Mitreißende Melodien und Musizierfreude

Trotz schwieriger Probensituation begeistern Jugendkapelle und Blasorchester des Musikvereins Stadtkapelle die Zuhörer beim Herbstkonzert.

Mitreißende Melodien und Musizierfreude

Der erste Auftritt der Jugendkapelle nach der Fusion mit den Hit Kids ist gelungen. Foto: E. Klaper

Von Elisabeth Klaper

Murrhardt. Endlich können die Musiker des Musikvereins Stadtkapelle wieder live vor Publikum ihr Können zeigen. Sie sprühen nur so vor Musizierfreude, denn sie haben sich trotz der schwierigen Bedingungen in der Coronapandemie, als phasenweise Unterricht, Proben und weitere Aktivitäten nur online möglich waren, bestmöglich vorbereitet. Sie legen sich beim Herbstkonzert in der fast voll besetzten Murrhardter Festhalle ins Zeug und heimsen stürmischen Beifall der Zuhörerschar ein. Sie präsentieren ihnen attraktive und klangschöne, harmonisch und rhythmisch stimmige Darbietungen eines facettenreichen Programms.

Wegen des Mangels an jungen Nachwuchsmusikern habe man die Hit Kids und die Jugendstadtkapelle zusammengelegt und eine neue Jugendkapelle unter der Regie von Jugendleiter und Jugenddirigent Kevin Perri formiert, berichtet Stefan Eitel, Vorsitzender des Bereichs Musik. Darunter sind noch einige ganz junge Schüler der vereinseigenen Musikschule, die dank sehr guter Vorbereitung durch deren Lehrkräfte erfolgreich ihren Premierenauftritt absolvieren. Auch wenn dieses neue Ensemble durchweg leichte Stücke für Anfänger präsentiert, zeigen doch alle Mitwirkenden großes Engagement und meistern die Herausforderung mit Bravour.

Schwungvoll bringen die Jugendlichen das Hauptthema der Filmmusik von John Williams zu den drei „Star Wars“-Trilogien zur Geltung. Attraktive Klänge und Rhythmen mit raffinierter Perkussion zeichnen „Danza Africana“ von Victor Lopez aus, während „Caribbean Breeze“ vom selben Komponisten die Sehnsucht nach den karibischen Inseln weckt. Von der Melodik der Shantys inspiriert, erinnert „Distant Journey“ von Paul Lavender an eine abenteuerliche Seefahrt ins Ungewisse.

Auch im Blasorchester wirken unter der Regie von Tobias Haussig viele junge Musiker mit. Dessen diverse Instrumentenregister interagieren souverän. Jede Komposition bringen die Akteure bis ins kleinste Detail rhythmisch und harmonisch präzise zur Entfaltung. Das Programm steht im Zeichen des Abschieds, denn zum großen Bedauern aller verlässt der musikalische Leiter Tobias Haussig die Stadtkapelle, nachdem er nach Aachen umgezogen ist. Für ihn sei es ein besonderer Abend, betont er spürbar bewegt: Vor 20 Jahren habe er seine Arbeit als Dirigent begonnen, und er dankt dem Musikverein Stadtkapelle, vor allem Stefan Eitel und Kevin Perri, für die Chance, das große Vertrauen, die Leistungsbereitschaft und die aufopferungsvolle Arbeit. Voller Schwung geht’s los mit dem Graf-Zeppelin-Konzertmarsch von Carl Teike, einem Ohrenschmaus für Freunde traditioneller Blasmusik. Aufbruchstimmung vermittelt „Fanfare: Junge Fasane fliegen zum Himmel“. Vom japanischen Komponisten Satoshi Yagisawa zum Jubiläum einer höheren Schule geschrieben, symbolisieren Fasane die Schüler, die ihrer Zukunft entgegenfliegen. Haussig zeigte sich froh darüber, dass er mit jungen Menschen zusammenarbeiten durfte: Jugendarbeit koste Zeit und Energie, sei aber „ein Versprechen an die Zukunft“.

Das Medley mit Melodien aus dem Musical „Chess“ war das erste Werk für Blasorchester, das Haussig einstudierte. Die Musiker der Stadtkapelle „gaben mir viel Gestaltungsspielraum“, um die Interpretation zu vervollkommnen, betont er. Im Musical wird das Schachspiel zur Metapher für den Konflikt zwischen Ost und West, aber auch für die Liebe eines Paares.

Als Hommage an Komponist Ennio Morricone, der vor allem durch seine Filmmusik zu Italowestern berühmt wurde, trug das Blasorchester das Medley „Der italienische Western“ von André Waignein vor mit den drei Stücken „Santa Fe Express“, „Funerale Nero“ und „Marsch von MacGregor“ aus den Filmen „Sieben Pistolen für McGregor“ und „Escalation“. Die heitere, rhythmisch betonte, temporeiche Musik illustriert treffend den rauen, aber auch komischen Stil dieser Filme. Höhepunkt ist ein bezauberndes Trompetensolo von Stefan Eitel.

Hörvergnügen bereitet die Fortsetzung der „80er-Kult(tour)“ von Thiemo Kraas, ein Medley aus Hits der 1980er-Jahre, ebenso bunt und schrill wie diese Dekade. Im flotten Popsound mit schnellen Temporhythmuswechseln präsentiert das Blasorchester „Dein ist mein ganzes Herz“ von Heinz Rudolf Kunze, „Wunder gescheh’n“ von Nena, „Verdamp lang her“ von BAP und „Major Tom“ von Peter Schilling mit einer ansteigenden Veränderung der Tonhöhe durch das gesamte Orchester als Abschluss. Mit stürmischem Beifall dankt das Publikum den Mitwirkenden für das Hörerlebnis.

So folgen zwei Zugaben: der altrussische Marsch „Abschied der Slawin“ von Wassili Agapkin und die Polka „Von Freund zu Freund“ von Martin Scharnagl im traditionellen böhmischen Stil. „Die Verabschiedung von Tobias Haussig fällt uns extrem schwer“, betont Stefan Eitel. „Es war eine musikalisch tolle Zeit.“