, LED-Stableuchten, LED-Leuchten mit Linsen zur Lichtbündelung sowie der neue AkkuPack 2D, der zwei Monozellen ersetzt und ohne Adapter an der Steckdose ladbar ist.

2005 brachte Witte+Sutor die verbrauchssparsame, extrem helle LED-Designleuchte Megalux 3 Watt LED auf den Markt. 2006 erfolgte die Neuentwicklung der am Zigarettenanzünder eines Autos ladbaren Autolux LED. 2007 führte die Firma eine speziell geprüfte und zertifizierte Arbeitsleuchte mit Notlichtfunktion für den Einsatz in gas- und staubexplosionsgefährdeten Bereichen ein. Zwischen 2008 und 2010 folgten die Taschenlampe Petalux, diverse Arbeitsleuchten mit Notlichtfunktion, teils mit LED und Linsenfokus für höchste Leuchtkraft, sowie die Wärmematte mat4pet für Haustiere. Zudem spezialisierte sich Witte+Sutor auf explosionsgeschützte, speziell zertifizierte Hochleistungsarbeitsleuchten, die der deutschen Feuerwehrnorm entsprechen und in einer explosionsgefährdeten Umgebung eingesetzt werden können. Zum Beispiel bei den Blaulichtorganisationen, aber auch in Handwerk und Industrie, Kläranlagen und Gefahrguttransportern sowie weiteren Bereichen. So führte die Firma in den Jahren 2011 bis 2013 verschiedene Knickkopf-, Hand- und Helmleuchten ein, zudem für viele unterschiedliche Zwecke einsetzbare, wiederladbare Leuchten.

Von 2014 bis heute hat die Firma eine Reihe weitere Winkel-, Hand-, Helm- und Stirnleuchten in Akku- und Batterieversion entwickelt, die auch im Gefahrenbereich der Zone 0 eingesetzt werden können. Dort ist eine gefährliche, explosionsfähige Atmosphäre als Gemisch aus Luft und brennbaren Gasen, Dämpfen oder Nebeln ständig, über lange Zeiträume oder häufig vorhanden. Hinzu kommt eine Jubiläumsedition der Acculux-Taschenlampe zum 75-jährigen Bestehen.