Stadt will Perspektive für Neustart bieten

Die Verwaltung hat ein Paket mit Ideen, Maßnahmen und denkbaren Aktionen geschnürt, um Murrhardter Händler, Dienstleister und Gastronomen zu unterstützen, wenn wieder eine allmähliche Öffnung aufgrund sinkender Infektionszahlen möglich wird.

Stadt will Perspektive für Neustart bieten

Die Lage der Innenstadthändler, Dienstleister und Gastronomen war schon vor Corona nicht einfach, nun hat sie sich noch deutlich zugespitzt. Die Stadt legt ein Bündel an flankierenden Maßnahmen auf, um in der Zeit von langsamen Öffnungen zu helfen – aber auch längerfristig. Fotos: J. Fiedler

Von Christine Schick

MURRHARDT. Bei der Vorstellung des Coronaneustartprogramms unter dem Motto „Innenstadtoffensive 2.0“ im Gemeinderat machte Bürgermeister Armin Mößner zunächst klar, dass man bereits vor fünf Jahren gemeinsam angetreten war, um sich neu aufzustellen. Es wurde der Stadtmarketingverein gegründet, um ein Forum für Händler und Dienstleister zu schaffen, in dem gleichzeitig die Stadtverwaltung unterstützen kann. Eine wichtige Wegmarke war, den lokalen Online-Marktplatz aufzubauen und mit ihm eine digitale Plattform für die Akteure vor Ort zu bieten. Schon damals zeichnete sich ab, dass der Stand von Einzelhandel, Dienstleistern und Gastronomen auch in Murrhardt kein einfacher war, und es wurde vor einer zunehmenden Gefahr aussterbender Innenstädte gewarnt. „Die Situation hat sich mit der Pandemie nicht zum Positiven entwickelt“, sagte Armin Mößner. „Die mehreren coronabedingten Lockdowns haben ihre Spuren hinterlassen.“ Die Verwaltung möchte mit einem Programmpaket bereitstehen, wenn die sinkenden Infektionszahlen eine langsame Öffnung zulassen. Nach dem Stand am Donnerstagabend waren es in Murrhardt noch 45 Infizierte und eine 7-Tage-Inzidenz von knapp 100 im Rems-Murr-Kreis.

Mößner erwartet, dass im Sommer vergleichbare Szenarien wie 2020 für Gastronomie, Handel und Veranstaltungen möglich sind. Gemeinsam mit dem Stadtmarketingverein habe man sich Gedanken gemacht, was an Aktionen und welche Hilfen Sinn machten für besagte Öffnungsschritte, aber auch unabhängig von Corona. Das Paket umfasst zehn thematische Punkte, die Mößner skizzierte. Anpacken möchte die Stadt die Neugestaltung der Möblierung auf dem Marktplatz und in der Fußgängerzone sowie weitere Begrünung der Innenstadt. In einem Workshop „Forum Innenstadt“ soll es um eine Bestandsaufnahme und Weiterentwicklung des Stadtmarketings und der Ideen für die Innenstadt gehen. Für eine Begleitung ansprechen möchte man die Imakomm-Akademie aus Aalen, die vor rund fünf Jahren eine Analyse zur Lage inklusive Verbesserungsvorschlägen vorgelegt hatte.

Murrhardter Sommer sieht Aktionswoche und eine Kombination von Gastronomie und Kultur vor.

Die Verwaltung möchte zudem ihr Leerstandsmanagement intensivieren, Ideen sind beispielsweise zu prüfen, ob Pop-up-Stores, also eine zeitlich befristete Vermietung von leer stehenden Läden wie man es aus Großstädten kennt, und ob Start-up-Programme zur Förderung möglich sind. In Abstimmung mit Eigentümern ruhender Gastronomiebetriebe will die Stadt bei der Suche nach Nachfolgern beziehungsweise Nachfolgemodellen unterstützen.

Unter dem Stichwort „Murrhardter Sommer“ sollen die Voraussetzungen für eine Außengastronomie in Kombination mit einem Kulturprogramm in der Innenstadt und im Stadtgarten geschaffen werden. Vor dem Hintergrund von Corona hält es die Stadt für wichtig, möglichst mehr Außenfläche für Gastronomen zur Verfügung zu stellen. Eine Aktionswoche im Sommer soll den Neustart begleiten, auch im Sinne eines ausgedehnteren, nachzuholenden Murrhardter Frühlings, der nicht möglich war, und angelehnt an die Konzeption der Aktionswoche im Advent 2020.

Als weiteres Konzept schwebt der Stadt die Etablierung von Märkten ab 2022 vor. Feste Größen sind der Murrhardter Frühling (April), der Januariusmarkt mit Kunsthandwerkern und Künstlern (Juni), der Naturparkmarkt (Oktober) und der Weihnachtsmarkt (Dezember). Weitere Ideen sind ein Markt im Mai mit Produkten aus dem Naturpark, über den man Direktvermarkter unterstützen könnte, im Juli ein Markt im Rahmen des Marktplatzfests beziehungsweise Stadtfests sowie im September ein Walterichmarkt mit begleitendem Programm und Stadtführungen. Man sei schon Schritte in dieser Richtung gegangen, so Mößner. Vorteil sei, auch Tourismusakteure mit einbinden zu können. Die Stadt sieht mit ihren verschiedenen Plätzen gute Möglichkeiten, solch eine Teilmarke „Marktstadt Murrhardt“ zu schaffen. Nicht zuletzt habe die englische Partnerstadt Frome mit solch einem Konzept eine Belebung für den Einzelhandel erreicht.

