Stadt stockt bei der Schulsozialarbeit auf

Stellenumfang wird um insgesamt 125 Prozent erhöht – Fornsbacher Grundschule kommt auch mit ins Boot der Versorgung

Die Stadt Murrhardt stellt sich bei der Schulsozialarbeit neu beziehungsweise umfassender auf. Damit will sie dem Bedarf einzelner Schulen an sozialpädagogischer Betreuung besser gerecht werden. Mehr Unterstützung erhalten sollen die Walterichschule und die Hörschbachschule (plus je 50 Prozent), zudem ist für die Grundschule Fornsbach ebenfalls eine Begleitung vorgesehen (25 Prozent).

Von Christine Schick

MURRHARDT. Schulsozialarbeit in Murrhardt gibt es bereits ein Vierteljahrhundert. Allerdings hat sich seit der Einführung 1994 mit einer Vollzeitstelle für die Walterich- und Herzog-Christoph-Schule einiges verändert. Vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels – Arbeits- und Familienstruktur, Individualisierung, soziale Medien – macht sich ein erhöhter Bedarf an sozialpädagogischer Begleitung und Betreuung immer stärker bemerkbar, die nicht (mehr) vom Lehrerkollegium geleistet werden kann. Dies meldeten die Schulleiter der Stadt auch so zurück, wie Bürgermeister Armin Mößner in der Gemeinderatssitzung erläuterte. Die Walterich- und Herzog-Christoph-Schule haben seit vielen Jahren ein Sozialarbeiterteam – zwei Stellen zu je 75 Prozent. Im Jahr 2014 schaffte die Stadt eine zusätzliche 50-Prozent-Stelle, um auch am Heinrich-von-Zügel-Gymnasium und an der Hörschbachschule eine Betreuung anbieten zu können. Durch die Aufteilung blieben allerdings nur 25 Prozent je Einrichtung, und es stellte sich heraus, dass eine solide Schulsozialarbeit mit so geringen Zeitanteilen kaum möglich war und die Probleme an den Schulen nur oberflächlich bearbeitet werden konnten. Somit wurde 2016 beim Gymnasium auf 50 Prozent erhöht.

Insgesamt hat sich die Lage nicht verbessert. Die Bildungseinrichtungen sehen sich vermehrt auch mit Kindern und Jugendlichen konfrontiert, die mit einem nicht einfachen Familienhintergrund in die Schule kommen. Dabei hat sich im Alltag gezeigt, dass die schulischen Probleme oftmals ihren Ursprung im häuslichen Umfeld haben, wird der Hintergrund in der Beratungsvorlage skizziert. Hinzu kommen Integrationsschwierigkeiten von Schülern mit Migrationshintergrund. Weitere Themen: Umgang mit Kindern und Jugendlichen, die wenig soziales Bewusstsein und Strategien zur gewaltfreien Konfliktlösung mitbringen sowie physische und psychische Beschwerden.

Zum Aufgabenspektrum gehören Beratung bei Schulproblemen und Gewalt- und Suchtprävention

Der Aufgabenkatalog der Schulsozialarbeiter ist somit lang. Hauptpunkte sind Gespräche mit den betroffenen Schülern, Beratung bei Schulproblemen sowie Erziehungs- und Lebensfragen, Kontaktherstellung zu Beratungsstellen, Gewalt- und Suchtprävention, Ausbildung von Streitschlichtern, Einzelgespräche mit Schülern und Eltern sowie Unterstützung bei der Inklusion.

