Irene Sotiriou im Gespräch mit Bürgermeister Armin Mößner im „Grünen Haus“.
Von Christine Schick
Murrhardt. Im Frühjahr waren die Leerstände und einzelne Geschäftsaufgaben in der Murrhardter Innenstadt augenfällig. Die Stadtverwaltung hatte daraufhin ein Förderprogramm für Existenzgründerinnen und -gründer sowie Pop-up-Stores vorgeschlagen, das der Gemeinderat unisono verabschiedete. Was ist seitdem passiert? Konnte die Stadt bei Projekten unterstützen? Bei einem Gang durch die Innenstadt mit Bürgermeister Armin Mößner und Wirtschaftsförderer Uwe Matti steht der Besuch bei zwei neuen Geschäften an. Sie freuen sich, dass ein Gemüse- und Obstladen in der Fußgängerzone und ein Secondhandgeschäft für Kinderkleider in der Unteren Schulgasse die Eröffnung gewagt haben.
Breites Angebot und ein eigenes Label
Die Tür zu Helene Kochs „Villa Kinderbunt. Kindersecondhand&Selfmadestore“ steht offen und im Eingangsbereich empfangen einen eng behängte Kleiderstangen mit bunten Shirts und jeder Menge Stücke für Knirpse. Hinzu kommen Buggys, Bobbycars, Laufräder und Spielzeug. Außerdem finden sich Rucksäcke, Halstücher, Musselinkleidchen und Windeltaschen im Geschäft, die den Schriftzug „Kwabena“ von Kochs eigenem Label tragen. „Das war mein Traum, meine eigene Marke auf den Markt zu bringen in Kombination mit Secondhand“, erzählt sie. Weiter hinten geht es in einen Raum, in dem die 33-Jährige Festtagskleidung und Outdoorjacken für Kinder, Umstandsmode für werdende Mütter, Babynester, Tragen und Milchpumpen präsentiert. „Die Secondhandwaren kann ich entsprechend billiger anbieten, wichtig ist mir dabei die Nachhaltigkeit“, sagt sie. Die Ware nimmt sie nach Prüfung auf Kommission an und erhält beim Verkauf einen Provisionsanteil. Da Kinder bekanntlich schnell aus den Kleidern herauswachsen, ist das für Eltern, die etwas weitergeben oder neu kaufen möchten, interessant. „Secondhand-Kinderkleider anzubieten finde ich eine gute Idee. Man muss die Sachen nicht wegwerfen“, sagt Armin Mößner. Hinzu kommt, dass Murrhardt kinderreicher geworden ist, insofern hofft er auf entsprechende Kundschaft. Seit dem Start am 10. Juni sind es meist Mütter und Großmütter, die in den Laden kommen, manche seien überrascht, wie neu die Kleidungsstücke wirken, und vom Angebot angetan, so Koch. Nicht selten wird sie gefragt, ob sie auch Sachen annehme. Dafür vereinbart sie aber Termine. Die 33-Jährige lebt in Weissach im Tal und hat in der Walterichstadt ihre Fühler ausgestreckt, nachdem sie ihr Konzept im Freundes- und Familienkreis vorgestellt und gutes Feedback bekommen hatte. Helene Koch ist gelernte Krankenschwester, hat viele Jahre in der Klinik und bei einem Arzt in Murrhardt gearbeitet und sich insofern sehr bewusst auf diesen Schritt in ein ganz anderes Berufsfeld vorbereitet. Mit ihrem Konzept hat sie den Vermieter genauso wie die Stadtverwaltung überzeugt, die die 33-Jährige – selbst Mutter zweier Kinder – nun über das Förderprogramm mit etwas mehr als der Hälfte des Höchstsatzes von 10000 Euro für insgesamt zwei Jahre unterstützt.
Wie sieht es mit weiteren Anfragen aus? Die gibt es, allerdings waren aus Sicht von Wirtschaftsförderer Uwe Matti bisher keine förderwürdigen Vorhaben dabei. Auch Interessenten von Pop-up-Stores haben sich bisher keine gemeldet. Mößner sind aber Konzepte wie das von Helene Koch, die sich etwas aufbauen will und insofern auch für die Innenstadt ein nachhaltiges Angebot macht, sehr viel lieber, erläutert er.
Unterstützung bei rechtlichen Fragen
Weiter geht es zum „Grünen Haus“ in der Hauptstraße, das schon vor Start des Förderprogramms die Eröffnung geplant hatte und insofern keine finanzielle Hilfe beantragen konnte. Unterstützt hat die Stadtverwaltung trotzdem. Für Betreiberin Irene Sotiriou war klar, dass sie neben ihrer Auswahl an Obst und Gemüse auch frische Salate zum Verzehr anbieten wollte. „Es ging um die Begleitung bei den rechtlichen Fragen“, erläutert Matti. Da die Hürden für einen Gastronomiebetrieb höher seien, habe man empfohlen, einen sogenannten Vor-Ort-Verzehr einzurichten. Praktisch heißt das, dass die Gäste nicht bedient werden, sich ihren Kaffee oder den frischen Salat selbst besorgen und an den Bistrotischen im rechten Bereich genießen können. Irene Sotiriou hat vom Betreiber Obstbau Gruber, der in Murrhardt seinen Laden aufgegeben hat, gehört, dass er einen Nachfolger sucht, erzählt sie, und hat sich entschlossen, den Schritt in das für sie neue Gebiet zu wagen. „Wir haben Bio- und regionale Ware“, sagt sie, hinzu kommt eine Auswahl an Feinkost, Kaffee und Leckereien wie Gebäck. „Für die Leute muss das preislich machbar sein.“ Insofern stelle sie sich immer noch auf die Nachfrage ein und schaue, was funktioniere. Bisher ist die Murrhardterin zufrieden, der Laden werde gut angenommen, auch wenn es noch seine Zeit brauche, bis er bekannter sei und sich etabliert habe. Wichtig sei ihr auch, andere Einzelhändler in der Stadt zu unterstützen. „Je nachdem, was die Leute brauchen, schicke ich sie beispielsweise in die Eisdiele oder ins Reformhaus.“ Das freut auch Mößner. „Wir brauchen Verbündete, die etwas wagen und ihren Beitrag leisten“, sagt er. Letztlich entschieden aber die Menschen vor Ort, welche die Läden auch nutzen müssten, ergänzt Uwe Matti.
Helene Koch beim Einsortieren in ihrem Geschäft „Villa Kinderbunt“. Fotos: Stefan Bossow