OB enttäuscht von Umweltministerin

„Testen Sie es doch aus“ – Palmer fordert Einwegverbot

In Frankreich gilt beim Essen im Schnellrestaurant Mehrwegpflicht. Das sollte auch Baden-Württemberg einführen, findet Boris Palmer. Doch Umweltministerin Walker (Grüne) zögert.

„Testen Sie es doch aus“ – Palmer fordert Einwegverbot

Boris Palmer fordert eine Einführung des Einwegverbots auch in Baden-Württemberg, Umweltministerin Thekla Walker gibt sich zurückhaltend.

Von Eberhard Wein

Das Land Baden-Württemberg will es weiterhin seinen Städten und Gemeinden überlassen, ob sie eine Verpackungssteuer einführen wollen oder nicht. „Unsere Kommunen wissen selbst am besten, wie sie steigende Müllmengen in den Griff bekommen“, sagte die Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) beim ersten Verpackungsgipfel, zu dem das Ministerium Vertreter von Einzelhandel, Gaststättengewerbe, Kommunen und Entsorgungsbetrieben nach Stuttgart eingeladen hatte.

Stündlich landeten in Deutschland 320 000 Einwegbecher im Müll. „So kann es nicht weitergehen“, sagte Walker. Dennoch räumte sie ein, dass sie gegenwärtig keine landesweite Verpackungssteuer plane. Für Tübingen sei die Steuer eine gute Lösung, anderswo wolle man das Problem vielleicht anders lösen. Auch ein Verbot von Einwegverpackungen beim Verzehr im Restaurant, wie es beispielsweise in Frankreich gilt, sei bisher nicht geplant. Man bevorzuge eine deutschlandweite Lösung, sagte Walker. Beim Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos), der die Einwegsteuer für Tübingen beim Bundesverfassungsgericht durchgekämpft hatte, stieß dies auf Enttäuschung. „Testen Sie doch aus, ob das Land dafür eine Gesetzgebungskompetenz besitzt und warten Sie nicht auf Bayern.“

Bayern blockiert kommunale Verpackungssteuern: Rechtslage anders

Im Nachbarbundesland hatte die dortige Landesregierung vor kurzem klargestellt, dass sie keine Genehmigungen für kommunale Verpackungssteuern erteilen werde. Die Steuer sei zu kompliziert und ein zu großer Aufwand für die Betriebe, hieß es. Allerdings ist die Rechtslage in Bayern auch eine andere. Im Südwesten benötigen die Kommunen für die Einführung von Steuern keine vorherige Erlaubnis der Landesregierung.

In Tübingen ist seit 2023 für Einwegverpackungen im To-Go-Bereich eine Steuer fällig, etwa 50 Cent pro Becher oder Schale. Wer allerdings im Restaurant isst, muss sie nicht bezahlen. Dies sei leider ein Steuerschlupfloch, sagte der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer. Hier helfe nur ein landesweites Verbot. Dann müsste ein Unternehmen wie McDonald’s Baden-Württemberg eben in sein französisches Logistiknetz integrieren. Nur für Tübingen gebe es eine solche Lösung aber nicht.

Einwegsteuer: Interesse wächst, Umsetzung bleibt schleppend

Für die Einwegsteuer interessieren sich nach Darstellung des Stuttgarter Umweltministeriums inzwischen aber mehr als 100 Städten auch außerhalb von Baden-Württemberg. Tatsächlich eingeführt wurde sie bisher aber nur in Konstanz, wo ähnlich wie in Tübingen 50 Cent pro Tasse, Essenschale oder Eisbecher fällig werden, was vor allem Touristen verwirrt. In Freiburg soll die Steuer vom 1. Januar 2026 an erhoben werden. In Ludwigsburg und Aalen wollen die Gemeinderäte im Laufe des Jahres darüber beraten – Ausgang offen. „Wir haben ein Patt“, sagte der Ludwigsburger OB Matthias Knecht (parteilos). Auch er erhoffe sich mehr Unterstützung von der Landesregierung.

Professor Henning Wilts, Leiter der Abteilung Kreislaufwirtschaft am Wuppertal Institut, wies in einem Eingangsreferat darauf hin, dass sich in den vergangenen 30 Jahren die Menge der Kunststoffverpackungsabfälle pro Kopf verdoppelt habe. Mehrweg sei die Zukunft. Allerdings müsse dies alltagstauglich sein, sagte die Chefin der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, Cornelia Tausch. Allein mit Freiwilligkeit komme man oft nicht weiter.

Seit 2023 müssen Schnellrestaurants Mehrwegalternativen anbieten. Die Mehrwegquote bei Getränken sei dadurch aber nur minimal von vier auf sieben Prozent gestiegen, sagte Wilts. Der Mehrzahl der Kunden seien die Mehrwegangebote überhaupt nicht bekannt, zitierte er aus einer Studie. Die Angebotspflicht sei zwar „nicht nutzlos, aber absolut nicht ausreichend“, sagte Wilts.