Philipp Maurer vom HC Oppenweiler/Backnang: „Wir hatten uns schon etwas mehr erhofft“

Interview Der Rechtsaußen spielt seit zehn Jahren bei den Handballern aus dem Murrtal, zählt zu den Führungsspielern und Leistungsträgern und ist für die Fans eine Identifikationsfigur. Der 32-Jährige spricht über den durchwachsenen Verlauf der Aufstiegsrunde und die Lehren für die Zukunft.

Philipp Maurer vom HC Oppenweiler/Backnang: „Wir hatten uns schon etwas mehr erhofft“

Eine typische Aktion von Philipp Maurer: Der Rechtsaußen zieht in die Mitte und versucht, den Torwart zu überwinden. Nachdem der 32-Jährige die vergangenen zwei Spiele krankheitsbedingt verpasst hatte, will er zum Abschluss in Ferndorf wieder dabei sein. Foto: Alexander Becher

Ohne Sie, Martin Schmiedt und Jakub Strýc gab es zuletzt den 35:34-Heimsieg gegen die HSG Krefeld Niederrhein, deren Aufstiegsträume damit geplatzt sind. Wie war diese Überraschung möglich?

Nach der Niederlage in Hildesheim wussten alle, dass wir so nicht auftreten können. Jeder hat sich am Riemen gerissen. Wir haben alles reingehauen und alle waren auf dem Level, auf dem wir immer spielen sollten. Wir wollten das letzte Heimspiel unbedingt gewinnen und allen, die im Sommer gehen, einen richtig guten Abschluss verschaffen.

Die rote Laterne ist der HCOB definitiv los, von Platz fünf bis acht ist unter den neun Teams vor dem letzten Spieltag aber noch alles drin. Macht das fürs Gesamtfazit einen wichtigen Unterschied?

Wenn man ehrlich ist, nicht mehr wirklich. Als wir in die Aufstiegsrunde gestartet sind, hatten wir uns schon etwas mehr erhofft. Aber so, wie die Situation jetzt ist, ist es für uns vor allem wichtig, ein richtig gutes letztes Spiel zu zeigen und an den Heimsieg gegen Krefeld anzuknüpfen. Dann könnten wir mit einem guten Gefühl in die Pause gehen.

Der Aufstiegszug war früh abgefahren. Hätte ein Heimsieg im Auftaktspiel gegen Hanau, das 31:31 endete, vielleicht eine ganz andere Dynamik ausgelöst?

Das hätte schon für noch mehr Euphorie gesorgt, weil wir uns im Vorfeld mehr erhofft hatten. Es war trotzdem ein guter Auftakt, weil das Remis mit Blick aufs Spiel selbst in Ordnung und auch für Hanau verdient war.

Danach gab es gegen Emsdetten sowie die nun als Aufsteiger feststehenden Teams aus Aue und Vinnhorst drei Niederlagen in Serie gegen die drei Vereine, die jetzt die ersten drei Plätze belegen. Hadern Sie mit dem Spielplan?

Es war schon ein heftiges Auftaktprogramm. Man kann rückblickend sagen, dass es vielleicht ein Nachteil war. Es hätte aber auch zum Vorteil werden können, wenn wir mit einem Sieg gegen ein Topteam ein Highlight gesetzt hätten. Vor allem in Vinnhorst, aber auch in Emsdetten wäre mehr drin gewesen, während wir gegen Aue richtig schlecht gespielt haben. Man muss in einer Aufstiegsrunde gegen die ausnahmslos starken Gegner, die ihre Staffeln dominiert haben, immer abliefern. Das haben wir nicht geschafft, weil wir auch zu viele Gegentore kassiert haben und vor allem zu Beginn oft nicht in die Spiele reingekommen sind.

Auf das 30:17 gegen Braunschweig, das sich der HCOB vor allem mit einer starken Abwehr verdiente, folgte das 25:33 in Hildesheim. War das der Tiefpunkt?

Vor allem das Heimdebakel gegen Aue tat weh. Auch zu Hause wäre eine Niederlage völlig okay gewesen, wenn der Gegner einfach besser ist. Aber nicht auf diese Art und Weise. Das war ein Tiefpunkt, ehe wir gegen Braunschweig vor allem hinten ein geniales Spiel gemacht haben. Es war aber auch ein schlechtes Spiel der Gäste, die sonst oft besser waren und selbst Topteams in Schwierigkeiten brachten. Das zeigt, wie sehr es auf die Tagesform ankommt. Schade, wie wir uns in Hildesheim präsentiert haben, weil definitiv auch dort mehr drin gewesen wäre.

Mit dem Sieg gegen Krefeld sind es nun fünf Punkte, die der HCOB alle zu Hause holte. Ist die Auswärtsschwäche, die in der regulären Runde schon ein Grund für die Entlassung von Trainer Matthias Heineke war, das Hauptproblem?

