Stadtwerke organisieren das Parken neu

Der Werksausschuss stimmt mehrheitlich für die Einführung eines digitalen Systems zur Gebührenbezahlung und Parkraumüberwachung in Murrhardt. Die Verwaltung muss mit rund 25000 Euro an Investitionen und laufenden Kosten von rund 8500 Euro pro Jahr rechnen.

Stadtwerke organisieren das Parken neu

Im Parkhaus Graben soll es ab Mitte des kommenden Jahres eine kameragestützte Überwachung geben, die Installation einer Anzeige über die freien Plätze sieht die Verwaltung aber erst nach der Sanierung des Gebäudes als sinnvoll an. Foto: C. Schick

Von Elisabeth Klaper

Murrhardt. „Wir wollen den Bürgern mit dem digitalen Parken einen besseren Service und Mehrwert bieten und mit dem technischen Fortschritt Schritt halten.“ So brachte Bürgermeister Armin Mößner in der Sitzung des Werksausschusses das Ziel auf den Punkt, im kommenden Jahr ein digitales Parkgebührenbezahl- und ein Parkraumüberwachungssystem in der Walterichstadt einzuführen.

Stadtwerke-Geschäftsführer Rainer Braulik stellte das Projekt vor und erläuterte die wichtigsten Punkte. Unterschieden wird zwischen dem Parken direkt auf oder an der Straße im öffentlichen Raum und dem Parken auf abgegrenzten, öffentlichen oder privaten Flächen. Nun gehe es darum, zwei verschiedene Systeme einzuführen. Das erste ermöglicht das digitale Bezahlen der Parkgebühren per Smartphone, wofür man sich entweder registrieren kann und eine digitale Rechnung bekommt, oder ohne Registrierung, dann werden die Parkgebühren über die Smartphone-Rechnung mit abgewickelt. Das zweite System ermöglicht eine umfassende Parkraumüberwachung über eine digitale Ein- und Ausfahrtkontrolle mithilfe eines Scanners, der die Autokennzeichen erfasst, sodass keine Schranke erforderlich ist. Damit soll im Parkhaus begonnen werden. „Wir haben bisher keine Daten darüber, wer wann und wie lange im Parkhaus parkt. Dieses System verschafft uns nun minutengenaue Infos, ist beweissicher und hat den Vorteil, dass die Kontrolle wegfällt, also eine Win-win-Situation im Rahmen der Digitalisierung“, betonte Rainer Braulik. Das System sei auch auf andere abgegrenzte Parkflächen mit einer Zufahrt übertragbar.

Im ersten Schritt soll das digitale Parkgebührenbezahlsystem der Firma Parkster GmbH auf den Park-and-ride-Flächen am Bahnhof in Murrhardt und Fornsbach, im Parkhaus Graben, auf dem Parkdeck Gartenstraße sowie auf den öffentlichen Parkplätzen in der Grabenstraße, im Klosterhof, am Amtshaus, Ärztehaus und Fornsbacher Waldsee eingerichtet werden. Überall können die vorhandenen Parkscheinautomaten weiter benutzt werden. Das neue digitale Abrechnungssystem wird parallel zum klassischen Parkschein eingeführt. Denkbar wäre die Erweiterung auf weitere Parkflächen, beispielsweise im Bereich der Hörschbachschlucht, die digitale Abwicklung von Einwohnerparkzonen oder auch die Umsetzung der digitalen Parkscheibe. Mit Einführung einer kameragestützten Verkehrsüberwachung im Parkhaus Graben durch Hard- und Software der Firma Peter Park System GmbH wird der teure und wartungsanfällige Einbau einer Schrankenanlage übersprungen und der erste Schritt in ein umfassendes digitales Parkraummanagement in Murrhardt gemacht.

Die erforderliche technische Ausrüstung des Parkhauses ist von so geringem Umfang, dass sie ohne größere Kosten im Rahmen der bevorstehenden Generalsanierung kurzzeitig ab- und wieder aufgebaut werden kann. Die parkenden Fahrzeuge werden über das Kennzeichen registriert, somit können die Dauerstellplätze im Parkhaus ohne Liste und Ausweise vergeben werden. Dadurch kann auch die Kontrolle der Parkberechtigungen durch den städtischen Vollzugsdienst komplett entfallen. Weiter ist eine direkte Anbindung an das für die Ahndung von Parkverstößen genutzte System in Echtzeit möglich, mit lückenloser Dokumentation der Parkzeiten und Informationen über die Verfügbarkeit von freien Parkflächen.

