Um gegen die Abschiebung des Irakers Ramzi Awat Nabi zu demonstrieren, haben sich am Samstagabend Freunde und Kommilitonen des 24-Jährigen am Rotebühlplatz versammelt.
Ramzis Bruder Bilal (Mitte) spricht auf der Kundgebung.
Von Luisa Rombach
Zwanzig Leute haben die Organisatoren der Kundgebung angemeldet, gekommen sind dann aber fast zehnmal so viele. Trotz Hitze, VfB-Spiel und Semesterferien. Denn vor allem den Kommilitonen und Freunden von Ramzi Awat Nabi ist es ein Anliegen, an diesem Abend auf dem Rotebühlplatz gegen seine Abschiebung in den Irak zu demonstrieren.
Gefesselt in Richtung Bagdad
Was Ramzi Awat Nabi vergangene Woche erlebt hat, klingt wie aus einem schlechten Film. Er wurde gefesselt in einen Flug nach Bagdad gesetzt, nachdem die Polizei ihn aus seinem Studentenwohnheim in Vaihingen geholt hatte. Der Grund für die Abschiebung: Der 24-Jährige konnte die Behörden nicht von seiner Identität überzeugen. Ramzi Awat Nabi beteuert, mehrere Ausweisdokumente vorgelegt zu haben, die Ausländerbehörde wiederum will diese nie bekommen haben.
2018 war Ramzi Awat Nabi nach einer beschwerlichen Reise mit seinem Vater und seinen Geschwistern aus dem Irak nach Deutschland gekommen, ohne Deutschkenntnisse. Wenige Jahre später machte er sein Abitur mit einer Durchschnittsnote von 1,5.
Dass so jemand zurück in den Irak geschickt wird, lässt die Menschen auf der Demonstration mit dem Kopf schütteln. „Das war irgendwie erst einmal gar nicht zu glauben“, sagt Julian, 21, der mit Ramzi gemeinsam an der Hochschule Esslingen studiert. Auch Clemens ist ein Kommilitone des nun abgeschobenen Irakers. Der 20-Jährige beschreibt ihn als sehr hilfsbereit: „Er war immer sehr offen, hat gefragt, wie es einem geht.“
Bilal, der Bruder Ramzis, hat die Kundgebung gemeinsam mit den Studis gegen Rechts und der Kurdischen Studierendengruppe Stuttgart organisiert. Bei seiner Rede ist ihm anzumerken, wie sehr ihn das Thema beschäftigt. „Dass ihr heute hier seid, zeigt, dass hier Leute nicht allein gelassen werden“, sagt er und kritisiert gleichzeitig die Ausländerbehörde scharf. „Wir dachten, dass wir hier Sicherheit, Frieden und Ruhe finden könnten.“
Doch nun ist sein Bruder zurück im Irak, einem Land, in dem er seit der Flucht der Familie im Jahr 2015 nicht mehr war. Er hat dort keine Familie und Freunde mehr, ist auf sich allein gestellt. Was alle Beteiligten der Kundgebung eint, ist Unverständnis dafür, dass jemand wie Ramzi Awat Nabi nicht bleiben durfte. Viele bezeichnen ihn als Musterbeispiel der Integration.
Freunde und Schule setzen sich für Rückkehr ein
Auch die Schulleitung der Berufsbildenden Schule Westerburg, an der Ramzi Awat Nabi sein Abitur machte, hat sich inzwischen zu Wort gemeldet. In einem Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt, bescheinigen sie dem 24-Jährigen nicht nur exzellente schulische Leistungen, sondern loben auch seine soziale Kompetenz. Am Ende des Schreibens steht die eindringliche Bitte, Ramzi Awat Nabi die Rückkehr nach Deutschland zu ermöglichen.
Wie die Chancen darauf momentan stehen, ist ungewiss. Doch Ramzis Kommilitonen und Freunde wollen nicht aufgeben. Justin, ein Freund Ramzis, saß nachts um drei noch in der Bibliothek, als Bilal ihn anrief, um ihm die Nachricht zu überbringen. „So etwas wünsche ich niemandem“, sagt Justin. Dann fügt er hinzu: „Aber wir werden weiter kämpfen.“