Ein familiengeführter Edeka-Markt aus der Region verkauft seit Jahren kein Silvester-Feuerwerk mehr. Die Geschäftsführer erläutern, warum sie auf „leicht verdientes Geld“ verzichten.
Die beiden Cousins Julian Trostel (re.) und Louis Arlt führen das Unternehmen mit seinen vier Edeka-Märkten in der dritten Generation.
Von Florian Dürr
Während in vielen Supermärkten und Discountern am Montagvormittag Menschenmassen in die Läden stürmen, um sich mit Feuerwerkskörpern für die Silvester-Nacht einzudecken, geht es im Edeka-Markt Arlt&Trostel in Vaihingen an der Enz (Kreis Ludwigsburg) vergleichsweise ruhig zu. Denn hier suchen Pyro-Fans am Tag des offiziellen Verkaufsstarts verzweifelt nach Böllern und Raketen. „Auch in diesem Jahr: Kein Feuerwerksverkauf“, macht bereits ein Aufsteller am Eingang deutlich. Und in den sozialen Medien haben auf den Post bereits Zehntausende Menschen reagiert – obwohl die Instagram-Seite von Arlt&Trostel nur 1800 Follower zählt.
Die auf dem Banner abgebildeten Hunde geben einen Hinweis auf die Gründe für diese Entscheidung: „Wir sind alle Tierliebhaber“, sagt Julian Trostel (33) während er seine Hündin Clara auf dem Arm hält. Zusammen mit seinem Cousin Louis Arlt (24) führt er das Familien-Unternehmen mit vier Edeka-Märkten – davon einer in Vaihingen an der Enz – bereits in dritter Generation. Auch Arlts Vater ist aus zweiter Generation noch Teil der Geschäftsführung. Edeka steckt zwar im Namen, aber wie bei vielen Märkten des Handel-Verbunds agiert auch Arlt&Trostel als eigenständige Firma.
Kein Feuerwerks-Verkauf: Nicht nur aus Rücksicht auf die Haustiere
Deshalb werden zwar in vielen Edeka-Prospekten Feuerwerkskörper zum Verkauf angeboten, aber in Vaihingen an der Enz und den drei weiteren Arlt&Trostel-Märkten verkauft die Familie seit mehreren Jahren zu Silvester kein Feuerwerk mehr – und verzichtet damit auf attraktive Mehreinnahmen. Mit Blick auf alle vier Märkte bedeute dies ein entgangenes Umsatzpotenzial von rund 25 000 Euro jährlich, schätzt Julian Trostel. „Der Feuerwerksverkauf ist sehr ertragreich, bringt eine gute Marge, ist eigentlich leicht verdientes Geld“, sagt Louis Arlt. Und Kunden, die Böller und Raketen kaufen, packten meist auch noch Lebensmittel in den Einkaufswagen. Dennoch ist etwa zu Beginn der Corona-Pandemie innerhalb der Familie der Entschluss gereift, den Verkauf einzustellen. Aus Überzeugung.
Nicht nur den eigenen Haustieren wie Hündin Clara und den anderen vierbeinigen Familienmitgliedern zuliebe, auch wegen der Wildtiere und aus Umweltschutzgründen sowie mit Blick auf die Zustände in den Kliniken in der Silvester-Nacht: „Wenn die Notaufnahmen voll sind und Chirurgen Hände wieder zusammennähen“, sagt Julian Trostel.
Manche hinterlassen ihren Frust in den Google-Rezensionen
Und was sagen die Kunden? Von jenen auf dem Parkplatz am Montagvormittag zeigen die meisten einen Daumen nach oben. „Ich bin da dabei. Das muss wirklich nicht sein und ist sowohl für die Tiere als auch die Umwelt nicht gut“, sagt eine Kundin, die gerade ihren Einkauf im Kofferraum verstaut. Ein anderer outet sich als wahrer „Böller-Gegner“ und begrüßt deshalb den Verzicht auf den Feuerwerksverkauf. „Der ganze Dreck hinterher. Mir geht das auf die Nerven, wenn man am nächsten Tag alles einsammeln kann“, echauffiert sich ein weiterer Mann, der gerade aus dem Markt kommt. Aber auch Stimmen, die im Silvester-Feuerwerk ein Teil der Kultur hierzulande sehen („Es gehört dazu“), sind zu vernehmen.
Online unterstütze ebenfalls der überwiegende Teil der Leute die Entscheidung. Etwa 90 Prozent der Rückmeldungen seien positiv, sagt Julian Trostel. Die restlichen zehn Prozent seien unbekannte Pyro-Fanatiker aus anderen Teilen des Landes, die sich jedes Jahr aufs Neue zu Silvester die Mühe machten, in den Google-Rezensionen die vier Edeka-Märkte jeweils mit nur einem von fünf Sternen zu bewerten. Manche wünschen ihnen den Bankrott, werfen ihnen zudem vor, das alles nur aus Marketing-Gründen zu machen.
Doch davon lassen sich Trostel und Arlt nicht unterkriegen. Die Stammkundschaft stehe hinter ihnen, da sind sich die Geschäftsführer sicher. Und an die Nörgler richten sie die Botschaft: „Wir wissen, dass wir damit nicht die Welt retten“, sagt Trostel, „aber irgendwo muss man anfangen“.