Getragen von unserem Publikum in der Gemeindehalle ist es zu Hause vielleicht schon einen Tick einfacher, sich richtig in ein Spiel reinzukämpfen oder es nach einem Rückstand noch zu drehen. Auswärts ist es immer schwer – in so einer Aufstiegsrunde mit den weiten Fahrten erst recht. Das ist man nicht gewohnt, das darf man nicht außer Acht lassen. Das soll aber keine Ausrede sein, zumal es bereits in der regulären Runde so war. Ich weiß nicht, woran es liegt. Es hat nichts damit zu tun, dass man auswärts keinen Bock hätte. An der kleinen Auswärtsschwäche gilt es in der kommenden Saison zu arbeiten.

Wäre es umso wichtiger, in Ferndorf an diesem Samstag zum Abschluss doch noch ein Ausrufezeichen zu setzen?

Absolut, obwohl auch der TuS Ferndorf ein guter, nicht zu unterschätzender Gegner ist. Ich glaube schon, dass wir dort etwas holen können, auch wenn es angeschlagene Spieler und ein paar Ausfälle gibt. Es wäre eine super Sache, uns mit zwei Siegen am Stück aus der Aufstiegsrunde zu verabschieden. Am wichtigsten ist aber, noch einmal alles reinzuhauen – unabhängig vom Ergebnis.

2021 zog der HCOB schon einmal in die Aufstiegsrunde ein und scheiterte erst ganz am Schluss an Eintracht Hagen. Waren Sie und Ihre Kollegen der Zweiten Bundesliga damals näher als heute?

Es war ein anderer Modus mit diesem Finale mit Hin- und Rückspiel. Insofern waren wir näher dran, weil wir nur noch ein Team hätten schlagen müssen. Aus handballerischer Sicht ist es schwierig zu sagen, zumal es in der Coronazeit mit den leeren Hallen eine ganz andere Situation war. Ich glaube, dass wir mindestens auf einem ähnlichen Niveau wie damals sind, wenn wir am Limit spielen.

Was muss sich ändern, damit der HCOB den ausdrücklich angestrebten Aufstieg spätestens bis 2025 tatsächlich schafft?

Der Verein passt die Rahmenbedingungen bereits an, auch der Trainingsbetrieb wird ab der nächsten Saison eher schon auf die Zweite Bundesliga ausgerichtet. Wir bekommen mit Daniel Brack einen sehr ehrgeizigen Trainer, der unbedingt dort hinwill und junge Spieler weiterentwickeln möchte. Wir benötigen wieder einen schlagkräftigen Kader, angesichts unserer vielen Abgänge gibt es trotz der bisherigen, vielversprechenden Zugänge noch offene Posten. Ich bin mir sicher, dass unsere sportlichen Macher Jonas Frank und Jochen Bartels das gut hinbekommen. Das Wichtigste ist aber, eine Vorbereitung und dann auch die Saison möglichst verletzungsfrei zu überstehen. Man kann zu viele Ausfälle nicht immer kompensieren.

Sie selbst sind seit zehn Jahren beim HCOB und haben bereits zum Sprung von der Baden-Württemberg-Oberliga in die Dritte Liga beigetragen. Weil Sie nächste Woche Ihren 33. Geburtstag feiern, sei die Frage erlaubt: Machen Sie weiter bis zum Zweitliga-Aufstieg oder ist die nächste Runde Ihre letzte?

Das ist eine heikle Frage. Ich merke, dass es körperlich langsam heftig wird, obwohl ich von größeren Verletzungen bislang verschont geblieben bin. Der hohe Zeitaufwand kommt dazu. Ich habe einen 100-Prozent-Job und gebe jeden Tag auch mehr als 100 Prozent. Zusätzlich wird nun das Trainingspensum deutlich hochgefahren, und deshalb wird es für mich wahrscheinlich meine Abschiedssaison. Ich will meinen Beitrag auch abseits des Felds leisten, um den Weg in die Zweite Bundesliga mitzugestalten. Es wäre schön, sich mit dem Aufstieg zu verabschieden, aber wenn ich auf dem Feld nicht mehr dabei sein sollte, dann ist es halt so.

Der HCOB vergrößert auch das Team um das Team herum, um sich für die Herausforderungen der Zukunft zu wappnen. Zählen Sie später auch dazu?

Ich habe bereits in den vergangenen zehn Jahren viel gemacht – sei es als Jugendtrainer oder derzeit als Unterstützung für Jonas Frank beim Aufbau des Trainingszentrums. Das werde ich, wenn ich mit dem Handball aufhöre, nicht einfach stoppen. Ob es in die Trainerrichtung geht oder ob ich erst einmal eine Pause einlege, weiß ich noch nicht, aber klar ist: Ich bin ein Vereinsmensch und habe definitiv Lust darauf, etwas zu entwickeln. Man wird mich weiterhin sehen.

Das Gespräch führte Steffen Grün.