Drogenhandel

Mit Soldaten gegen Brüsseler Drogenclans

Belgien verschärft den Kampf gegen die Schmuggler, dafür werden sogar die Sicherheitsgesetze geändert.

Mit Soldaten gegen Brüsseler Drogenclans

Belgien gilt als Einfallstor für den Drogenschmuggel in Europa. Der Staat will nun mit harten Maßnahmen gegen die Banden vorgehen.

Von Knut Krohn

Belgien ist Europas Einfallstor für Drogenschmuggler. Der Hafen in Antwerpen ist seit Jahren einer der wichtigsten Umschlagplätze im internationalen Drogenhandel. Die Rekordmenge von über 110 Tonnen Kokain wurden im Jahr 2023 von den Zollbehörden sichergestellt, was die Politik in Zugzwang brachte. Innerhalb von wenigen Monaten wurden die Kontrollen deutlich verstärkt und die Beamten mit modernen Scannern zum Durchleuchten der ankommenden Container ausgestattet. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: 2024 wurden nur noch 44 Tonnen Kokain gefunden. Die Ermittler wissen aber, dass dies nur ein kleiner Bruchteil der tatsächlich geschmuggelten Drogen sind.

Die Schmuggler suchen sich neue Wege

Zudem haben die Schmuggler reagiert und suchen neue Wege. Das führt dazu, dass im gleichen Zeitraum am Brüsseler Flughafen der Drogenschmuggel deutlich zunahm. Im zu Ende gehenden Jahr habe sich die dort beschlagnahmte Menge an illegalen Drogen auf rund neun Tonnen verdoppelt, teilte der belgische Zoll in diesen Tagen mit. Zuletzt wurde im November eine größere Menge sichergestellt. Zwei junge Männer wurden mit weit über 100 Kilogramm Kokain festgenommen, als sie mehrere Pakete vom Kofferband nehmen wollten. Der Wert der Sendung wurde auf mindestens 4,3 Millionen Euro geschätzt.

Der Transport ist offenbar genau geplant. Belgische Ermittler berichten, dass kriminelle Organisationen an den meist südamerikanischen Abflughäfen das Bodenpersonal mit Bestechungsgeldern gefügig machen, damit die Drogen unkontrolliert an Bord eines Flugzeuges geladen werden. In Brüssel haben sich die beiden verhafteten Männer Tickets einer Billigfluglinie gekauft, um Zugang zum Flughafen zu bekommen und die Drogen an der Gepäckausgabe in Empfang zu nehmen. 2025 wurden allein in Brüssel-Zaventem nach Angaben des Zolls rund zwei Tonnen Kokain gefunden - fast vier Mal so viel wie im Vorjahreszeitraum. Der Flughafen ist auch eine der großen Frachtdrehscheiben in Europa, über den der illegale Handel synthetischen Drogen wie Ketamin oder Ecstasy abgewickelt wird.

Der Flughafen als neues Einfallstor für Drogen

Den Großteil der beschlagnahmten Drogen machte in Brüssel allerdings Cannabis aus, von dem 2025 rund acht Tonnen aus dem Verkehr gezogen wurden. Der Stoff sei vornehmlich aus drei Ländern gekommen: Thailand, den USA und Kanada, erklärt der Chef der Zollbehörde, Kristian Vanderwaeren. Dass in den USA der Anbau von Cannabis in einigen US-Bundesstaaten mittlerweile legal sei, habe in Europa aktive kriminelle Banden auf den Plan gerufen. „Es ist offensichtlich, dass der Verkauf von Cannabis auf dem europäischen Markt mehr Geld einbringt“, betont Vanderwaeren.

Mit dem Anstieg des Drogenschmuggels hat in Belgien auch die damit zusammenhängende Kriminalität zugenommen. Fast täglich werden in Brüssel und Antwerpen Schießereien gemeldet, bei denen Menschen getötet oder schwer verletzt werden. Als Grund für die Eskalation nennt die Polizei, dass der Kampf um die „Territorien“ schärfer geworden sei. In Brüssel hätten inzwischen albanische Clans die Führung übernommen, für die die Stadt eine Art logistischer Knotenpunkt geworden sei. Die importierten Drogen würden von dort nach Südosteuropa weitertransportiert.

Die Drogenclans liefern sich blutige Schlachten

Gleichzeitig würden Clans aus der Drogenszene in Marseille versuchen, in Brüssel Fuß zu fassen, was die Gewaltexzesse erklären würde. Sorgen bereitet den Behörden allerdings nicht nur der florierende Schmuggel und die Gewalt, sondern auch damit einhergehende Korruption. Die kriminellen Strukturen haben sich inzwischen tief in die staatlichen Strukturen gefressen. Bei Razzien im Drogenmilieu wurden zuletzt auch immer wieder Polizisten festgenommen.

Lange stand die belgische Regierung der steigenden Zahl von Gewalttaten im Drogenmilieu reichlich hilflos gegenüber, will nun aber massiv durchzugreifen. Deshalb werden nun die nationalen Gesetze so verändert, das in Zukunft Soldaten in den Straßen von Brüssel für Ruhe und Ordnung sorgen können. „Die Armee hat die Aufgabe, die Integrität des Staatsgebiets zu schützen“, sagte Innenminister Bernard Quintin in einem Interview mit der Zeitung „De Standaard“. „In der Regel tun sie dies außerhalb unserer Grenzen, aber der Krieg gegen die Drogenkriminalität fällt ebenfalls unter die Integrität des Staatsgebiets.“ Der liberale Minister dürfte das Wort „Krieg“ sehr bewusst gewählt haben. Die kriminellen Drogenclans sollen sich in Belgien offensichtlich nicht mehr sicher fühlen.