Die Bearbeitung von BAföG-Anträgen dauert an manchen Standorten im Land enorm lang. Warum das so ist – und welche Veränderungen die zuständigen Ämter fordern.
Studierende in Baden-Württemberg müssen oft lang auf BAföG warten, unter anderem in Tübingen (Universität unten rechts).
Von Valentin Schwarz
Für die baden-württembergischen Studierendenwerke bedeutet der Herbst: Hochsaison. Denn in den Wochen und Monaten um den Start ins Wintersemester geht bei ihnen ein Großteil der BAföG-Anträge ein. Bis zu 992 Euro stehen Studierenden über das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) monatlich zu. Wer die Sozialleistung anfordert, muss sich in Baden-Württemberg allerdings oftmals lange gedulden. An einigen Standorten beträgt die durchschnittliche Wartezeit gar fast ein halbes Jahr. Wir erklären, wo die grundsätzlichen Probleme und die regionalen Unterschiede liegen.
Wie lange dauert die Bearbeitung von BAföG-Anträgen?
Die Ämter für Ausbildungsförderung sind innerhalb der Studierendenwerke angesiedelt. Wie lange sie für die Bearbeitung der BAföG-Anträge benötigen, unterscheidet sich je nach Standort enorm. So beträgt die durchschnittliche Dauer für Erstanträge in Karlsruhe, Stuttgart und Freiburg zwischen acht und zwölf Wochen. Dagegen ist in Mannheim mit 24 Wochen zu rechnen. Das Studierendenwerk Tübingen-Hohenheim benötigt im Schnitt 21 Wochen für Anträge von Studierenden aus Deutschland und sogar 35 Wochen für Studierende aus dem Ausland.
Ein ähnliches Bild ergibt sich bei Weiterförderungsanträgen, die in der Regel etwas schneller bearbeitet werden. All diese Angaben stammen aus einer Antwort des baden-württembergischen Wissenschaftsministeriums auf eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Gabriele Rolland und Dorothea Kliche-Behnke (beide SPD).
Warum dauert die Bearbeitung so lange?
Das BAföG ist nicht nur an die finanzielle Lage der Antragsteller beziehungsweise ihrer Eltern gebunden, sondern auch an die besonderen Voraussetzungen des Studiums. „Deshalb sind die Regelungen im Vergleich zu anderen Sozialleistungen komplizierter“, sagt Clemens Metz, Geschäftsführer des Studierendenwerks Freiburg. Entsprechend lang dauere es, neue Sachbearbeiter einzulernen.
Außerdem haben die Studierendenwerke mit Problemen bei der Digitalisierung zu kämpfen. Zwar ist es möglich, BAföG-Anträge online zu stellen. „Unser Bearbeitungsprogramm enthält aber keine echte E-Akte, weshalb wir alle Unterlagen zusätzlich ausdrucken und in einer Papierakte verarbeiten müssen“, sagt Metz. Ähnlich geht es den meisten Studierendenwerken im Land. Ausnahmen sind Karlsruhe und Stuttgart. Dort kommen seit einigen Jahren E-Akten zum Einsatz.
Warum sind die regionalen Unterschiede so groß?
Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass BAföG-Anträge in Karlsruhe und Stuttgart relativ schnell bearbeitet werden. Auch für die negativen Ausreißer gibt es Gründe. So sagt Astrid Brandenburger vom Mannheimer Studierendenwerk, das dortige Amt für Ausbildungsförderung sei eine kleine Behörde. „Personalausfälle können nur schwer kurzfristig kompensiert werden.“ Krankheiten, Elternzeiten oder unbesetzte Stellen führten deshalb zwangsläufig zu längeren Bearbeitungszeiten. Und für mehr Stellen gebe es kein Geld.
Das Amt für Ausbildungsförderung des Studierendenwerks Tübingen-Hohenheim habe in den vergangenen Jahren ebenfalls stark unter personellen Engpässen gelitten, teilt ein Sprecher mit.
Welche Folgen hat das?
Einige Studierende sind auf BAföG angewiesen, um etwa ihre Miete zu bezahlen. Wenn das Geld monatelang auf sich warten lässt, wird das für sie zum Problem. So merkt die SPD-Fraktion im Landtag an, dass einige Studierende zur Überbrückung auf Darlehen zurückgreifen müssten. Im Gegensatz zum BAföG fallen dabei Zinsen an.
Was muss sich aus Sicht der Studierendenwerke ändern?
Ob „schnelle“ Studierendenwerke wie Karlsruhe und Stuttgart oder „langsame“ wie Mannheim und Tübingen-Hohenheim: Sie alle sprechen sich für eine einheitliche E-Akte aus. Zwei bisherige Versuche, ein landesweites System einzuführen, scheiterten jedoch: 2018 stieg der damalige Softwareentwickler aus dem Projekt aus, 2024 stellte sich der damalige Plan als zu teuer und zu komplex heraus.
Inzwischen arbeitet das Wissenschaftsministerium nach eigenen Angaben erneut daran. Ab wann die Bearbeitung der BAföG-Anträge vollständig digital möglich sein soll, dazu gibt das Ministerium in seiner Antwort auf die Anfrage der SPD-Fraktion allerdings keine Auskunft.