„Querdenken“-Demo als St.-Martins-Umzug

Knapp 70 Menschen sind gestern mit Fackeln, Laternen und Lichtern durch Murrhardt und den Stadtgarten gezogen.

„Querdenken“-Demo als St.-Martins-Umzug

Die Teilnehmer haben sich auf dem Marktplatz versammelt, um von dort durch die Innenstadt und den Stadtgarten zu laufen. Foto: J. Fiedler

Von Christine Schick

MURRHARDT. Klaus Lang, der mit seiner Frau Ulrike eine Parfümerie ganz in der Nähe des Murrhardter Marktplatzes betreibt, macht keinen Hehl daraus, dass er über die Demonstration der Initiative „Querdenken 7192 – Murrhardt“ nicht begeistert ist. Das Motto der vom Landratsamt genehmigten Versammlung am gestrigen Mittwoch: „Lichterzug für die Freiheit unserer Kinder. Lasst uns ohne Masken die Welt erleuchten, damit Kinderaugen wieder strahlen können.“ „Ich finde, die Kinder werden hier instrumentalisiert“, sagt Klaus Lang. Einige der Einzelhändler in der Innenstadt hätten beschlossen, wegen der Demonstration früher zu schließen. Bürgermeister Armin Mößner lässt wissen, dass die Stadt diesen „Laternenumzug“ ausdrücklich nicht befürwortet. Das Versammlungsrecht werde ausgenutzt, um die Coronaverordnung mit ihren Regelungen für Veranstaltungen auszuhöhlen. Es lasse einen mehr als verwundert zurück, dass Kinder in diesem Sinne instrumentalisiert werden und Fackeln zum Einsatz kommen. „Wir erreichen nur durch gemeinsame Disziplin in der aktuellen Pandemielage eine Besserung der Situation, die wieder Lockerungen ermöglicht“, so Mößner.

Um 17 Uhr sind es noch nicht allzu viele „Querdenken“-Aktivisten, die sich auf dem Marktplatz eingefunden haben. Genehmigt gewesen wären bis zu 150 Teilnehmer, Polizeihauptkommissar Achim Müller stellt als Einsatzleiter später knapp 70 Personen fest. Unter den Versammelten sind nicht wenige Mädchen und Jungen sowie Erwachsene mit Kinderwagen – teils ausgestattet mit Laternen, Fackeln und Lichtern.

„Es ist toll, wie viele Leute gekommen sind“, sagt Fenia Blaskic zur Begrüßung, die im Organisationsteam von „Querdenken – 7192 Murrhardt“ ist und die Demonstration angemeldet hat. Sie beschreibt die Strecke des Lichterzugs, der über die Hauptstraße, Seegasse, einmal um den Feuersee und wieder zurück zum Marktplatz führen wird. Auch weißt sie darauf hin, dass die Teilnehmer sich entsprechend verteilen und nicht im Pulk laufen sollen. Masken sind nur bei den begleitenden Polizeibeamten zu registrieren, diese werden aber nur darauf achten, ob der Abstand eingehalten wird. Hinter dem Brunnen tauchen zwei Pferde auf, die nicht mit auf den Umzug dürfen, weil sie nicht angemeldet wurden.

Nach den Ausrufen „Die Pandemie ist vorbei“, „Frieden“ und „Freiheit“ startet die Gruppe auf ihren Rundgang. Die Teilnehmer stimmen ein Lied an, ein Mann hält das Geschehen mit dem Smartphone fest, die Polizei begleitet den Zug mit einem Streifenwagen am Kopf und am Ende. Auf die Frage, wie sie den Vorwurf sieht, die Kinder für ihre Initiative zu benutzen, sagt Fenia Blaskic: „Wir kommen aus der Mitte der Gesellschaft, viele von uns haben Kinder.“ Und da im Moment alle St.-Martins-Umzüge abgesagt worden seien, habe man nach einer Möglichkeit gesucht, solch eine Veranstaltung für die Kinder zu organisieren. In diesem Kontext seien auch die Fackeln zu sehen.

Im Stadtgarten macht die Gruppe Halt und singt ein Laternenlied. Auf dem Marktplatz werden als kleine Überraschung Lebkuchen gereicht. Zum Abschluss stellen einige Teilnehmer ihre Lichter auf die Rathaustreppe und stimmen noch ein Lied an. In den mittlerweile dunklen Himmel rufen sie „Frieden, Freiheit, Selbstbestimmung.“ Gegen 18.15 Uhr verlassen die ersten Eltern mit ihren Kindern die Versammlung.