Auch in türkischen Medien wird der Fall des Sozialbetrügers Adil P. diskutiert. Manche nehmen den Fall des Fernsehmoderators zum Anlass, nationale Konflikte auszutragen.
Von Erdem Gökalp
Stuttgart - Der Stuttgarter Fernsehmoderator Adil P. ist auch in den türkischen Medien zu einem Politikum geworden. Einige Nachrichtenportale haben die Berichterstattung über den türkischen Staatsbürger, der den deutschen Staat um 270 000 Euro betrogen hat, aufgegriffen. Auf sozialen Medien wird hitzig über den Fall diskutiert. Die zentrale Frage ist, welche Auswirkung so ein Fall des Sozialbetrugs auf in Deutschland lebende Türken hat.
Trash-TV für Diaspora-Türken
Das zeigt sich auch in den Kommentaren des Nachrichtenportals Arti49. „Er hat sich als Türke genau so verhalten, wie viele es von uns erwartet hätten. Es ist eine Schande, was unsere Leute für Betrügereien in Deutschland begehen“, schreibt dort ein Nutzer. „Unsere Leute glauben wohl, dass der deutsche Staat schläft. Aber in dem Land gibt es Gesetze und die Justiz geht ihrer Arbeit nach“, sagt ein anderer. Ein weiterer Nutzer schreibt: „Dieser Mann hat in seiner Sendung ohnehin die Türken nicht so gezeigt, wie sie wirklich sind.“
In den Kommentaren des Portals Gazete Kolektif fragt sich ein Nutzer, wie es sein kann, dass Adil P. nicht abgeschoben werde. Ein anderer behauptet, dass Deutschland neidisch auf die Türkei sei, denn in der Türkei sei ein solcher Betrug niemals möglich gewesen. Adil P. hat unter anderem mit seiner Sendung „Bizden Bize“ (Von uns, für uns) für den türkischen Sender Eurostar boulevardeske Videos im Trash-TV für Diaspora-Türken in Europa produziert. Allein auf Instagram hat er 217 000 Follower und dementsprechend eine große Reichweite.
Manche nehmen den Fall des Fernsehmoderators nun zum Anlass, um Konflikte aus dem eigenen Land auszutragen und sich in vagen Spekulationen zu verlieren. „Der war bestimmt ein Sozialdemokrat (CHP).“ Eine andere Nutzerin bringt es auf ihre Weise auf den Punkt: „Die Lage in der Türkei ist schon schlimm. Es gibt hier viele Betrüger und Diebe. Schlimm ist aber, dass es unter unseren Leuten sogar in Deutschland so eine Unmoral gibt.“
Eine andere Nutzerin sieht ein Problem bei den konservativen Türken in Deutschland. „Es gibt Sozialhilfeempfänger in Deutschland, die gläubig erscheinen wollen, Deutschland kritisieren und nebenbei sich nicht genieren, Geld vom Staat zu beziehen.“ Die linke Nachrichtenplattform Sözcü schreibt über den Fall auf X: „Der Fall des türkischen Fernsehmoderators hat Deutschland in Bewegung gebracht.“ Ein Nutzer berichtet davon, wie er selbst mal in Deutschland dazu angeworben wurde, einen ähnlichen Sozialbetrug zu begehen.
Wenig Kooperation der Behörden
Andere Nutzer zeigen ungeniert ihre Wut. „Wir schuften wie die Esel und zahlen Steuern, damit Leute wie er sich auf unserem Rücken bereichern. Das ist unverzeihlich“, schreibt eine Frau. Eine andere Nutzerin schreibt auf Instagram über den Fall, dass es dennoch beschämend sei, wie wenig die türkischen Medien über den Fall berichten würden. Aus Angst, der Imageschaden für die Türken könnte zu groß sein.
Über die mangelnde Kooperation der türkischen Behörden wird wenig diskutiert. Einem Sprechers des Amtsgerichts zufolge sind die Besitzverhältnisse unklar geblieben. Es konnte nicht herausgefunden werden, ob er in der Türkei Ersparnisse, Konten oder Immobilien besitzt. Man habe lediglich anhand von Rechnungen Vermutungen darüber anstellen können.