Speitelsbach sorgt andernorts für Wirbel

Armin Mößner und Roland Anton Krojer sind in den Wahlkampf gestartet – Inwieweit der Ravensteiner präsent sein wird, ist offen

Es ist eine knackige Wahlkampfphase: Mit dem Bewerbungsschluss am vergangenen Montag haben Armin Mößner, Roland Anton Krojer sowie Samuel Speitelsbach knapp vier Wochen Zeit, um für sich zu werben und die Murrhardter davon zu überzeugen, der Richtige fürs Bürgermeisteramt zu sein. Während Armin Mößner und Roland Anton Krojer vor Ort sind und den Wahlkampf vergleichsweise klassisch angehen, stehen hinter Samuel Speitelsbachs Programm und Präsenz viele Fragezeichen.

Speitelsbach sorgt andernorts für Wirbel

Roland Anton Krojer spricht sich in seinem Wahlprogramm (Aufnahme des Flyers) für den Ausbau von Ladestationen für E-Fahrzeuge aus – der Strom dazu muss sich aus regenerativen Quellen speisen. Foto: privat

Von Christine Schick

MURRHARDT. Auf die Frage, ob für Armin Mößner als amtierender Bürgermeister eigentlich schon nach Bekanntgabe seiner Kandidatur Ende Januar die heiße Phase begonnen hat, sagt der 35-jährige Diplomverwaltungswirt: „Genau genommen war jeder Tag der vergangenen acht Jahre Wahlkampf.“ Es stelle sich Tag für Tag die Frage, was man erreichen will und weiter angehen könne.

Nichtsdestotrotz markieren nun Plakate Mößners in der Stadt sowie ein voller Terminkalender den Endspurt mit Blick auf die Bürgermeisterwahl am 21. Juli. Mößner, der CDU-Mitglied ist, hat zudem eine private Homepage, auf der er Erreichtes und Ziele aufschlüsselt, ist auf Facebook und Instagram aktiv und verteilt Prospekte. Genauso wichtig ist ihm das persönliche Gespräch in Murrhardt und den Teilorten. „Auch das pflege ich regelmäßig, das läuft nicht nur im Wahlkampf.“ Bei der Frage nach Schwerpunktthemen meint er, die Wohnungsproblematik sei zurzeit zwar sehr präsent, „aber es gibt in einer Stadt nicht nur ein Thema wie beispielsweise den Klimaschutz.“ Dabei hat er den Vorteil gegenüber seinen Mitbewerbern, auf die konkrete Arbeit und das Erreichte verweisen zu können. Als bisher öffentlich noch nicht so diskutierte Idee taucht im Prospekt die Prüfung einer perspektivischen Gartenschau für Murrhardt auf, zu der Mößner sagt, dass sie weniger als schnelles Ziel, sondern vielmehr als mögliche Blaupause für das Stadtentwicklungspotenzial gesehen werden sollte.

Der Kandidatenvorstellungsrunde am Mittwoch, 10. Juli, sieht er mit Blick auf Samuel Speitelsbach, der bei seinen anderen Kandidaturen teils wegen irritierenden Aussagen von sich reden gemacht hat, vergleichsweise gelassen entgegen. „Ich glaube, dass ich dort einfach selbstbewusst für meine Ziele werben kann.“ Wie viel Prozent erhofft er sich? „Ich wünsche mir ein motivierendes Ergebnis, das mir auch Rückenwind für die kommende Arbeit gibt.“ Gleichzeitig will er den Wahlkampf dazu nutzen, sein Ohr nahe an der Bevölkerung zu haben, um die Sorgen und Nöte mitzubekommen, auch wenn man dann vielleicht nicht alles Wünschenswerte umsetzen könne.

Roland Anton Krojer ging kurz vor den Europa- und Kommunalwahlen mit seiner Kandidatur an die Öffentlichkeit. Der Wahlkampf ist für ihn ein Spagat zwischen Berufsalltag und politischem Engagement, bei dem er sich nach und nach vortastet. Dabei treibt den 53-jährigen Murrhardter, der keiner Partei angehört, eine klare Überzeugung an: Beim Klima- und Umweltschutz müssen spürbare, schnelle Fortschritte erfolgen. „Wir haben ein Problem mit unseren Emissionen, der Klimawandel und all die Folgen wie Hitze und Dürre sind hinlänglich bekannt“, sagt Krojer, der als Projektmanager für alternative und erneuerbare Energien berufliche Erfahrung zu seinem Schwerpunktthema mitbringt. „Ich möchte die Leute wachrütteln.“ Zentral sei, die Emissionen zu reduzieren; diese Kehrtwende mit den entsprechenden Konsequenzen in den nächsten fünf bis zehn Jahren zu schaffen – mit oder ohne ihn als Bürgermeister –, sei für die Stadt und die Murrhardter entscheidend. In seinem Zehn-Punkte-Wahlprogramm sind dazu Vorschläge aufgeführt, wobei Krojer eine Energiegewinnung in Murrhardt vor allem aus Solaranlagen für realistisch und zukunftsfähig hält. Um eine 100-prozentige Versorgung aus regenerativen Quellen zu ermöglichen, sind nach seinen Berechnungen 2600 Dächer in Murrhardt nötig, bei den 4000 vorhandenen also machbar.

Daran anknüpfend will er die E-Mobilität fördern und bringt auch Vorschläge zum viel diskutierten Speicherproblem – mit sogenannten Salzwasserbatterien. Der Geschäftsführer der Immobiliengesellschaft Wind, Wasser und Solar hat sich früh für Umwelttechnik und die damit verbundenen Themen und Innovationen interessiert. In den 1990ern fuhr er beispielsweise einen mit Rapsöl betankbaren Mercedes. Ursprünglich Gas-Wasser-Installateur, sammelte er als Versicherungs- und Immobilienmakler sowie im Speditionsbereich Erfahrung, bis er in seinem aktuellen Berufsfeld begann.