Nach einer Vergleichsanfrage bei der Stadt Backnang mit zwölf Schulen und der Übertragung auf Murrhardt ergibt sich ein Stellenumfang von rund 350 Prozent, den die Verwaltung nun auch so vorschlägt. Die Stadt muss für eine entsprechende Erhöhung dann mit rund 95000 Euro pro Jahr rechnen. Wenn sich aber an der Förderung des Landes nichts ändert, würde sie mit 20875 Euro pro Jahr unterstützt. Konkret profitieren von der Aufstockung sollen die Walterichschule (von 75 auf 125 Prozent), die Hörschbachschule (von 25 auf 75 Prozent) sowie die Grundschule Fornsbach. Sind es in der Walterichschule als Gemeinschaftsschule neben beschriebenen Problemen auch Aufgaben der Inklusion, die auf der Agenda stehen, will man die Hörschbachschule ebenfalls stärker unterstützen, die viele Grundschüler aus Familien mit Migrationshintergrund sowie Vorbereitungsklassen betreut. Die Fornsbacher Grundschule hatte schon 2016 den Bedarf einer sozialpädagogischen Begleitung angemeldet, die nun im Umfang von einer Viertelstelle ermöglicht werden soll. Erwünscht ist, dass sich die Fachkräfte bei dringendem Bedarf an den Schulen auch gegenseitig aushelfen.

In der Beratung gingen die Fraktionssprecher auf unterschiedliche Aspekte ein. Georg Devrikis (CDU-FWV) befürwortete die Aufstockung vor allem vor dem Hintergrund, dass kein junger Mensch durchs Raster fallen solle. Leider seien zurzeit die Streetworker- und Sozialarbeiterstelle im Jugendzentrum nicht besetzt und die Vereine nicht mehr wie vielleicht früher selbstverständliche Anlaufstellen für Jugendliche. Für ihn geht die Schere auch mit Blick auf die jungen Menschen auseinander: Einerseits gebe es eine hochaktive Jugend, die sich beispielsweise in der Fridays-for-Future-Bewegung engagiert, andererseits Jugendliche, die mit vielen Entbehrungen aufwachsen – in Bezug auf Zuneigung bis hin zur Grundversorgung. Devrikis merkte zum Gymnasium (50-Prozent-Stelle) noch an, ob man nicht angesichts der Schülerzahlen und Themen wie soziale Medien oder Mobbing dort die Unterstützung anders gewichten und eventuell über eine neue Verteilung nachdenken sollte. Für Operationen gebe man viel Geld aus, ebenfalls wichtig sei es, Jugendliche beim Erwachsenwerden zu unterstützen.

„Wir brauchen die Schulsozialarbeit dringender denn je“, sagte Sonja Allinger-Helbig (SPD), die zudem für den Förderverein der Schulsozialarbeit trommelte. Vor dem Hintergrund der finanziellen Unterstützung vom Land stehe für sie außer Frage, die Aufstockung zu beschließen.

Ralf Nentwich (MDAL/Die Grünen) bewertete die Stellenerhöhung als richtigen Schritt, trotzdem sei sie bei genauerem Hinsehen knapp bemessen. Insofern regte er an, sich noch um weitere Fördergelder zu bemühen, beispielsweise die Möglichkeiten auf Kreisebene auszuloten, sowie durch ein Angebot der Schulseelsorge, das es beispielsweise in Backnang gebe, eventuell finanzielle Unterstützung der Kirchen zu erhalten.

Markus Blank (UL) ließ keinen Zweifel daran, dass er das Engagement der Schulsozialarbeit schätzt und um das große Aufgabenspektrum weiß. Das Team habe die wichtige Aufgabe, sich Konflikten anzunehmen, die sich so im Schulalltag nicht einfach nebenher lösen lassen. Trotzdem stellte er fest, dass eine Verdopplung des Stellenumfangs seit 1994 für die Walterich- und Herzog-Christoph-Schule nicht wenig sei.

Erster Beigeordneter Rainer Braulik merkte noch an, dass für ihn ein noch früheres Engagement in Kindergärten in präventiver Hinsicht, wie es auch der Krankenpflegeverein durch die Förderung des Familienzentrums unterstütze, sinnvoll sei. Bürgermeister Mößner sagte mit Blick auf einen noch größeren Aufstockungswunsch, dass sich die Stadt die Erhöhung zurzeit leisten könne, man das Geld aber auch in finanziell schlechteren Zeiten auf den Tisch legen müsse.

Der Gemeinderat segnete die Erhöhung um 125 Prozent unisono ab.