Im Sinne des Erhalts und der Steigerung der Attraktivität Murrhardts möchte man am Thema „saubere und sichere Innenstadt“ dranblieben. Die Aktion „saubere Stadt“ soll mit Plakaten, Kontrollen und Grundlagenarbeit an Schulen und zusätzlichen Mülleimern fortgeführt werden. Vorgesehen ist eine Neukonzeption für den städtischen Vollzugsdienst mit Einsätzen auch in den Randstunden, wie es die Stadt formuliert, sowie weitere Umstellung auf LED-Beleuchtung, um das schummrige Orange ersetzen zu können, sagte Mößner. Als weitere Facette wird ein Fassadenprogramm aufgelegt, um Eigentümer zu unterstützen, Farbschmierereien entfernen beziehungsweise neu überstreichen zu lassen.

Neben einer Werbeoffensive, die sich bei einem Start ans Umland richtet, wird die Arbeit rund um den Online-Marktplatz fortgeführt. Außerdem soll ein digitaler Murrtaler (Einkaufsgutschein) eingeführt werden, bei dem man den Partner Atalanda (Anbieter des Online-Marktplatzes) ins Boot holt. Unter dem Strich sollen fürs Gesamtpaket 70000 Euro bereitgestellt werden.

Die Fraktionssprecher begrüßten Vorhaben und Vorstoß der Verwaltung. Nicht zu überhören war aber auch die Einschätzung, dass es letztlich Kunden, Besucher und Nutzer braucht, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Mario Brenner (CDU/FWV) machte klar, dass er Programm und Ausgaben für sehr sinnvoll hält und es begrüßt, sich konzeptionell für die Zukunft aufzustellen. Nicht zuletzt, da er davon ausgeht, dass „Corona uns noch eine Weile beschäftigen wird“. Die Leerstände in der Stadt seien sichtbar. Nur hoffe er, dass die Bürger die Angebote vor Ort auch nutzten.

Hartmann Widmaier (MDAL/Die Grünen) stellte fest, dass der Murrhardter Einzelhandel bereits vor der Pandemie mit rückläufigem Zuspruch zu kämpfen hatte. Mit Corona habe sich die Problematik deutlich zugespitzt. Er sei froh über das Programm, mit dem die Stadt nach dem Motto nicht kleckern, sondern klotzen unterstützen wolle. „Ich hoffe aber auch, dass es Wirkung zeigt. Es hilft nur, wenn die Bevölkerung mitmacht.“ Auf seine Frage, inwieweit auch Händler jenseits der Innenstadt mit bedacht seien, sagte Mößner, dass er genauso das Ärztehaus, die Hörschbachstraße in der Weststadt bis hin zu Fornsbach mitzähle, wo es beispielsweise gelungen sei, eine Nachfolge für den Bäcker zu finden. Auch für Klaus-Peter Dörrscheidt (UL) sind die Leerstände in der Stadt augenfällig und zeigten, wie sich die Lage verschärft und Probleme massiv beschleunigt hätten. Auch er hofft, dass die Maßnahmen letztlich bei den Besuchern der Stadt Resonanz finden. Elisabeth Zenker (SPD) unterstrich ihre Unterstützung des Programms und der geplanten Schritte ausdrücklich. Sie konnte sich auch vorstellen, bei weiteren Ideen im Laufe des Jahres nochmals zusätzlich Geld in die Hand zu nehmen. Explizit lobte sie den Blumenschmuck in der Innenstadt.

Ralf Nentwich (MDAL/Die Grünen) hält das Programm für eine wichtige Sache und merkte an, dass auch die Landesregierung Unterstützungen in dem Bereich plane. Bürgermeister Mößner sagte, dass man gegebenenfalls gerne Fördergelder beantrage, aber auch einfach zügig als Stadt in der Sache aktiv werden wolle. Der Gemeinderat gab mit einer Enthaltung grünes Licht für das Paket.

Stadt will Perspektive für Neustart bieten

Der Blumenschmuck und weitere Begrünung gehören auch zum Programm.

Stadtmöbel und Begrünung

Das Budget von insgesamt rund 70000 Euro teilt sich wie folgt auf: neue Möblierung und Begrünung Innenstadt 40000 Euro, Workshop „Forum Innenstadt“ 3000 Euro, Murrhardter Sommer mit Aktionswoche und Kulturangeboten 10000 Euro, Fassadenprogramm 10000 Euro und Werbeoffensive 2500 Euro; mit eingerechnet ist noch ein gewisser Puffer für Unvorhergesehenes in Höhe von 4500 Euro. Im Jahr 2022 kommen 10000 Euro für die Konzeption Marktstadt Murrhardt hinzu. Leerstandsmanagement, saubere und sichere Innenstadt, digitaler Murrtaler und Online-Marktplatz sind bereits eingeplant beziehungsweise sollen über laufende Verwaltungsgeschäfte gestemmt werden.

Die Finanzierung erfolgt über bereits eingeplante Gelder zur Innenstadtoffensive, Zurückstellung des Podestkaufs für Außenveranstaltungen, Mittel aus der Wirtschaftsförderung und dem Kulturetat sowie über Gelder, die aufgrund abgesagter Veranstaltungen übrig sind.