SG Sonnenhof: Steven Lewerenz will Lernprozess beschleunigen

Der Routinier glaubt, dass die vielen jungen Spieler beim Fußball-Regionalligisten Großaspach von seinem Erfahrungsschatz profitieren können. Mit seinen Tipps, aber auch mit Toren will der 30-Jährige dazu beitragen, dass die SG Sonnenhof aus ihrem Tief schnell wieder herausfindet.

SG Sonnenhof: Steven Lewerenz will Lernprozess beschleunigen

Offensivspieler Steven Lewerenz geht mit seiner ganzen Erfahrung voran und hat für Großaspach auch schon fünf Tore erzielt. Foto: T. Sellmaier

Von Steffen Grün

„Das Wichtigste am Fußball ist der Spaß“, sagte Steven Lewerenz im Februar 2019, als er kurz zuvor beim damaligen Zweitligisten in Magdeburg angeheuert hatte und in den höchsten Tönen von Trainer Michael Oenning schwärmte. Ihm persönlich mache der Fußball eigentlich immer Spaß, präzisiert er nun, seit gut drei Monaten in Diensten der SG Sonnenhof stehend, und fügt schmunzelnd hinzu: „Es macht aber doppelt Spaß, wenn man Siege einfährt und Prämien verdient.“ Insofern muss er sich derzeit mit der einfachen Dosis begnügen, denn bei Aspach ist „etwas der Wurm drin“, wie er es formuliert. Nach dem tollen Start mit 13 Punkten aus den ersten sechs Partien gab es aus den vergangenen fünf Spielen nur noch einen Zähler. Sein Appell: „Wir müssen uns den doppelten Spaß jetzt wieder erarbeiten.“

Für Steven Lewerenz ist ganz klar, wer in dieser kritischen Situation zuvorderst in der Pflicht steht. Es sind die erfahrenen Spieler, zu dieser Spezies gehören neben ihm selbst insbesondere die weiteren Ü-30-Vertreter: Kai Gehring (33), Nicolas Jüllich (31) und Sebastian Schiek (31). Verglichen mit den vielen Jungspunden im Kader gehen allerdings auch schon Torwart Maximilian Reule (27), Joel Gerezgiher (25) und Ken Gipson (25) als Routiniers durch. „Wir müssen das Heft in die Hand nehmen, damit wir das Ruder wieder herumreißen“, fordert Lewerenz, dem es in diesem Zusammenhang egal ist, wer die Kapitänsbinde trägt: „Ich werde auf dem Platz immer ein Lautsprecher sein und Verantwortung übernehmen.“ Auf Anhieb wurde der Zugang in den Aspacher Mannschaftsrat beordert, was aber keine Überraschung war, sondern die logische Folge der Rolle, die ihm die Verantwortlichen schon bei seiner Verpflichtung zugedacht hatten: die eines Leitwolfs, der vorangeht und in dessen Rücken sich die Talente in aller Ruhe entwickeln können. Der Hamburger füllt sie aus. Zum einen mit Leistung, denn er verpasste nur eine Partie und steuerte bei zehn Einsätzen fünf Treffer und vier Vorlagen bei. Zum anderen mit seiner Art, auf die jungen Teamkollegen zuzugehen. „Ich rede viel mit ihnen und gebe ihnen Tipps“, betont Lewerenz und glaubt, „dass sie es auch annehmen und versuchen, umzusetzen“.

Mit Kiel hätte Lewerenz beinahe den Durchmarsch ins Oberhaus geschafft

Sie wären gut beraten, es zu tun, denn ihr Mitspieler hat in seiner Karriere schon viel erlebt. Der Höhepunkt war die Zeit in Kiel mit Trainer Markus Anfang, „wir waren sehr erfolgreich. Gefühlt haben wir fast jedes Spiel gewonnen.“ In der Realität waren es zumindest so viele, dass es für den Aufstieg in die Zweite Bundesliga reichte und beinahe der Durchmarsch ins Oberhaus gelungen wäre. Erst in der Relegation gegen Wolfsburg endete 2018 der Traum, aber „es war eine tolle, unvergessliche Zeit“. Laut Lewerenz empfinden das auch Ex-Kollegen wie Marvin Ducksch oder Dominick Drexler so, die heute für Bremen und Schalke kicken. Unter Anfangs Nachfolger Tim Walter lief’s für ihn in der Saison drauf nicht mehr rund. „Menschlich war auch er top, aber er hat auf andere Spielertypen gesetzt“, nimmt es Aspachs Routinier locker. „So ist es manchmal im Fußball.“ Es ist ein Auf und Ab. Zu den schönen Erlebnissen gehören auch die Aufstiege mit Mainz II und Würzburg in die Dritte Liga, das Kontrastprogramm lieferte das halbe Jahr beim belgischen Zweitligisten Virton: „Das war der Karriereknick.“ Mit Coach Dino Toppmöller, der ihn geholt hatte, passte alles, sonst nichts. Der Trainingsplatz und die Kabine waren in üblem Zustand, das Geld ließ auf sich warten. Kurzum: „Wir haben uns sehr unwohl gefühlt.“

