Zu sexuellem Missbrauch im pfälzischen Bistum erscheint nun ein Zwischen- und 2027 ein Endbericht. Die Analyse kommt auf 150 Beschuldigte - und nennt Umstände, die die Verbrechen begünstigt haben.
Der Dom zu Speyer (Archivbild)
Von red/dpa
Kirchliche Strukturen haben sexuellen Missbrauch im katholischen Bistum Speyer einer neuen Studie zufolge maßgeblich begünstigt. „Die Gründe dafür waren mangelnde Kontrolle über Ordensangehörige, unklare Zuständigkeiten sowie ein autoritär geprägtes Amts- und Menschenbild innerhalb der Kirche“, teilte die Universität Mannheim unter Verweis auf eine Analyse der Historikerin Sylvia Schraut mit.
Derzeit geht das Bistum in Rheinland-Pfalz bei den Beschuldigten von 109 Geistlichen sowie 41 Nichtklerikerinnen und Nichtklerikern - etwa Mitarbeiter in Heimen - aus.
Schraut hatte die Studie zum sexuellen Missbrauch im Bistum seit 1946 nach zweijähriger Arbeit nun vorgestellt. Die Analyse wurde im April 2023 von der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Speyer initiiert und ist auf vier Jahre angelegt. Finanziert wird sie vom Bistum. Das Forschungsprojekt beschäftigt sich im ersten Teil vor allem mit der Frage, wie ein solcher Missbrauch strukturell möglich war.
Autoritäre Grundeinstellung
Die Studie zeige unter anderem, dass unter den Beschuldigten häufig Menschen mit Kriegserfahrung und autoritärer Grundeinstellung seien, hieß es. Auffällig in der Frage des sexuellen Missbrauchs seien aber vor allem die Generationen, die in Zeiten großen gesellschaftlichen Wandels ihr Amt ausgeübt hätten: Zwei Drittel der 109 beschuldigten Geistlichen seien vor 1920 geboren. Rund die Hälfte der Taten fand in den 1950er und 1960er Jahren statt. Und rund die Hälfte der Fälle wurde erst nach dem Jahr 2000 bekannt.
„Mitverantwortlich für das Verschweigen von Missbrauch und die langjährige Verhinderung von Prävention dürfte zudem die rigide Sexualmoral der katholischen Kirche sein“, betonte die Historikerin Schraut.
Das Bistum Speyer hatte in den vergangenen Jahren zahlreiche Missbrauchsfälle eingeräumt. Bis heute wurden dem Bistum zufolge rund 3,6 Millionen Euro inklusive Therapiekosten an 96 Betroffene gezahlt. Das Bistum umfasst die Pfalz und den Saarpfalz-Kreis mit rund 1,57 Millionen Menschen - davon rund 437.000 Katholikinnen und Katholiken. Das Bistum nimmt am Freitag in Speyer bei einer eigenen Veranstaltung Stellung zu der Studie.