Wer beim Fliegen ein schlechtes Gewissen hat, dass sein Reiseverhalten dem Klima schadet, der kann Klimaschutzprojekte unterstützen. Solche Zahlungen bewarb Eurowings - und ging dabei wohl zu weit.
Eurowings-Maschine am Flughafen - einsteigen mit gutem Gewissen, weil man Klimaschutzprojekte unterstützt hat?
Von dpa
Düsseldorf - Die Airline Eurowings hat ihre Kunden nach einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf mit Werbung für Klimaschutzmaßnahmen in die Irre geführt. Dem Flugunternehmen wurde untersagt, auf eine bestimmte Weise für eine Klimaschutz-Kompensationszahlung zu werben (Az.: I-20 U 38/25). Kunden konnten ihren Flug mit einem Neun-Euro-Beitrag "zu hochwertigen Klimaschutzprojekten" kompensieren, wie es die Airline Gerichtsangaben zufolge bei der Online-Buchung formuliert hatte. Eurowings bedauerte das Urteil und kündigte an, die Urteilsgründe sorgfältig zu prüfen.
Aus Sicht des Gerichts führte die Werbung, in der etwa die Passage "Die Zukunft des CO2-neutralen Fliegens ist nur einen Klick entfernt" zu lesen war, beim Verbraucher zu der falschen Vorstellung, klimaneutral zu reisen. Die Kammer wies darauf hin, dass beim Fliegen weitere klimaschädliche Emissionen freigesetzt werden, deren Existenz den Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht allgemein bekannt seien.
Ruhiges Gewissen für Verbraucher?
Die Begriffe CO2-neutral und klimaneutral würden im allgemeinen Sprachgebrauch synonym verwendet, urteilten die Richter. Daher verstünden die Verbraucher die Werbung so, dass sämtliche klimaschädlichen Emissionen der gebuchten Flugreise - also nicht nur CO2 - ausgeglichen würden. Das Ziel der Werbung, den Verbrauchern ein ruhiges Gewissen zu verschaffen, werde durch die anderen, nicht kompensierten Emissionen verfehlt, so die Richter.
An einer anderen Werbepassage zu nachhaltigen Kraftstoffen hatte das Gericht hingegen nichts zu beanstanden - deren Wortwahl sei nicht irreführend.
Angegriffene Werbung nach neuem EU-Regelwerk unzulässig
Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), der sich in der ersten Instanz vor dem Landgericht Köln noch eine Abfuhr eingeholt hat und in der zweiten Instanz nun teilweise recht bekam.
Eurowings begrüßte, dass das Gericht die Werbung für die nachhaltigen Flugkraftstoffe als nicht irreführend befunden hat. Die Airline wies darauf hin, dass es in dem Urteil um eine Version seiner Webseite aus dem Jahr 2023 gehe. Grundsätzlich entwickle man die Kommunikation kontinuierlich weiter und nehme bei Bedarf entsprechende Anpassungen vor.
Aktuell arbeite man in Absprache mit EU-Behörden an Anpassungen etwa bei der Kommunikation zu Beiträgen zur CO2-Einsparung, hieß es von Eurowings. Damit wolle man "Transparenz und Klarheit" erhöhen. Derzeit können Eurowings-Kunden auf der Webseite der Airline beim Buchen eines Tickets weiterhin Zahlungen für Klimaschutzprojekten veranlassen, diese Zahlungen unter dem Titel "PlanetBlu" werden als "Beitrag für eine nachhaltigere Zukunft" beworben.
Eine Revision ließ das OLG nicht zu, Eurowings kann beim Bundesgerichtshof aber Nichtzulassungsbeschwerde einlegen. Das Oberlandesgericht wies allerdings darauf hin, dass die in der Klage angegriffene Werbung angesichts eines neuen EU-Regelwerks zum "Greenwashing" ab September 2026 ohnehin unzulässig wäre - dann seien solche Werbeaussagen über Kompensationen von Treibhausgasen ohnehin verboten. Es würde Eurowings also nichts mehr bringen, doch noch recht zu bekommen.
21 Airlines haben Selbstverpflichtung abgegeben
Den Luftverkehrsunternehmen ist bereits bewusst geworden, dass sie es bei ihrer Werbung für Klimaschutz-Zahlungen als Mittel gegen das schlechte Gewissen ihrer Passagiere etwas übertrieben haben. Anfang November hatten sich Eurowings und 20 weitere europäische Airlines dazu verpflichtet, künftig auf mutmaßlich irreführende Aussagen zur Nachhaltigkeit von Flügen zu verzichten.
Wie die EU-Kommission damals mitteilte, wollten die Airlines nicht mehr behaupten, "dass die Emissionen eines bestimmten Fluges durch finanzielle Beiträge der Verbraucher zu Klimaschutzprojekten oder zur Verwendung alternativer Flugkraftstoffe neutralisiert, ausgeglichen oder direkt reduziert werden könnten". Außerdem soll die Bezeichnung "nachhaltiger Flugkraftstoff" nur noch mit angemessener Klarstellung verwendet und auf vage "grüne Sprache" verzichtet werden.
Bei Flügen wird die Umwelt durch Treibhausgase und weitere Emissionen stark belastet. Viele Fluggesellschaften bieten bei der Buchung eine Kompensation an - oft eine finanzielle Unterstützung eines Klimaschutzprojektes wie Aufforstung. Das von Kritikern als "Ablasshandel" bezeichnete System gilt aber nicht als richtige Kompensation, da nicht der eigene konkrete CO2-Ausstoß ausgeglichen, sondern nur allgemein zum Klimaschutz beigetragen wird. Für Flugreisende entstehe der Eindruck, sie würden klimaneutral fliegen, so die EU-Kommission vor einem Monat.