Mittlerweile holt er sich an der Technischen Universität München und der Universität Stuttgart Einschätzungen ab, sagt er. Kritisch sieht er vor allem die Hochwasserschutzplanungen für das Becken Gaab, setzt auf kleinere, dynamische Speicher in Berg und Tal an fünf Standorten. „Ein 100-jährliches Hochwasser wird es nie geben“, stellt er fest, vielmehr werde die Wasserknappheit ein Thema sein.

Beim Wahlkampf setzt er auf Flyer, sucht das Gespräch mit den Fraktionen sowie Bürgern und ist auf Facebook aktiv. Eine eigene Veranstaltung rund um die Technik von Elektrobussen ist am 8. Juli um 16 Uhr am Bahnhof geplant.

Inwieweit der dritte Kandidat, Samuel Speitelsbach, in Murrhardt präsent sein wird, bleibt abzuwarten. Eine Anfrage unserer Zeitung an ihn per E-Mail in Bezug auf sein Wahlprogramm für Murrhardt und mögliche Termine blieb bisher unbeantwortet. Der 32-Jährige, der in seiner Bewerbung als Beruf Diplomingenieur und als Wohnort Ravenstein (Neckar-Odenwald-Kreis) angegeben hat, blickt bereits auf eine Reihe von Bewerbungen als Bürgermeister zurück. Da es bisher keinen Kontakt gab, ist an dieser Stelle nur ein Blick auf die Berichterstattung von Kolleginnen und Kollegen in den Städten und Gemeinden möglich, in denen Speitelsbach schon aktiv war.

Im Gutacher Wahlprogramm sind

Punkte wie eine „städtische

Heiratsvermittlung“ genannt

Im Mai trat er in Gutach (Ortenaukreis) als Kandidat an, wo er sieben Stimmen bekam. Es folgte die Bewerbung in Adelsheim (Neckar-Odenwald-Kreis) Anfang Juni, bei der es zwei Stimmen mehr waren. In den beiden Kommunen hatte der 32-Jährige mit kruden, seltsam anmutenden Aussagen auf Flugblättern sowie in einem Wahlprospekt für Irritationen gesorgt. In seinem Gutacher Wahlprogramm wirbt er beziehungsweise werben Tabea und Samuel Speitelsbach beispielsweise mit einem „10000 Euro Taufgeschenk für Kinder“, oder einer „städtischen Heiratsvermittlung“. Es schließt mit „Heil Christi“.

In Adelsheim tauchte auf einem Flyer als Unterzeichnerin ebenfalls Tabea Speitelsbach auf, wobei nicht klar ist, ob diese Person existiert. Adelsheimer wiesen die Redaktion des Schwarzwälder Boten darauf hin, dass sich auf dem Flugblatt auch Passagen fänden, in denen auf die „Sprengung des örtlichen Gymnasiums“ eingegangen und Flüchtlinge denunziert worden seien, weshalb eine Anzeige wegen Störung des öffentlichen Friedens durch eine Ankündigung von Straftaten erfolgt sei. Diese hatte aber keine Konsequenzen, da laut Staatsanwaltschaft Mosbach kein Anfangsverdacht bestehe. Beworben hat sich Speitelsbach im Juni auch in Widdern im Kreis Heilbronn, wo er auf 0,5 Prozent der Stimmen kam. Bei der Kandidatenvorstellung sprach er laut eines Berichts der Heilbronner Stimme die Wette aus, dass es ihm gelinge, innerhalb von acht Jahren alle Flüchtlinge aus Widdern abzuschieben, wenn nicht, werde er den Gang nach Canossa antreten.

Auch beim Wahlkampf in Baiersbronn (Kreis Freudenstadt) sorgt er aktuell für Wirbel, wo am 7. Juli Bürgermeisterwahl ist. Ein SPD-Rat hat dort nun in Hinblick auf verschiedene Belege, unter anderem ein Prospekt Speitelsbachs, wegen des Verdachts der Volksverhetzung Strafanzeige gestellt, wie der Schwarzwälder Bote berichtet. Der 32-Jährige hatte zuvor auf eine öffentliche Kandidatenvorstellung gepocht und im Fall einer Absage mit Klage gedroht. Diese war nicht geplant, weil es ursprünglich außer dem amtierenden Bürgermeister Michael Ruf keinen weiteren Kandidaten gab. Sie fand Donnerstagabend statt und der Bericht des Schwarzwälder Boten macht deutlich, dass die Präsentation von Speitelsbach (Michael Ruf hatte nicht teilgenommen) das Publikum ratlos zurückließ. Einerseits wirkt die Vorstellung bei der Lektüre grotesk, andererseits hat Speitelsbach im Vorfeld auf die Anzeige des SPD-Rats hin per Mail eine Drohung ausgesprochen. Dieser solle widerrufen, ansonsten werde er „erfahren, was es bedeutet, wenn ein Linker den Rechtsweg gehen will“, so der Bericht.

Indes hat der Gemeindewahlausschuss in Ettlingen (Kreis Karlsruhe) Speitelsbach als Kandidat für die Oberbürgerwahl zurückgewiesen, wie die Badischen Neuesten Nachrichten schreiben. Der Grund: Die eidesstattliche Versicherung sei unvollständig gewesen und er habe die 50 notwendigen Unterstützungsunterschriften nicht vorgelegt.

Speitelsbach sorgt andernorts für Wirbel

Will den Wahlkampf dazu nutzen, sein Ohr nah an der Bevölkerung zu haben, sagt der amtierende Bürgermeister Armin Mößner – hier ein Plakat in der Hörschbachstraße. Foto: J. Fiedler