Da die Fraktionsvertreter unterschiedliche Meinungen zum Thema hatten, entwickelte sich eine kontroverse Diskussion. „Wir sind auf dem richtigen Weg, das ist ein guter Einstieg ins digitale Parken und bietet Rationalisierungs- und Kosteneinspareffekte“, freute sich Andreas Winkle (CDU/FWV). „Wir sehen das anders“, konterte Klaus-Peter Dörrscheidt (UL). Seine Fraktion sei skeptisch, ob sich das Ganze ob der nicht unerheblichen Kosten überhaupt rechnet. „Wir kriegen jeden, der nicht bezahlt“, wobei künftig keine Personalkosten für die Kontrollen durch den städtischen Vollzugsdienst mehr anfallen, erklärte der Stadtwerke-Geschäftsführer.

„Wir tun uns schwer, erst einmal sollten wir das Parkhaus sanieren und dann die digitalen Parksysteme Schritt für Schritt einführen, damit wir sehen, wie es sich entwickelt“, fand Edgar Schäf. Er vermutet, dass sich ältere Autofahrer und Einwohner der Teilorte nicht so leicht mit dem System tun. „Ich kann mich nicht damit anfreunden, auch sind die Kosten nicht gering“, gab der SPD-Fraktionsvorsitzende zu. Dennoch schlug er vor, zu überlegen, einen Versuch mit dem digitalen Parken bei den Park-and-ride-Plätzen zu machen. „Wir wollen dafür werben, dass ein solches innovatives System in Murrhardt angeboten wird, und sind davon überzeugt, dass die Zahl der Nutzer in den nächsten Monaten nach der Einführung deutlich steigt. Vor allem für jüngere Nutzer des Parkhauses ist es Standard, solche Angebote zu nutzen“, erwiderte der Rathauschef. Auch stellte er klar, dass sich weiterhin die Parkscheinautomaten nutzen lassen. „Wir wollen das digitale Parken stufenweise im Parkhaus einführen, unabhängig von der Sanierung, da die erforderlichen Geräte einfach zu montieren sind.“

Es gebe keine datenschutzrechtlichen Bedenken, beantwortete Mößner eine Nachfrage von Hartmann Widmaier (MDAL/Die Grünen). „Wir haben Bedenken wegen der Kosten, uns fehlt eine Darstellung der Einsparmöglichkeiten, deshalb können wir so nicht mitgehen“, erklärte Markus Blank (UL). Auch Edgar Schäf (SPD) forderte, die Einsparpotenziale zu ermitteln, und eine Kostenleistungsprognose. Bei der bisher zeit- und arbeitsaufwendigen Dauerparkausweiserstellung bestünden große Einsparmöglichkeiten, betonte Rainer Braulik. „Um diese Potenziale transparenter zu machen, werden wir genau ermitteln, wo und wie viele Einsparungen möglich sind“, sagte er zu.

Gerd Linke (MDAL/Die Grünen) erkundigte sich, ob es künftig auch eine Anzeige über freie Plätze gebe: Es wäre ein großer Vorteil, schon vor der Einfahrt ins Parkhaus zu erfahren, wo wie viele freie Plätze vorhanden sind. Diese Anzeige sei jetzt noch nicht dabei, vorher müsse das Parkhaus saniert werden, aber das Überwachungssystem erkenne, wer wann hinein- und hinausfährt, stellte Braulik klar. Ziel sei es, mithilfe dieses Systems mehr Ordnung für die Trennung des Parkhauses in Dauer- und Kurzzeitparkbereiche zu erreichen, verdeutlichte der Bürgermeister.

Mario Brenner (CDU/FWV) verwies auf den großen Nutzen des Systems: Es sei bekannt, dass zum Beispiel auf dem Waldseeparkplatz viele Parker nicht bezahlen, doch mithilfe des Überwachungssystems wisse man künftig genau, wer wo und wie lange geparkt habe. Darin sah Brenner das große Potenzial, viel höhere Erlöse aus den Parkgebühren zu erzielen. „Das Überwachungssystem funktioniert nur bei Parkplätzen mit klarer Ein- und Ausfahrt“, wie im Parkhaus und am Waldsee, aber das gehe im Klosterhof nicht, stellte der Stadtwerke-Geschäftsführer klar.

Schließlich stimmten die Mitglieder des Werksausschusses mehrheitlich mit sieben Jastimmen, zwei Neinstimmen und einer Enthaltung für den Vorschlag der Verwaltung.

Start im ersten Quartal 2022

Kosten Die Investitionen für das Gesamtpaket mit Software, Kassenautomat, Scanner, Installation und Inbetriebnahme betragen 20112 Euro, insgesamt fallen einmalige Kosten von etwa 25000 Euro an. Hinzu kommen laufende Kosten von monatlich 707 Euro oder 8484 Euro pro Jahr, die in den Wirtschaftsplan 2022 aufgenommen sind, wobei für laufende Kosten in 2022 nur sechs Monate eingeplant werden.

Beginn Das digitale Parken per App startet im ersten Quartal 2022 auf allen kostenpflichtigen Kurzzeitparkflächen. Mitte 2022 wird die kameragestützte Parkraumüberwachung im Parkhaus Graben installiert.