In der Bundesregierung und der Koalition gibt es Überlegungen, die Tabaksteuer zu erhöhen, um mit den Mehreinnahmen die Krankenkassen zu sanieren.
Rauchen und Passivrauchen belasten das Gesundheitssystem jedes Jahr mit rund 30 Milliarden Euro.
Von Norbert Wallet
Das kommt überraschend: Im Gesundheitsministerium und in der Koalition gibt es Überlegungen, die Finanzlücken in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) durch eine Erhöhung der Tabaksteuer zu schließen. Die geplanten Mehreinnahmen sollen nach diesem Modell dem Gesundheitsfonds zugeführt werden.
Dass eine CDU-geführte Bundesregierung eine Erhöhung dieser Verbrauchssteuer tatsächlich in Betracht zieht, macht deutlich, wie drückend die Lage der GKV ist. Obwohl es hier eine vergleichsweise gute Nachricht gibt. In ihrer jüngsten Einschätzung geht das Ministerium für das kommende Jahr nun von einer Unterdeckung von zwei Milliarden Euro aus. Zweifellos eine hohe Summe, aber bislang kursierten Annahmen, die vom doppelten Wert ausgingen. Aber auch für diese zwei Milliarden muss der Bund eine Lösung finden, sollen nicht die Versicherten und Arbeitgeber über eine Beitragserhöhung die Zeche zahlen müssen.
„Rauchen ist eines der größten vermeidbaren Gesundheitsrisiken“
Da kommt die Tabaksteuer ins Spiel. Es hat den Anschein, als sondiere Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) bei dem heiklen Thema Steuererhöhung gerade das Terrain. Ihr Staatssekretär Tino Sorge (CDU) äußerte sich gegenüber dem „Tagesspiegel“ vorsichtig wohlwollend zu dem Modell. Er wisse, „dass das Steuerthema eine Lenkungswirkung hat“, sagte er. Deshalb müsse man auch „die politische Debatte führen“. Steuererhöhungen „könnte man machen“, allerdings sei er der Meinung, „dass man diese Steuermittel dann zielgerichteter ins Gesundheitssystem fließen lassen“ müsse.
Nicht minder erstaunlich ist, dass auch innerhalb der Bundestagsfraktion der Union zumindest die Gesundheitspolitiker bei dem Thema durchaus aufgeschlossen reagieren. So wies die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Simone Borchardt,darauf hin, dass „Rauchen eines der größten vermeidbaren Gesundheitsrisiken in unserem Land“ bleibe. Dann folgt der Satz, der auch die Tür für Steuererhöhungen öffnet: „Wer die gesundheitlichen und finanziellen Folgen ernst nimmt, muss das Verursacherprinzip stärker in den Mittelpunkt rücken. Eine risikogerechte Besteuerung von Tabakprodukten ist dafür überfällig.“ Auch Borchardt möchte aber sichergestellt wissen, dass die Mehreinnahmen den Krankenkassen zugute kommen. „Nur wenn die Einnahmen konsequent in den Gesundheitsfonds fließen und gezielt für Prävention und Entwöhnung eingesetzt werden, ist diese Maßnahme auch aus ordnungspolitischer Sicht sinnvoll.“
Erhöhung der Tabaksteuer kann „wirksames Instrument“ sein
Der Koalitionspartner SPD wird hier bestimmt nicht blockieren. Das machte der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Christos Pantazis, ganz klar. Er nennt die Überlegung in der Union „ein interessantes Signal“. Eine Erhöhung der Tabaksteuer könne „ein wirksames Instrument sein – wenn sie klug ausgestaltet ist“, sagte Pantazis.
Ganz unproblematisch ist der Steuermechanismus aber keineswegs. Darauf macht die grüne Gesundheitspolitikerin Linda Heitmann aufmerksam. Sie nennt die aktuelle Debatte „widersprüchlich“. Heitmann sagte unserer Zeitung: „Aus Präventionssicht begrüße ich sie selbstverständlich. Als dauerhafte Finanzierungsquelle der GKV überzeugt sie aber nicht, da sinkender Tabakkonsum zwangsläufig auch die Steuereinnahmen schmälert.“
Das ist der springende Punkt. Eine Erhöhung der Tabaksteuer führt erfahrungsgemäß zu einer Abnahme der Konsumenten – und damit zu keinen nachhaltigen Mehreinnahmen. Das Aufkommen liegt trotz kontinuierlicher Erhöhungsschritte seit 2014 konstant zwischen 14,2 und 15,6 Milliarden Euro. Dieser Spitzenwert wurde 2024 erreicht.