Die Abspaltung ist perfekt: Der neue Meister aus Stuttgart und zehn andere Clubs kehren der European League of Football (ELF) den Rücken – und machen künftig ihr eigenes Ding.
Abschied: Das Finale in Stuttgart war der letzte Auftritt des Surge-Teams in der European League of Football.
Von Jochen Klingovsky
Die Bilder des Teams von Stuttgart Surge, das am Sonntag vor mehr als 36 700 Zuschauern auf dem Rasen der MHP-Arena den Titelgewinn in der European League of Football (ELF) gefeiert hat, werden für immer im Gedächtnis bleiben – nicht nur wegen der jubelnden, weinenden, überglücklichen und teilweise Zigarre rauchenden Akteure in den schwarzen Trikots. Sondern auch, weil dieses Finale das letzte Spiel in der fünfjährigen Geschichte der ELF gewesen sein könnte.
Am Dienstag wurde die Pressemitteilung verschickt, die einige Insider schon unmittelbar nach dem Endspiel erwartet hatten. Die elf Rebellen, die sich in der European Football Alliance (EFA) zusammengeschlossen haben und zu denen auch der neue Meister Stuttgart Surge sowie Vizemeister Vienna Vikings gehören, erklärten unmissverständlich, dass sie künftig nicht mehr in der ELF antreten werden, sondern stattdessen eine eigene Liga gründen wollen.
Es gibt „keine Unklarheiten“
„Die European Football Alliance hat nach einer eingehenden und gründlichen internen Prüfung beschlossen, dass ihre Teams ab der Saison 2026 nicht mehr an der European League of Football teilnehmen“, heißt es in der Pressemitteilung, „diese Entscheidung spiegelt wider, was die Allianz für die langfristige Gesundheit, Stabilität und das Wachstum des American Football in Europa als das Beste erachtet.“ Weiter betonen die Franchises der EFA, dass es, was die Perspektive angehe, „keine Unklarheiten“ gebe: „Die Organisation und ihre Teams haben nicht die Absicht, 2026 oder später in der ELF anzutreten. Ihr Weg in die Zukunft basiert auf Transparenz, unternehmerischer Nachhaltigkeit und der Ausrichtung an den besten Beispielen für professionelle Sportverwaltung.“
In den vergangenen Wochen hatten die Rebellen immer wieder das Geschäftsgebaren der ELF-Führung kritisiert. Nun erklärten sie: „Die finanzielle Instabilität, mangelnde Transparenz und Vertragsverletzungen der ELF werden als unvereinbar mit der Vision der EFA von einer Liga angesehen, in der die Vereine sowohl in der Verwaltung als auch bei der Gewinnbeteiligung echte Partner sind.“ Weiter betonte die EFA, dass „Europas Fans, Spieler, Trainer und Investoren eine Struktur verdienen, die Integrität, Transparenz und Nachhaltigkeit gewährleistet“. In einer neuen Liga.
Orientierung an der NFL
Die EFA hat in der Pressemitteilung ein Szenario entworfen, wie es mit dem Football auf höchstem europäischem Niveau weitergehen soll. Demnach will die Allianz nun „den Aufbau eines modernen Eigentümer- und Verwaltungsmodells“ im Stil der US-Profiliga NFL vorantreiben. Das ist ein großer Anspruch. Wie genau die EFA diesen erfüllen will, ließ sie offen: „Weitere Details zu Struktur, Spielplan und Partnern werden im Laufe dieses Jahres veröffentlicht. Eine wichtige Priorität ist die Schaffung einer Liga, die sich auf die Fans und ihr Erlebnis konzentriert und gleichzeitig die gewünschten Ergebnisse für unsere Partner liefert.“
Ob das gelingen kann? Daran lässt die EFA, zu der neben Stuttgart Surge und den Vienna Vikings auch der zweimalige Meister Rhein Fire, die Paris Musketeers, Madrid Bravos, Tirol Raiders, Frankfurt Galaxy, Wroclaw Panthers, Prague Lions, Nordic Storm und Berlin Thunder gehören, keine Zweifel – mit einem Satz, der sich direkt an die Fans, Sponsoren und Investoren richtet: „Seien Sie versichert, dass auch im Jahr 2026 noch professioneller Football gespielt wird.“
Ähnlich hatte sich zuletzt gegenüber unserer Zeitung auch Zeljko Karajica geäußert – allerdings mit einer gänzlich anderen Intension. Der ELF-Boss, der bis zum Finale Geschäftsführer war und mit 62 Prozent der Anteile, die er hält, weiterhin der Hauptgesellschafter ist, erklärte am Freitag in Stuttgart: „Fakt ist, dass es weitergeht und es die ELF auch nächste Saison geben wird.“ Zu diesem Zeitpunkt hatte Karajica laut eigener Aussage noch vor, mit den Rebellen „konstruktive Gespräche“ zu führen und sie dazu zu bewegen, auch künftig in der ELF zu spielen. Überraschenderweise ist das weiterhin die Strategie.
Zweieinhalb Stunden nach der Abspaltungsmitteilung äußerte sich am Dienstag auch die ELF – und kündigte an, sich auf die Saison 2026 vorzubereiten. Demnach steht die ELF für die kommende Spielzeit „mit elf Franchises in einem gültigen Vertragsverhältnis“ und zudem in „intensiven Gesprächen mit mehreren Interessenten, die mit neuen Teams teilnehmen wollen“. Mit wem es laufende Verträge gibt (und ob darunter womöglich EFA-Teams sind), ließ die ELF offen. Dafür betonte sie, auch weiterhin „offen für den Dialog mit allen aktuellen Franchises“ zu sein und das Ziel zu verfolgen, eine „gemeinsame Basis für die Weiterentwicklung der Liga und des europäischen Footballs zu schaffen“.