Das ist im Ländle nun anders – weil das Remstal die Heimat der Ehefrau von Steven Lewerenz ist und weil er selbst sich „schnell und mit gutem Gewissen für Großaspach entschieden“ hat. Dort sei in den vergangenen Jahren trotz des Drittliga-Abstiegs gute Arbeit geleistet worden und „ich will meinen Teil beitragen, dass es sportlich künftig wieder besser läuft“. Der Grundstein wurde in den ersten Saisonspielen gelegt und nun gilt es, aus dem ersten kleinen Tal schnell wieder herauszufinden. „Wir müssen an unsere Stärken glauben“, betont der erfahrene Profi, den der vorhandene Teamspirit zuversichtlich stimmt. Den Talenten gesteht er Fehler zu, „das gehört zum Lernprozess“. Umso wichtiger wäre es aber, dass Routiniers wie Joel Gerezgiher, Nicolas Jüllich und Kai Gehring, die zuletzt beim 0:3 beim TSV Steinbach Haiger allesamt verletzt oder erkrankt fehlten, nach diesem spielfreien Wochenende wieder einsatzfähig sind.

Steven Lewerenz: Elf Stationen in elf Jahren

Privatleben Steven Lewerenz kommt am 18. Mai 1991 in Hamburg zur Welt und wächst in der Elbmetropole auch auf. Mit Ehefrau Melisa, die Fans dieser Sendungen aus „Austria’s Next Topmodel“ und „Zwischen Tüll und Tränen“ kennen und die aus Korb im Remstal stammt, wohnt er inzwischen in Großheppach. Sie hat sich mit einem Studio für dauerhafte Haarentfernung in Stuttgart-Ost selbstständig gemacht. Das Paar hat zwei gemeinsame Kinder, zudem gibt es jeweils ein Kind aus früheren Beziehungen.

Vereine Das Fußballeinmaleins lernt der Bub im Alter von 4 bis 12 Jahren beim VSG Stapelfeld. 2003 holt ihn der Hamburger SV. Nach einem einjährigen Abstecher zu Dynamo Dresden in der U 17 kehrt Lewerenz zum früheren Bundesliga-Dino zurück. In dessen Regionalliga-Team startet auch seine Karriere als Aktiver, doch nach nur einer Saison verlässt der Offensivspieler den HSV II. Es ist der Beginn einer Tour, die Lewerenz in elf Jahren zu elf Stationen in Deutschland, Österreich und Belgien führt. Auf der Liste stehen RB Leipzig, der SV Kapfenberg, Eintracht Trier, der 1. FSV Mainz 05 II, die Würzburger Kickers, Holstein Kiel, der 1. FC Magdeburg, Royal Excelsior Virton, der FC Viktoria Köln, Rot-Weiß Essen und seit mittlerweile gut drei Monaten die SG Sonnenhof Großaspach.

Spiele Die meisten Einsätze hat Steven Lewerenz im Trikot von Holstein Kiel. 110 sind es in den dreieinhalb Jahren zwischen Juli 2015 und Dezember 2018. Mit den Störchen schnuppert er in der Relegation der Saison 2017/ 2018 sogar am Erstliga-Aufstieg und mischt im Hinspiel beim VfL Wolfsburg 61 Minuten mit. Es geht mit 1:3 verloren, das Rückspiel endet 0:1. Insgesamt bestreitet Lewerenz 41 Zweit- und 81 Drittliga-Spiele, in verschiedenen Regionalliga- Staffeln sind es bislang 159 Partien. Hinzu kommen unter anderem sieben DFB-Pokal-Duelle (2015 gibt es mit Kiel ein 1:2 gegen den VfB Stuttgart), sechs Begegnungen in der österreichischen Bundesliga und eine Partie in der zweiten belgischen Liga. Den DFB-Dress trägt der beidfüßige Fußballer in zwei U-19-Länderspielen.

Berater Vertreten wird Lewerenz von einer Firma, die zu den Schwergewichten der Szene zählt. Dieses Jahr fusionierte die ICM Stellar, laut Sky schon vorher die größte Spielerberateragentur der Welt, mit dem deutschen Partner Sports United. Die ICM Stellar Sports mit Hauptsitz in London zählt Stars wie Jack Grealish, Gareth Bale, Saúl Ñíguez, Luke Shaw oder Ibrahima Konaté und Toptalente wie Eduardo Camavinga zu ihren Klienten, diese Liste ließe sich noch lange erweitern. Auch Jonas Kühn und Finn Becker, die Großaspacher Teamkollegen von Steven Lewerenz, stehen drauf.