Krieg in der Ukraine

Nato warnt Russland vor Eskalation

Nach den jüngsten Provokation durch Moskau arbeitet die Allianz verstärkt an der Sicherung ihrer Ostgrenze. Im Fokus steht die auch Drohnenabwehr.

Nato warnt Russland vor Eskalation

Der Einsatz von Drohnen hat den Krieg in der Ukraine verändert. Nun muss auch die Nato auf diese Entwicklung reagieren.

Von Knut Krohn

Die Nato will keine Zweifel aufkommen lassen: das Verteidigungsbündnis wird hart auf weitere Verletzungen des Luftraums durch Russland reagieren. „Die Nato und ihre Verbündeten werden im Rahmen des Völkerrechts alle notwendigen militärischen und nichtmilitärischen Werkzeuge nutzen, um uns zu verteidigen“, heißt es in einer Erklärung aus dem Hauptquartier in Brüssel. Diese Stellungnahme bedeutet auch, dass künftig nicht nur Drohnen, sondern auch russische Flugzeuge abgeschossen werden könnten, um eine Bedrohung des Bündnisgebiets auszuschließen.

Polen droht Russland mit Abschuss von Jets

Bereits am Tag zuvor hatte Polens Regierungschef Donald Tusk unmissverständlich klargemacht, dass sein Land nicht zögern werde auch russische Jets abzuschießen. „Die Entscheidung, Flugobjekte abzuschießen, werden wir ohne Diskussion treffen, wenn sie unser Hoheitsgebiet verletzen und über Polen fliegen“, so der Premierminister. „Hier gibt es nichts zu diskutieren.“

Er betonte aber auch, dass man vorsichtig vorgehen und zweimal überlegen müsse, bevor man eine Entscheidung treffe, die zu einer ernsthaften Eskalation des Konflikts führen könnte.

Die Sitzung am Dienstag in Brüssel war auf Wunsch Estlands einberufen worden. Das baltische Land hatte am Freitag unter Berufung auf Artikel 4 des Bündnisvertrags Beratungen beantragt, nachdem drei russische Maschinen vom Typ MiG-31 rund zwölf Minuten über der Ostsee durch estnischen Luftraum geflogen waren.

Artikel 4 des Nato-Vertrags sieht Konsultationen vor, wenn ein Alliierter die Unversehrtheit des Bündnisgebiets, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer Partei bedroht sieht.

Ein vielsagender Satz in der Nato-Erklärung

Vielsagend ist ein kurzer Satz fast am Ende der Nato-Erklärung. „Unser Bekenntnis zu Artikel 5 ist felsenfest“, ist dort zu lesen. Grund für diese Versicherung sind wohl Aussagen des US-Präsidenten Donald Trump in den vergangenen Monaten, die daran zweifeln ließen, dass sich die USA tatsächlich an die sogenannte Beistandsgarantie gebunden fühlen. Am Sonntag hatte Trump allerdings zugesichert, die Nato-Partner im Falle einer weiteren Eskalation durch Russland zu verteidigen. Auf eine entsprechende Reporterfrage antwortete Trump: „Ja, das würde ich.“

Der Zwischenfall über dem Baltikum war nicht der erste Warnschuss für die Allianz. Vor knapp zwei Wochen waren 19 russische Drohnen überfallartig in den polnischen Luftraum eingedrungen, drei von ihnen wurden von Nato-Jets abgeschossen. Dabei wurde deutlich, dass die Nato noch nicht vollständig auf die neue Art eines Drohnenkrieges vorbereitet ist, der sich in den vergangenen drei Jahren in der Ukraine entwickelt hat. Nach dem Vorfall wurde die Ostflanke der Nato mit mehreren Kampfjets verstärkt.

Die Nato plant den Aufbau eines „Drohnenwalls“

Zentrales Element zur Verteidigung soll in Zukunft aber ein „Drohnenwall“ werden, der mit Flakgeschützen, Raketen oder eigenen Drohnen vor Angriffen von russischen Drohnenschwärmen schützt. Die Ukraine hat bereits ihre Hilfe beim Aufbau angeboten. Dort werden etwa akustische Sensoren genutzt, die die anfliegenden Drohnen erkennen können.

Die EU setzte den „Drohnenwall“ ganz oben auf die Liste von Rüstungsprojekten, die gemeinsam von den Europäern finanziert werden sollen. Nato-Generalsekretär Mark Rutte erklärte, dass die Nato daran arbeite, neben Abschreckungs- und Verteidigungsmaßnahmen auch die „neuesten Drohnentechnologien so schnell wie möglich zu implementieren“.

Schwerer Kampf gegen Russlands Billigdrohnen

Fachleute warnen jedoch, den Blick vor allem auf die Drohnen zu konzentrieren. Carlo Masala von der Bundeswehr-Universität in München betont, dass „Drohnen kein Ersatz für Infanterie oder Panzer sind, sondern eine Ergänzung. Man muss nur wissen, wie alle Waffen am besten zusammenarbeiten“. Zudem hat sich im Krieg in der Ukraine gezeigt, dass es auch eher konventionelle, aber sehr effektive Mittel gibt, um Russlands Billigdrohnen abzuwehren: etwa Flugabwehrsysteme wie Mantis oder Skyranger.

Im Gespräch zur Drohnenabwehr sind auch hochmoderne Laser-Waffen. Dabei wird ein intensiver Infrarotstrahl auf ein Ziel gerichtet. Die Bundeswehr testete von 2022 bis 2023 auf der Fregatte „Sachsen“ eine Laserwaffe der Rüstungskonzerne Rheinmetall und MBDA. Solch ein System würde sich „insbesondere zur Abwehr von Drohnen, Drohnenschwärmen oder angreifenden Schnellbooten“ sowie gegebenenfalls Lenkflugkörpern eignen, erklärte Rheinmetall dazu.